Bereits heute unterhalten Unternehmen mit einem Umsatz von über einer Milliarde Euro weltweit mehr als 6000 Shared Service Center. Rund 52 Prozent von ihnen haben ihren Hauptsitz in Europa. Zudem betreiben alle Dax-Konzerne solche Dienstleistungszentren. Das ergab eine Studie des internationalen Beratungsunternehmens "The Hackett Group". Bislang lagern Betriebe vor allem Prozesse aus dem Finanzbereich aus. Doch die Abteilungen für Human Resources (HR) legen nach und werden laut aktuellen Prognosen bis 2020 gleichziehen. Die Erhebung brachte ans Licht, dass Unternehmen, die ihre Entwicklung vom Shared Service Center bis hin zu Global Business Services bereits vollzogen haben, laut The Hacket Group die HR-Kosten pro Mitarbeiter um 30 Prozent senken konnten.
Die Einführung eines Shared Service Centers für HR will jedoch gut überlegt sein. Die zentrale Frage, die sich ein Unternehmen stellen sollte, um wichtige Prozesse mit Erfolg auszulagern, muss lauten: Wie können Prozesse des Shared Service Centers optimal koordiniert, neugestaltet, standardisiert und optimiert werden?
Folgende Fragestellungen helfen, mögliche Stolpersteine zu vermeiden und sich erfolgreich zu einem Global Business Service zu entwickeln.
1. Wer ist verantwortlich?
Die Festlegung klarer Zuständigkeiten in Bezug auf das Shared Service Center ist essenziell, um Überschneidungen mit etablierten Rollen innerhalb des Unternehmens zu vermeiden. Eine prozessorientierte Matrix oder durchgängig definierte Prozessverantwortliche sind hierbei hilfreich. So werden funktionale Schritte sichergestellt und unternehmerische Ziele bleiben im Fokus der Verantwortlichen.
2. Wie werden Kundennähe und hohe Servicequalität sichergestellt?
Kundenzufriedenheit und Servicequalität dürfen nicht unter dem Outsourcing-Prozess leiden. Die Kennzahl "Time to Hire" sollte dabei beachtet werden: Schnelle, transparente und einfache Kommunikation sowie eine rasche Prozess- und Aufgabenbearbeitung müssen gewährleistet werden. Beispielsweise sollten Dokumente wie Verträge und Zeugnisse auf einen Knopfdruck digital erstellt, transparent abgebildet und direkt im Shared Service Center gespeichert werden können.
3. Wie werden Prozesse automatisiert und standardisiert?
Die Standardisierung und Automatisierung von wiederkehrenden Prozessen ist die Grundlage eines jeden Shared Service Centers und kann nur mit Hilfe eines geeigneten IT-Systems erreicht werden. Nur so lassen sich beispielsweise Dokumente wie Zeugnisse, Briefe und schriftliche Arbeitszeitänderungen in kürzester Zeit erstellen. Ein integrierter Prozess zur Weiterleitung, Freigabe und abschließenden Archivierung von Dokumenten optimiert den kompletten Arbeitsablauf.
4. Wie den richtigen HR-Software-Anbieter finden?
Für den Erfolg eines Shared Service Centers ist die Wahl des richtigen Softwareanbieters ausschlaggebend. Zu beachten ist, dass sich die Lösung in die bestehende IT-Landschaft integrieren und auch managen lässt. Vor allem Cloud-Anwendungen bieten diese Vorteile. Geeignete Programme arbeiten nahtlos mit ERP-Systemen wie SAP oder SuccessFactors zusammen. Eine einfache Bedienbarkeit mit einer intuitiven Benutzeroberfläche sorgt außerdem dafür, dass die Software von den Mitarbeitern akzeptiert wird. Das wichtigste Kriterium aber ist die Sicherheit, denn gerade im HR-Bereich jonglieren Mitarbeiter mit jeder Menge sensibler Daten. Hier ist es ratsam, einen Anbieter von Cloud-basierender HR-Software zu wählen, der sein Rechenzentrum in Deutschland betreibt und die hierzulande geltenden Datenschutzrichtlinien sowie Sicherheitsanforderungen erfüllt.
5. Wie kann die Effizienz erhöht werden?
Die beste Software bringt wenig, wenn die Mitarbeiter sie nicht effizient einsetzen. Die Praxis hat gezeigt, dass die meisten Anwender nur rund 30 Prozent der Funktionen ihrer HR-Software nutzen, obwohl sie viel mehr Potenzial bieten würde. Eine zentrale Rolle spielen daher Mitarbeiterschulungen. Mit der zunehmenden Entwicklung zur wertezentrierten Organisation werden auch die Aufgaben anspruchsvoller, die Angestellte in Shared Service Centern zu erfüllen haben. Sie müssen nicht mehr einfach nur Funktionen ausüben, sondern proaktiv neue Services entwickeln, um den Bedürfnissen ihrer Kunden bestmöglich gerecht zu werden.
