Digitalisierung verschmilzt reale und virtuelle Welt

Industrie 4.0 - Unternehmen müssen jetzt die Fundamente legen

02.02.2016
Von 
Matthias Schorer ist Lead Business Development Manager IoT EMEA beim Virtualisierungs- und Cloud-Anbieter VMware.
Technologien wie Big Data Analytics, Embedded Computing, Künstliche Intelligenz und Cloud Computing liefern die Zutaten für die Smart Factory. Doch nur wer das richtige Rezept für das neue Industriezeitalter findet, kann von den neuen Techniken auch profitieren.

Industrie 4.0 ist nach Dampfmaschinen, Massenproduktion und Elektronik nichts weniger als die vierte industrielle Revolution. Man kann sicherlich über die inflationäre Verwendung des Begriffs streiten und manch einer mag Industrie 4.0 als weiteren Hype abtun, aber Fakt ist: Die Digitalisierung macht vor nichts Halt, und auch die Industrie muss sich darauf vorbereiten. 3D-Druck, Künstliche Intelligenz, Connected Cars sind nur ein kleiner Vorgeschmack auf die kommenden Entwicklungen. Deshalb gilt es insbesondere für die deutsche Industrie ihren Wissensvorsprung zu verteidigen, unvoreingenommen hinter den Modebegriff zu blicken und passende Strategien zu entwickeln.

Was ist diese Industrie 4.0?

Mit der Ankunft neuer Technologien wie Big Data, Embedded Computing, mobile Internet und Cloud Computing in der Fertigungsumgebung wurde die vierte industrielle Revolution eingeleitet. Als Reaktion entwarf die Bundesregierung eine Initiative mit dem Namen "Industrie 4.0", die erstmals als Teil eines Aktionsplans auf der Hannover Messe 2011 präsentiert wurde. Ähnliche Initiativen existieren auch in anderen Industrienationen: "Industrial Internet" in den USA oder "Internet +" in China.

Gemeinsam ist diesen Begriffen, dass die traditionelle Industrie und Fertigung von der digitalen Transformation erfasst wird und mit den modernen Technologien der Informationstechnik zusammenwachsen. Die dritte industrielle Revolution, die Ende der 60er Jahre durch den Einsatz von Elektronik eine Automatisierung der Produktion hervorrief, bot einen kleinen Vorgeschmack auf die kommende Entwicklung. Der Einzug der IT in Industrie und Fertigung treibt die Verschmelzung der "realen" und "virtuellen" Welt zu sogenannten Cyber-Physischen-Produktionssystemen (CPPS) voran.

Der Kerngedanke von Industrie 4.0 ist die Nutzung von Informationstechnologien, so dass Geschäftsprozesse und der Engineering-Prozess tief miteinander integriert sind und die Produktion flexibler, effizienter und grüner operieren kann, bei gleichbleibend hoher Qualität und niedrigen Kosten.

Hauptmerkmale von Industrie 4.0

Die wichtigsten Merkmale der Industrie 4.0 umfassen:

  • die horizontale Integration von Wertschöpfungsnetzwerken, um die Zusammenarbeit zwischen Kunden, Geschäftspartnern und Unternehmen über Ländergrenzen hinweg zu erleichtern;

  • die vertikale Vernetzung von intelligenten, flexiblen und rekonfigurierbaren Produktionssystemen beispielsweise innerhalb einer Smart Factory;

  • und schließlich die Integration von End-to-End-Engineering über die gesamte Wertschöpfungskette und den ganzen Lebenszyklus.

Die horizontale Integration der Unternehmen und die vertikale Integration innerhalb der Fabrik bilden die Grundlage für das durchgängige Engineering.

Die Bedeutung von künstlicher Intelligenz und Co.

Aufstrebende Informationstechnologien wie das Internet der Dinge, Big Data und Cloud Computing sowie künstliche Intelligenz (AI) ermöglichen die Entwicklung von Industrie 4.0. Die Integration dieser Technologien in die automatisierte Industrie, Wirtschaft und Handel werden einen enormen Entwicklungssprung bewirken. Dank leistungsfähiger Mikroprozessoren und AI-Technologien werden Produkte und Maschinen zunehmend "smart": das bedeutet, sie verfügen nicht nur über Fähigkeiten zu Computing und Kommunikation, sondern auch zu Autonomie und Sozialität.

Via Cloud Computing-Technologie kann das Server-Netzwerk als Ressourcenpool virtualisiert werden, der nach Bedarf für Big Data Analytics skalierbare Rechenleistung und Speicher bereitstellt. Mit zahlreichen Informationssystemen und intelligenten Objekten, die über die gleiche Cloud verbunden sind, entsteht ein vollkommen neues Internet der Dinge.

Die Cloud in der Industrie 4.0

Eine der wichtigsten Zutaten für Industrie 4.0 ist die Cloud. Sie stellt die Basis für den Datenaustausch im großen Stil dar und bietet den nötigen Speicher und die Rechenleistung für die digitalisierte Produktion, in der sich Fertigungsprozesse grundlegend verändern. In einer smarten Fabrik mit tausenden von vernetzten Produktionsteilen und intelligenten Maschinen entstehen enorme Datenmengen. Diese Datenberge können nur mit Cloud-Lösungen gespeichert und verarbeitet sowie überall auf der Welt zugänglich gemacht werden.

Zudem ermöglichen as-a-Service-Angebote eine schnelle Erweiterung der Kapazitäten, ohne in teure High-End-Infrastruktur investieren zu müssen. Die Erhebung, Verteilung und Analyse wird mittels Cloud-Technologie über das gesamte globale Wertschöpfungsnetzwerk ermöglicht. Cloud-basierte Lösungen sind dank ihrer äußerst einfachen Vernetzung geeignet, die Wertschöpfung vom Zulieferer bis zum Kunden nahtlos zu verbinden.

Wir leben in einer enorm spannenden Zeit und werden gerade Zeuge der Verschmelzung von physischen und virtuellen Welten. Industrie 4.0 kann weiterhin den Lebensstandard der Menschen erhöhen durch maßgeschneiderte und qualitativ hochwertige Produkte und die Schaffung einer besseren Arbeitsumgebung für die Mitarbeiter. Allerdings übersehen viele Unternehmen in Deutschland die Chancen, die sich ihnen im Zuge der Industrie 4.0 Entwicklung jetzt bieten. Doch wer jetzt die richtigen Fundamente legt, wird den Übergang in die vierte industrielle Revolution mit Bravour meistern.