Gerüchte gab es lang, Anfang des Jahres wurde es bestätigt: IBM übergibt die x86 Server an Lenovo. Die Folgen für Anwender und Rechenzentrumsbetreiber sind ein Thema, das die Computerwoche in einem Webcast diskutiert.
Das ist aber nur ein Punkt von mehreren. IBM sieht dieses Thema in einem größeren Zusammenhang und gibt einen Ausblick auf neue Dimensionen des High Performance Computing, Stichwort Haswell. Die neue INTEL-Architektur steigert die Rechenleistung bei sinkendem Energieverbrauch - neigt aber zur Überhitzung.
Als Sprecher treten Klaus Gottschalk auf, Supercomputing Architect, IT-Specialist Profession Leader, und Paul Höcherl, Competetive Consultant, beide von IBM. Außerdem sitzt Professor Dr. Arndt Bode mit am Tisch, als Vorsitzender im Direktorium LRZ (Leibniz-Rechenzentrum), Bayerische Akademie der Wissenschaften und Technische Universität München, auch "Mr. SuperMUC" genannt.
"Das Wasser kommt direkt auf die Bausteine"
Überhitzung ist Bodes Stichwort. Das LRZ hat seinen von IBM gebauten SuperMUC im Juli 2012 als schnellsten Rechner Europas in Betrieb genommen. "Damit ist Phase Eins abgeschlossen", sagt Bode. In diesem Winter soll Phase zwei mit neuen Servern starten. Das Hitzeproblem löst das LRZ mit Wasserkühlung. "Das Wasser kommt hier direkt auf die Bausteine", erklärt Bode, "wir reden also nicht über Umluft, die vom Wasser gekühlt wird." Etwa 95 Prozent der Abwärme transportiert das Wasser ab.
Das spart in zweifacher Hinsicht Energie: Zum einen kühlt Wasser besser als Luft, zum anderen können mit der Abwärme Gebäude geheizt werden. Alleine das ist für Bode zukunftsweisend - und nicht zuletzt gut für die Umwelt.
Bei der Energieeffizienz hakt einer der Zuseher nach. Ob das LRZ zertifiziert sei, will er wissen. "Formal nicht", erklärt Bode, mit Betonung auf "formal". Das liegt schlicht daran, dass es für die eingesetzte Technologie noch gar keine Maßstäbe gibt. Was aus Sicht des Wissenschaftlers nicht so bleiben soll: "Ich arbeite an der Entwicklung von Standards mit", berichtet er. Aber die Frage, welche Größen in die Messung einfließen, sei nicht einfach zu beantworten.
Ein weiterer Zuschauer bezweifelt, dass die unterstützten Temperaturbereiche wirklich ein Alleinstellungsmerkmal von IBM sind. Höcherl weiß um die Marketing-Argumente der Konkurrenz. "Sie müssen sich immer fragen, für welchen Zeitraum das denn gilt", gibt er zu Bedenken. IBM sei der einzige Anbieter, der hohe Temperaturen im Dauerbetrieb unterstützt.
Dass der Hersteller ein Eigeninteresse an Energieeffizienz hegt, kann Bode bestätigen. "Bei uns sind die Stromkosten auf fünf Jahre Teil des Vertrags mit IBM", erklärt er.
"Künftig mehr qualifiziertes Personal"
Webcast-Moderator Detlef Korus will seinerseits von den Zuschauern wissen, ob sie für die nächste Zeit die Umsetzung eines HPC-Clusterprojektes planen. Knapp 80 Prozent planen das nicht, interessieren sich aber für die Technologie. Eine andere Frage zielt darauf ab, wo die Zuschauer die größten Herausforderungen bei der Implementierung von HPC sehen. Fast jeder Zweite (46 Prozent) nennt technisches Know-how beziehungsweise qualifiziertes Personal. Weitere 30 Prozent sprechen von Herausforderungen bei der Integration in die Gesamt-Infrastruktur.
Um solche Probleme weiß auch Bode. Nach seinen Worten haben die Ausbilder reagiert: "Künftig wird mehr qualifiziertes Personal die Universitäten verlassen", verspricht er.
Über die Faszination Technik hinaus geht es aber auch um das Thema Lenovo. Die Übergabe der x86er durch IBM war "schon überraschend", sagt Bode offen. "Mit dem Übergang ist das ja jetzt ein Lenovo-Rechner, wie wird sich das mittelfristig auswirken?" Gottschalk hat eine Antwort parat: "Die Entwicklung geht bruchlos weiter!"
Letztlich vertritt Bode die Anwendersicht: "Als Kunde ist es doch interessant, möglichst viele Anbieter auf dem Markt zu finden!"