Sein Gewinnerprojekt bezeichnet Peter Jürging als "Digitalisierung der Transport- und Logistikkette". Sie betrifft Chemikalien, Nahrungsmittel, Mineralöl und Flüssiggase. Stoffe also, die verderblich, gefährlich, geschäftsnotwendig oder teuer sind - oder alles zusammen. Ohne die weitgehend automatische Erhebung und Verarbeitung unzähliger Daten über Menschen, Fahrzeuge, Ladung und Anlagen lassen sich solche Güter nicht mehr konkurrenzfähig transportieren. Das Prinzip Industrie 4.0mussten Jürging und seine 40 Projektmitarbeiter in jedem der fünfHoyer-Geschäftsbereiche auf andere Art und Weise verwirklichen.
Transparente Lieferkette
Die Chemielogistik-Einheit beliefert zum Beispiel Flughäfen mit Enteisungsmitteln für Linienflugzeuge. Hier ist der Zeitdruck besonders groß und die Überwachung der Lieferkette besonders dringend. Jürging ließ LKW und Tankcontainer mit GPS-Systemen ausstatten, die LKW auch mit Telematik. Der Kunde erhält automatisch eine Beginn-Entladen-Mitteilung, wenn der LKW den "virtuellen Zaun" um die Entladestelle hinter sich lässt. Das kann entscheidende Minuten sparen. Kunde und Disponent sind immer über Ort und Zustand der Ladung informiert.
Nahrungsmittel werden oft in Kleincontainern transportiert. Hoyer verfügt über 24.000 solche Intermediate Bulk Container (IBC) und hat davon bisher 19.000 mit RFID-Tags versehen. Die Daten über Position, Inhalt und Zustand des Containers können jederzeit auf mobilen Handgeräten und auf einer plattformunabhängigen Website gelesen werden, bei unerwünschten Abweichungen können Disponent und Kunde schnell eingreifen.
Die günstigsten Wege
Wie komplex die Routenplanung einer internationalen Spedition ist, lässt sich am dritten Hoyer-Geschäftsbereich, der Mineralöllogistik, verdeutlichen. Hoyer bricht nicht zu einzelnen Tankstellen auf, sondern beliefert große Gebiete wie Norddeutschland und Südengland. Dort muss aber jede Zapfsäule rechtzeitig mit Benzin gefüllt werden, dessen Transport an stark einschränkende Regeln gebunden ist. Das Hoyer-Dispositionssystem empfängt automatisch die Füllstandsdaten der Zapfsäulen und der Transportbehälter ("Auflieger") auf den Lastwagen und errechnet laufend die günstigsten Strecken.
Auch die technischen Gase, die der vierte Hoyer-Geschäftsbereich transportiert, sind teilweise Gefahrgüter. Fest montierte Bordcomputer in den LKW sollen Unfälle verhindern. Sie überwachen Fahrzeug und Transportgut und analysieren das Fahrverhalten. In der Depotlogistik-Dienstleistung, dem fünften Hoyer-Geschäftsbereich, setzt Jürging auf E-Learning und auf eine App, mit der Mitarbeiter auf Gefahrenstellen hinweisen können.
Vorbild für die Branche
Digitalisierung kann man als notwendiges Übel erdulden oder optimistisch zum Geschäftsmodell machen. Dass Jürging Letzteres tut, bringt Rainer Janßen (ehemals CIO der Munich Re), Bernd Kuntze (CIO von Haas Food Equipment) und Thomas Henkel (CIO von C&A), die in diesem Jahr mit gemeinsamer Stimme die CIO-des-Jahres-Jury unterstützen, ins Schwärmen: "Wir finden ein solches Leuchtturmprojekt vorbildlich für die Branche." Der Preisträger selbst sagt, wenn Kunden sich einen intensiven Datenaustausch zur Absicherung der Supply Chain wünschten, sei Hoyer "immer Pilotpartner". Auf der Firmen-Website steht: "WHEN IT MATTERS". Ob die IT gemeint ist?