Prozessautomatisierung

Hyperautomation in 5 Schritten

04.04.2021
Von    und Arne Fornell
Oliver Laitenberger leitet bei der Managementberatung Horn & Company das Kompetenzzentrum Digitalisierung und Technologie.
Hyperautomation ist die nächste Evolutionsstufe von RPA im Unternehmen. Lesen Sie, wie das in fünf Schritten geht.
Nach ersten Erfolgen mit Robotic Process Automation stehen Unternehmen vor dem nächsten Schritt - der Hyperautomation.
Nach ersten Erfolgen mit Robotic Process Automation stehen Unternehmen vor dem nächsten Schritt - der Hyperautomation.
Foto: Phonlamai Photo - shutterstock.com

Nach den ersten Erfolgen mit Robotic Process Automation (RPA) stellen Sie sich vielleicht die Frage nach der nächsten Evolutionsstufe von RPA im Unternehmen. Dieser Artikel zeigt Ihnen fünf Schritte auf, die Sie zur intelligenten Automation von Geschäftsprozessen tun sollten.

Die Corona-Krise hat gezeigt, dass Unternehmen heute alle verfügbaren Ansätze zur Automation ausnützen müssen. Dies ist keine "Entweder-Oder"-, sondern eine "Sowohl-als-auch"-Entscheidung. Das Spektrum reicht von "klassischer" IT-Automation bis hin zum Einsatz "intelligenter" Roboter. Viele Unternehmen setzen bereits Robotic Process Automation in überschaubarem Rahmen in Geschäfts- oder IT-Prozessen ein. In vielen dieser Projekte realisierten die Verantwortlichen hohen Nutzen mit vergleichbar geringem Aufwand. Es handelt sich hier um "Quick Wins", die nach jahrzehntelanger Optimierung oft selten sind.

Die Frage schließt sich an, ob und wie diese derweil verprobten Technologien skaliert, professionalisiert und mit "mehr" Intelligenz versehen werden, damit anfängliche Erfolge nicht verpuffen und die Technologie nicht an ihre Grenzen kommt. Denn: vielversprechende Lösungen von heute dürfen nicht zum Problem von morgen werden - etwa mit erodierenden Kosten, unwartbarem Robotercode und unklaren Verantwortlichkeiten.

Von RPA zu Hyperautomation

RPA verarbeitet auf Basis von definierten strukturierte Daten schnell, zuverlässig und präzise. Dabei erfordert RPA keine tiefe Integration in unterschiedliche Systemwelten. Die Technologie agiert sozusagen auf dem Frontend des Benutzers. Unterschiedliche Systeme lassen sich so miteinander verbinden, So können mit Hilfe der Roboter Prozesse automatisiert und Kosten gesenkt werden, ohne bestehende Anwendungen verändern oder ersetzen zu müssen.

Die Einfachheit in der Automation macht RPA zu einem Kerninstrument einer jeden Automatisierungsstrategie. Damit ist RPA kein "One Hit Wonder". RPA etabliert sich als Standardwerkzeug im Zuge der Ende-zu-Ende-Automation in vielen Unternehmen. Dies zeigt auch ein Blick auf die neuesten IT-Trends von Gartner: Der Marktforscher sieht den nächsten evolutionären Schritt in "Hyperautomation" als Kombination aus miteinander verzahnten RPA-"Tools", intelligenten Automatisierungslösungen und künstlicher Intelligenz/Machine Learning.

Als "Bausteine" dienen autonom ablaufende und orchestrierte Prozesse in einem Gesamtsystem, die wenig menschliche Interaktion erfordern ("attended") oder gar nicht benötigen ("unattened", Dunkelverarbeitung). Die Orchestrierung umfasst IT-Systeme, BPM/Workflow-Lösungen und RPA. Das Gesamtsystem, das die Fähigkeit von "Softwarerobotern" und von "klassischen" Workflow- und Business-Process-Automatisierungslösungen nutzt, wird durch KI-gestützte Komponenten "intelligent" ergänzt. So lassen sich neben repetitiven Tätigkeiten auch solche automatisieren, die vormals menschliche Entscheidungen erfordert haben.