- Zehn Tipps für das perfekte Personalmanagement
Die Digitalisierung birgt viele Verbesserungspotenziale im Personalmanagement. Professor Dirk Lippold, dessen Lehrtätigkeit auch Personal & Organisation umfasst, nennt zehn Maßnahmen, wie Unternehmen ihr Personalwesen optimieren können. - Suche nach Universalgenies ist Zeitverschwendung
Die Personalsuche wird in sehr vielen Fällen mit einer falschen Voraussetzung begonnen, nämlich der Stellenbeschreibung. Der Grund: Angesichts der wirtschaftlichen Dynamik innovativer Märkte bleibt auf mittlere Sicht kaum eine Stelle unverändert. Viel wichtiger ist also das Anforderungsprofil, das als Sollprofil der gesuchten Qualifikation besonders auch zur bewerbergerechten Segmentierung des Arbeitsmarktes dient. Aber Vorsicht: Recruiter sollten sich trotz hoher Anforderung die Suche nach dem Universalgenie abschminken. - Kein Tunnelblick auf Noten
Noten sind natürlich von Bedeutung. Personaler neigen jedoch dazu, sie als Zulassungskriterium für Vorstellungsgespräche zu stark zu bewerten. Das ist kurzsichtig und wenig hilfreich, um die richtigen Kandidaten für den ausgeschriebenen Job zu finden. - Im Einstellungsgespräch zählt nur noch Persönlichkeit
Im Einstellungsgespräch sollte das Augenmerk vorranig auf die Persönlichkeit des Kandidaten gerichtet werden. Noch wichtiger als Sachkenntnisse sind nämlich jene Skills, die für das Unternehmen erst später sichtbar werden. Dazu zählen Einstellungen, Werte, Motivation, Verhaltensmuster, Sensibilitäten und Loyalität. - Mehr Budget für die Personalauswahl
Unternehmen sollten einen Teil der Budgetgelder von der Personalentwicklung auf die Personalauswahl umschichten. - Onboarding schafft Vertrauen und Bindung
Neuen Mitarbeitern sollten speziell in der Anfangszeit im Zuge des Onboardings ein hohes Maß an Aufmerksamkeit zuteil werden. Eine wirksame Maßnahme ist, den Neuling am ersten Tag nicht nur an seinen neuen Arbeitsplatz „zu setzen“, sondern ihn im Rahmen eines Einführungsseminars zusammen mit anderen neuen Beschäftigten willkommen zu heißen und über den Betrieb nachhaltig zu informieren. Ein solches Onboarding kann durchaus mehrere Tage umfassen und sollte von der Geschäftsleitung und dem Personalmanagement begleitet werden. - In ein gerechtes Gehaltssystem investieren
Das Gehaltssystem ist der größte Hygienefaktor eines Unternehmens. Wird es von den Mitarbeitern als ungerecht empfunden, hat das Management ein Problem, das ihm mindestens einmal im Jahr auf die Füße fällt. - Das Management braucht digitales Know-how
Digitale Transformation wird ohne die richtige Unternehmensführung nicht funktionieren. Das heißt, dass auch Manager sich weiterbilden müsssen, denn ohne digitales Know-how sind out. - Talentmanagement ist out – Talentpool ist in
In vielen Unternehmen ist das Talentmanagement darauf ausgerichtet, standardisierte Führungsklone als künftige Vorgesetzte zu produzieren. Im Hinblick auf die digitale Transformation ist es aber ratsam, Führungskräfte hinsichtlich der Eignung für den virtuellen Kontext auszuwählen beziehungsweise entsprechende Personalentwicklungsangebote (Beziehungstraining) anzubieten. - Weibliche Führungsnachwuchskräfte aufbauen
Die High Potentials unter den weiblichen Arbeitnehmern werden immer wichtiger für alle Unternehmen. Um Frauen an den Betrieb zu binden und besser zu integrieren, ist neben einer familienfreundlichen Gestaltung der Arbeitszeiten gezielt auf die Förderung der Karriere von weiblichen Arbeitnehmern zu achten. - Entlassungsgespräche nicht ans Personalmanagement delegieren
Viele Vorgesetzte sind der Meinung, Entlassungen seien Aufgabe der Personalabteilung. Doch das ist ein Irrtum! Die Führungskraft – und niemand sonst – muss hier Flagge zeigen und Verantwortung übernehmen.
Global Business Services als strategischer Partner
Die Verlagerung von HR-Prozessen in Shared Service Center wird auch in Zukunft weiter zunehmen. Die Unternehmen wollen dabei von Kosteneinsparungen, schnelleren Kommunikationsmöglichkeiten und transparenten Prozessen profitieren. Doch nicht nur die Auslagerung von standardisierten Leistungen lässt sich in einem Shared Service Center organisieren. Immer mehr Unternehmen wagen auch den Schritt, komplexere Aufgabenfelder auszulagern. Mit der Entwicklung zu Global Business Services wachsen Shared Service Center jedoch über ihre Rolle als ausführendes Organ hinaus. Sie werden vielmehr zu einem eigenständigen Dienstleister und strategischen Partner. (pg)