Wegen der anhaltend hohen Corona-Zahlen wird der Druck auf Arbeitgeber immer größer, ihren Beschäftigten die Arbeit von zuhause aus zu ermöglichen. Auch Homeschooling wird ausgeweitet. Damit dürfte das Datenverkehrsaufkommen in den deutschen Netzen weiter steigen, da noch mehr Menschen aus der Ferne auf die Unternehmensdaten und -anwendungen zugreifen oder digitale Lernräume nutzen. Die Frage ist nur: Was bedeutet es für die Netzinfrastruktur in Deutschland, wenn in Kürze laut Schätzungen bis zu 35 Prozent mehr Menschen von zu Hause arbeiten und gleichzeitig alle Schüler während der Unterrichtszeit eingeloggt sind?
Run aufs Homeoffice: Kernnetze stabil & zuverlässig
Zuerst die gute Nachricht: Das landesweite IT-Netzwerk der TK-Anbieter ist ausreichend auf einen größeren User-Ansturm vorbereitet. So hat bereits kurz vor dem ersten Lockdown im März 2020 der weltweit größte Internet-Knoten DE-CIX in Frankfurt mit über 9,1 Terabit pro Sekunde einen neuen Weltrekord erreicht. Wir haben in Deutschland einen Anstieg vonetwa 20 Prozent im Datenverkehr gesehen. Maßgeblich dafür waren besonders Videokonferenzen. So hat sich beispielsweise die Nutzung von Cisco Webex in Deutschland vervierfacht.
Trotzdem gibt es genügend Pufferkapazitäten, da diese ständig erweitert werden. Dies gilt sowohl für zentrale Knoten und Netzbetreiber als auch für Internet- und Cloud-Anbieter. In Deutschland wurden die Kernnetze schon immer als kritische Infrastruktur betrachtet und so redundant ausgelegt, dass auch in Krisenfällen und bei Nachfrageschwankungen keine Kapazitätsprobleme entstehen. Das heißt: Am Netz wird es nicht scheitern.
Homeoffice-Verordnung: Anbindung oft mangelhaft
Aber warum stürzen dann trotzdem Homeschooling-Anwendungen oder VPN-Verbindungen zum Unternehmen ab? Das liegt tatsächlich nicht am landesweiten IT-Netz, den Kernnetzen, sondern entweder an zu schwachen Access-Netzen oder einer zu gering skalierten Infrastruktur, auf der die Schulanwendungen beziehungsweise die Unternehmens-Services laufen. So können gerade Unternehmen oder Arbeitnehmer in ländlichen Gebieten aufgrund niedriger Bandbreite Verzögerungen oder Abstürze in der Datenleitung erleben. Hier hilft nur eine stärkere Internet-Anbindung, soweit dies ein Provider vor Ort anbietet. Unternehmen können auf Dienstleister zugehen, eigene Stellschrauben gibt es nicht.
Auf der Anwendungsseite gibt es die Möglichkeit der richtigen Skalierung und Dimensionierung aber sehr wohl. So können in einem großen Unternehmen nur dann mehrere tausend Nutzer gleichzeitig auf ein Office-Programm oder ein Collaboration Tool zugreifen, wenn dieses auch für so viele Nutzer ausgelegt ist. Liegt die Anwendung auf dem zentralen Unternehmensserver, reicht die Skalierung oder die Performance der Applikation häufig nicht aus. Hier können Unternehmen handeln.
Einen praktischen Ausweg bieten Cloud-basierte Anwendungen. Das gilt vor allem für Office- und Collaboration-Tools, die alle Mitarbeiter auch im Homeoffice ständig benötigen. So muss nicht die eigene Infrastruktur massiv ausgebaut werden, um allen eine gute Performance zu ermöglichen. Wichtig ist dabei: Die Sicherheitslösungen dürfen nicht auf dem Firmenserver zurückbleiben, wenn die Anwendungen in die Cloud gehen. Die Cloud-Lösungen lassen sich je nach Bedarf nutzen und innerhalb kürzester Zeit an den individuellen Bedarf anpassen. Daher gilt die Ausrede nicht mehr, dass ein Umzug aller Mitarbeiter ins Homeoffice technisch in kurzer Zeit nicht möglich wäre.
Homeschooling: Mehr-Klassen-Gesellschaft vermeiden
Die Herausforderung in den Schulen liegt besonders bei den Schülern - Deutschland steuert dort auf eine Mehr-Klassen-Gesellschaft zu. Die Spannweite, wie Kinder und Jugendliche für die Teilnahme an virtuellem Unterricht ausgestattet und vorbereitet sind, ist sehr groß. Sie reicht von "top", mit hoher Bandbreite und modernen Endgeräten bis hin zu "massiv verbesserungsfähig" hinsichtlich Bandbreitenanbindung und mangelhaften Endgeräten.
Damit die technischen Nachzügler nicht auf der Strecke bleiben, muss mehr passieren. Aber es zeigt sich, dass digitale Technologien gleiche Chancen für alle ermöglichen können. Hier gibt es noch viel zu tun, um für alle Kinder dieselben fairen Möglichkeiten zu schaffen am Unterricht teilzunehmen und Bildung auch in Krisenzeiten möglich zu machen. (hi)