Hyperautomation in 5 Schritten

Automatisierung ist in vielen Unternehmen immer noch ein wesentlicher Effizienz- und Kostenstellhebel. Zusätzlich kommt in der aktuellen Situation noch die Möglichkeit der Vermeidung menschlicher Kontakte hinzu. Unternehmen tun deshalb gut daran, eine geeignete Strategie zu entwickeln, wie Automationstechnologien auch unter Einsatz moderner RPA- und KI-Technologien orchestriert, beherrscht und skaliert werden können. Parallel zur Skalierung sind geeignete Strukturen aufzubauen, zum Beispiel in Competence Centern erforderliche Prozesse zu etablieren, sowie notwendige Kapazitäten und Skills zu beschaffen und bereitzustellen.

Erfolgreiche Hyperautomation erfordert ein klares Zielbild der Skalierung, des Einsatzes von RPA und der Nutzung von Künstlicher Intelligenz. Der folgende 5-Punkte-Plan kann dabei helfen:

  1. Hyperautomation als strategisches Thema verankern: RPA-Skalierung/ Hyperautomation sind Kernelemente moderner IT- und Digitalstrategien. Es gilt diese zu verankern und entlang von Vision, Mission und Ziel auszugestalten. Ansonsten besteht die Gefahr von Insellösungen im jeweiligen Unternehmen.

  2. RPA-Inseln "einfangen" und Verantwortlichkeiten ausgestalten: In vielen Unternehmen sind einzelne Inseln entstanden, die dezentral RPA-Kompetenz aufgebaut haben. Diese dezentralen Inseln sind einzufangen, sodass ein Wissens- und Kompetenzaustausch möglich wird. Dies erfordert auch die Klärung von Verantwortlichkeiten, insbesondere mit Rollen, welche für die Optimierung von Prozessen zuständig sind.

  3. Geeignete Strukturen und Prozesse etablieren: Auch intelligente Automatisierung erfordert eine organisatorische Heimat. Entsprechende Strukturen und Prozesse sind auf Basis erster Erfahrungen zu definieren und zu etablieren. Meistens empfiehlt es sich, hierfür auch agilere Organisationsformen sowie RPA Centers of Excellence (RPA CoE) einzusetzen.

  4. Rollenmodelle um RPA und KI erweitern, sowie Skills aufbauen: Die meisten Rollenmodelle in Unternehmen sind zu einer Zeit entstanden, als es weder Robotics noch Künstliche Intelligenz gab. Fehlende Rollen sind deshalb zu ergänzen und zu definieren. Dies erfordert auch die Klärung von Verantwortlichkeiten insbesondere mit Rollen, welche für die Optimierung von Prozessen zuständig sind. Außerdem müssen Skills und Kapazitäten durch internes und externes Sourcing, beziehungsweise die Zusammenarbeit mit externen Partnern sichergestellt werden.

  5. Eine flexible technische Betriebsplattform für intelligente Bots entwickeln: Grundlage für die Anwendung von RPA und KI ist die passende infrastrukturelle Basis. Damit ist nicht nur die passende Betriebsumgebung gemeint, sondern auch die passenden Entwicklungs- und Testumgebungen. Dies umfasst nicht nur die Bots selbst, sondern auch die Systeme. Deshalb sind die Anforderungen an die "Technik" zu identifizieren und auszugestalten. Die Infrastruktur ist dann gemäß den gestellten Anforderungen aufzubauen und zur Verfügung zu stellen.

Viele Unternehmen nutzen bereits RPA zur Automatisierung. Gerade in diesen Pandemiezeiten leistet dies neben Effizienzsteigerung einen Beitrag zur Abminderung der Ausbreitung. Mehr und mehr Roboter bedeutet aber auch eine weitere Skalierung und die Kombination von RPA mit Werkzeugen der Künstlichen Intelligenz. Dies verspricht laut Gartner eine Senkung ihrer Betriebskosten um bis zu 30 Prozent. Gerade in den aktuellen Zeiten wird dadurch also nicht nur die Effizienz gesteigert, sondern auch die Widerstandsfähigkeit gegen wirtschaftlich schwierigere Zeiten gestärkt. (mb)