Nachhaltiger kommunizieren

Ich bin dann mal offline!

11.05.2018
Von 


Christian Endres-Beck ist DAPR-geprüfter PR-Berater und betreut seit bald 20 Jahren Unternehmen der digitalen Wirtschaft in internen und externen Funktionen bei ihrer Kommunikation.
Immer online, nie mehr allein - Smartphone und WhatsApp, die digitale Mediennutzung ist zu unserem ständigen Begleiter geworden. Viele Menschen überfordert die digitale Dimension des scheinbar modernen Lebens. Doch wie ist der richtige Umgang mit dem Digitalkonsum?

Es gibt ein Foto, das Jugendliche auf einer Bank sitzend im Amsterdamer Rijksmuseum zeigt - und ausnahmslos alle sind ganz auf ihr Smartphone fixiert. Niemand von ihnen würdigt das Gemälde eines Blickes, vor dem die Gruppe sitzt. Es ist "Die Nachtwache" von Rembrandt - eines der berühmtesten Gemälde der Welt!

Das Foto ist exemplarisch für eine Zeit, in der die Menschen nur noch am Smartphone hängen und in der das digitale Kommunizieren so in den Alltag integriert ist, dass ein plötzliches Fehlen bis zu Angst oder gar Panik führen kann.

Ständig ist man Online und erreichbar - egal, ob bei der Arbeit oder zu Hause. Der alltägliche Onlinekonsum zeigt bei manchen Nutzern sogar suchtähnliches Verhalten.
Ständig ist man Online und erreichbar - egal, ob bei der Arbeit oder zu Hause. Der alltägliche Onlinekonsum zeigt bei manchen Nutzern sogar suchtähnliches Verhalten.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

"MAIDS" (Mobile and Internet Dependency Syndrome) heißt dieses Zeitgeist-Leiden und es beschreibt die psychologische Abhängigkeit von Handy und Internet. Im Jahr 2012 ergab eine Studie in Großbritannien, dass 66 Prozent aller britischen Handy-Nutzer Angst haben, mobil nicht erreichbar zu sein. Auch in Deutschland verhalten sich immer mehr Menschen nomophob; das Wort leitet sich von "Nomophobie" (No-Mobile-Phone) ab. Als Nomophobie bezeichnet man die Angst, ohne Mobiltelefon unerreichbar für soziale und geschäftliche Kontakte zu sein. Knapp die Hälfte der Deutschen ist "always on" und immer online erreichbar (49% der Männer, 43% der Frauen), so ein Ergebnis einer aktuellen Studie des Bundesverbands Digitale Wirtschaft.

Statistisch gesehen nehmen wir jeden Tag unser Smartphone 88-mal in die Hand. Doch wofür nutzen wir unser Smartphone? Die Antwort: Um mit Freunden zu chatten, im Internet zu surfen und E-Mails zu lesen. Vor allem bei der Nutzergruppe der zwischen 14- und 29-Jährigen tritt die ursprüngliche Funktion des Telefonierens immer mehr in den Hintergrund - zugunsten der Nutzung sozialer Netzwerke sowie von Musik-Streaming-Diensten und Videoportalen.

Eine aktuelle Studie der Bitkom trägt den bezeichneten Titel: "Online gleich nach dem Aufwachen und kurz vor dem Einschlafen". Sie kommt zu dem Ergebnis, dass jeder Zweite Social Media Dienste im Bett nutzt, noch häufiger werden soziale Netzwerke nur beim Fernsehen sowie in Bus und Bahn genutzt. Jeder dritte Nutzer in Deutschland verzichtet auch beim Zusammensein mit Partner oder Freunden nicht auf Social Media und fast vier von zehn Social Media Nutzern sind - aufgepasst! - auch auf der Toilette online.

Weniger Digitales, mehr Leben

Das Smartphone und die sozialen Medien sind Zeiträuber - und sie können immens stressen. Alle 18 Minuten unterbrechen wir im Schnitt das, was wir gerade tun, um aufs Smartphone zu sehen.

Hier ein paar einfache Tipps, den Digitalkonsum zu regulieren, ohne gleich in digitaler Abstinenz zu leben:

Eingangssignale ausschalten

Signale eingehender Nachrichten lenken ab und reißen uns aus der Konzentration. Also akustische und visuelle Benachrichtigungen für E-Mail, Social Media und Messenger Dienste abschalten.

Digitale Auszeiten nehmen und konzentriert arbeiten

Zwischendurch mal - buchstäblich - abschalten, denn "offline" sein macht uns produktiver und ermöglicht ein besseres konzentriertes Arbeiten.

Persönlich kommt besser an

Sparsamer mit Nachrichten umgehen lautet die Devise. Also einfach mal ins Nachbarbüro oder zur Abteilung im übernächsten Stockwerk gehen, um wichtige Angelegenheiten persönlich zu besprechen, anstatt unzählige Mails und Chats auszutauschen. Und auf den CC-Wahnsinn in E-Mails wo es nur geht verzichten. Es muss ja nicht jeder alles wissen.

Adios Multitasking

Versuchen Sie auch gerne mehrere Dinge mehr oder weniger gleichzeitig zu tun? Dann setzen Sie den Fokus Ihres Schaffens eindeutig auf Quantität. Besser: Aufgaben - je nach Priorität - erst abschließen, bevor Neues begonnen wird. Das erzeugt ein gutes Gefühl, ist eindeutig effektiver und schärft den Fokus. Wie sagte schon Otto von Bismarck: "Ich jage niemals zwei Hasen auf einmal."

Über die "Wolke" zusammenarbeiten

Anstatt Dokumente, Korrekturen, etc. endlos per E-Mail oder Chat hin und her zu schicken, teilen Sie Dateien doch einfach online über eine Cloud-Lösung mit anderen. Das verringert die Nachrichtenflut drastisch und verhindert auch das nervige Problem, dass mehrere Versionen einer Datei im Umlauf sind. Diese modernen Werkzeuge für die Zusammenarbeit (Collaboration-Tools) bringen eine bessere Übersicht und mehr Effizienz bei der Bearbeitung. Dadurch bleibt Ihnen mehr Zeit für andere Dinge.

No Spamming

Unerwünschte Spam-Nachrichten verstopfen nicht nur den Posteingang, sie enthalten oftmals auch Computerviren, Trojaner, Ransomware oder andere Schadprogramme. Blockieren Sie diese teils gefährlichen Störenfriede durch Optimierung Ihres Spam-Filters. Damit wird das Erkennen und Löschen automatisch durchgeführt und Sie ersparen sich unnötigen Stress.

Time to say goodbye

Archivieren Sie Nachrichten und Newsletter, die bereits länger in Ihrem E-Mail-Postfach liegen; entweder in Unterordnern oder drücken Sie - frei nach "nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern" - auf Löschen, wenn diese nicht "überlebensnotwendig" sind. Lösch-Regeln, die in Outlook und in den meisten anderen E-Mail-Programmen einstellbar sind, vereinfachen das Ganze noch einmal. Denn schließlich tut Ballast abwerfen einfach gut!