Connected Car

Informationsverknüpfung birgt Risiken

02.03.2016
Von 


Eric Schreiber schreibt als Experte zu den Themen Informationssicherheit, sowie Prozess und IT-Service Management. Als Consultant mit mehrjähriger Branchenerfahrungen in IT-Dienstleistung, Sozialwirtschaft, Öffentliche Träger, Fertigungsindustrie und Maritimer Wirtschaft stellt er sich den Herausforderungen unterschiedlichster IT-Organisationen.
Eine gemeinsame Informationsbasis hat Potential für Kfz-Hersteller oder Versicherer. Es können aber auch Sicherheitslücken ausgenutzt werden.

Ein Szenario, das in einigen Jahren realistisch ist: Das Smartphone zeigt einen Termin an und mahnt den Nutzer das Haus zu verlassen, um pünktlich zum Termin zu kommen. Vor der Haustür steht schon ein Fahrzeug bereit, das ihn autonom zur Zieladresse bringt. Parkplatzsuche ist nicht notwendig, weil das Fahrzeug sofort zum nächsten Nutzer weiterfährt fährt.

So oder ähnlich wird die Zukunft der „share economy“ und der immer stärkeren Vernetzung aussehen. Das Auto wird „just another device“. Schon heute werden im Fahrzeug an etwa hundert Stellen Daten erhoben, ob im Online-Entertainment, im Park-Assistenzsystem, in der Fahrzeugelektronik oder über die Telematik-Anwendung. Als Connected Car wird es mehr und mehr Teil des gesamten persönlichen Datennetzwerks.

Wer hat die Nase vorn?

Viele Unternehmen haben den Wert von Informationen erkannt und wollen ein unverzichtbarer Teil dieses Netzwerkes werden. Es geht um das Rennen der durch das Auto erhobenen Daten. Wer kann sich den größten Datenpool sichern? Momentan ist nicht klar, wer hier vorne liegt: die Automobilhersteller, der Aftersales-Markt, Kfz-Versicherungsanbieter oder neue Wettbewerber wie Google und Apple?
Die Automobilhersteller haben als einzige direkten Zugriff auf die Fahrzeugdaten und wollen ihren Wissensvorteil vor anderen schützen. Google und Apple haben hingegen das Potenzial, dem Fahrer erhebliche Mehrwerte zu bieten. Denn sie wissen am besten, wie man Daten miteinander verknüpft und in Kombination mit anderen Anwendungen nutzbar macht. Ein nicht unerheblicher Vorteil, wenn man im Gegenzug die Daten der Anwender erhält.

Zukunft liegt in der Verknüpfung aller Fahrzeugdaten

Kfz-Versicherungsanbieter liegen in diesem Rennen um die Datenhoheit eher hinten. Denn momentan können sie ihren Kunden kaum vermitteln, welche Vorteile beispielsweise Telematik-Tarife für sie haben. Die neuen Tarife ermöglichen künftig eine individuellere, gerechtere und damit günstigere Bemessung des Versicherungsbedarfs (Tarifierung). Neben der Tarifierung versprechen Assistance-Leistungen wie e- und b-Call großen Nutzen als Risikovorsorge.


Hilfe im Notfall und Service bei einer Panne, das wünscht sich jeder Fahrer. Noch stecken viele Ideen in den Kinderschuhen, aber es gibt bereits marktreife Lösungen. In den nächsten Jahren wird die Datenerhebung viel genauer und effizienter werden und damit nicht nur den Versicherern neue Möglichkeiten bieten. Für alle Player liegt die Zukunft besonders in der Verknüpfung aller Daten im Connected Car, ob aus der Telematik, Informationen zu Beschleunigungs- und Bremsverhalten oder Wetter- und Verkehrsflussdaten. Vor allem Prognosen über Unfallursachen und Unfallprognosen könnten durch die Datenerhebung an Genauigkeit gewinnen.

Umso effizienter wird dieser Ansatz, wenn er auch gemeinsam beschritten und so die Datengrundlage viel größer wird. Es gibt bereits erste Tendenzen hierfür: Deutsche Autobauer erwägen sich momentan zusammenzuschließen, um eine gemeinsame Informationsplattform aufzubauen. Der gemeinsame Kauf von Nokia Here ist ein Indiz für diese Entwicklung.

Nicht kalkulierbares Sicherheits- und Datenschutzrisiko

Auch wenn Autofahrer zunächst eher an den Nutzen und erst später an die Sicherheit denken, ist auf dem Weg in die vernetzte Zukunft Vorsicht geboten. Schon heute können zahlreiche Datenquellen im Auto verknüpft werden.

Dies führt aber zu derzeit noch nicht kalkulierbaren Sicherheits- und Datenschutzrisiken durch neue Angriffsvektoren. Ein Beispiel: Bei Telematik-Tarifen müssen neben der Telematik-Einheit im Auto auch alle Kommunikationskanäle, Endgeräte und das Backend im Rechenzentrum auf ihre Sicherheit überprüfen werden und ein sauberes Berechtigungsmanagement eingerichtet sein. Wird diese Telematik-Anwendung zusätzlich nur mit einer Kamera-Anwendung im Fahrzeuginnenraum verknüpft, können die Persönlichkeitsrechte des Fahrers oder auch die der Beifahrer betroffen sein. Zudem birgt die Verwendung von Informationstechnologie immer das Risiko, dass sie von Fremden ausgenutzt wird. Daher sollten solche Ansätze zwar verfolgt und intensiv getestet, aber nicht kurzentschlossen eingeführt werden. Jeder falsche Schritt kann einen Vertrauensverlust bei den Kunden bedeuten. (bw)