Wegen erst jetzt entdeckter "ernsthafter Unregelmäßigkeiten" in den Bilanzen des Software-Unternehmens Autonomy schreibt der US-Computerkonzern 8,8 Milliarden Dollar in den Wind. HP hatte im Oktober 2011 gut 10 Milliarden Dollar für die Autonomy bezahlt.
Die Umstimmigkeiten in den Bilanzen seien erst aufgefallen, nachdem Autonomy-Gründer Mike Lynch zur Jahresmitte aus dem Konzern ausgeschieden sei, erklärte HP-Chefin Meg Whitman am Dienstag in einer Telefonkonferenz. Ein ranghoher Manager der britischen Software-Tochter habe einen Hinweis gegeben. Mittlerweile seien auch die US-Börsenaufsicht SEC und die britische Ermittlungsbehörde SFO eingeschaltet worden.
HP geht davon aus, dass Autonomy-Führungskräfte bewusst die Bilanzen geschönt haben, um den Preis in die Höhe zu treiben. Von der Riesen-Abschreibung entfielen über fünf Milliarden auf die Unstimmigkeiten. HP werde nun vor Gericht versuchen, zurückzuholen was möglich sei, erklärte Whitman. Allerdings gehe sie davon aus, dass die Verfahren Jahre dauern könnten.
Durch die Abschreibung liegt der Verlust im vierten Geschäftsquartal (August bis Oktober) bei 6,9 Milliarden Dollar (umgerechnet 5,4 Milliarden Euro). Im Vorjahreszeitraum hatte HP auch nur 239 Millionen Dollar verdient. Der Kurs brach vorbörslich um über zehn Prozent ein.
Hewlett-Packard hatte den Zukauf von Autonomy im August 2011 verkündet. Der damalige Konzernchef Apotheker wollte die Ausrichtung des Technologie-Urgesteins von Hardware zu Software ändern und die PC-Sparte abspalten. Er stieß damit aber bei Aktionären und im eigenen Haus auf wenig Gegenliebe. Der Kurs brach ein. Nur wenige Wochen später wurde der einstige SAP-Chef Apotheker geschasst und die ehemalige Ebay-Chefin Meg Whitman übernahm im September 2011 das Ruder.
"Wir stehen 100-prozentig zu Autonomy", sagte Whitman. Es werde aber dauern, die Tochter in die Spur zu bringen. Das gleiche sagte Whitman zum wiederholten Male über den gesamten Konzern. Denn die PC- und Drucker-Verkäufe sind eingebrochen. Bei den Tischrechnern und Notebooks sanken die Stückzahlen um zwölf Prozent, bei den Druckern sogar um 20 Prozent. Auch das Geschäft mit großen Firmenrechnern und Speichersystemen ging zurück sowie das eigentlich als stabil geltende Servicegeschäft. Insgesamt fiel der Umsatz um sieben Prozent auf 30 Milliarden Dollar.
HP hatte bereits im dritten Geschäftsquartal unter anderem wegen schwacher PC-Verkäufe einen Verlust von 8,9 Milliarden Dollar verkraften müssen. Whithman hat dem Konzern einen groß angelegten Umbau verordnet, bei dem etwa 29.000 Beschäftigte gehen müssen. Bis zum Ende des vergangenen Geschäftsjahres sind bereits 11.500 Stellen weggefallen. Whitman versprach: "Im zweiten Halbjahr wird der positive Effekt der Umstrukturierung spürbar sein." (dpa/tc)