Intel, Qualcomm & Co. warnen

Halbleiterpreise sollen drastisch steigen

22.07.2022
Von 
Andy Patrizio arbeitet als freier Journalist für die Network World.
Intel und andere Chiphersteller planen für die kommenden Monate mit Preiserhöhungen von bis zu 20 Prozent für Prozessoren und Peripherieprodukte.
Die Preise für Halbleiter- und Peripherieprodukte könnten bald drastisch steigen.
Die Preise für Halbleiter- und Peripherieprodukte könnten bald drastisch steigen.
Foto: Ivan Marc - shutterstock.com

Einige große Halbleiterproduzenten, darunter Intel, haben ihren Kunden mitgeteilt, im vierten Quartal 2022 die Preise für Chips erhöhen zu wollen. Als Begründung führen sie steigende Kosten und Lieferengpässe an. Wie die taiwanesische DigiTimes berichtet, haben neben Intel auch Qualcomm und Marvell Technologies ihren Kunden Preiserhöhungen in Aussicht gestellt.

Intel gibt sich bedeckt, AMD schweigt

Ein Intel-Sprecher äußerte sich auf Nachfrage gegenüber unserer US-Schwesterpublikation Networkworld: "Auf seiner Telefonkonferenz zu den Ergebnissen des ersten Quartals deutete Intel an, dass es die Preise in bestimmten Segmenten seines Geschäfts aufgrund des Inflationsdrucks erhöhen wird. Das Unternehmen hat damit begonnen, seine Kunden über diese Änderungen zu informieren." Wie hoch die Preisanpassungen genau ausfallen, bleibt indes unklar. Nikkei Asia zitiert Quellen, die mit Erhöhungen von bis zu 20 Prozent rechnen. Intel hat sich bislang nicht zu konkreten Zahlen geäußert.

Die Tatsache, dass es sich um Intel handelt, deutet darauf hin, dass die Preiserhöhungen nicht notwendigerweise mit Kapazitätsproblemen in Zusammenhang stehen. Schließlich verfügt der Konzern über eigene Fertigungskapazitäten und kann diese durchaus ausschöpfen. Das eigentliche Problem dürften die Ressourcen sein: CPUs bestehen nicht nur aus Silizium, sondern aus einer Kombination sehr seltener chemischer Verbindungen. Jim McGregor, leitender Analyst bei Tirias Research, ist von dieser Nachricht nicht überrascht: "Vor einem Jahr haben die Gießereien ihren Kunden mitgeteilt, dass sie entweder Geld in ihre Kapazitäten stecken oder mit einer geringeren Priorisierung und/oder steigenden Preisen rechnen müssen."

AMD hat sich zum Thema bislang nicht geäußert und lehnte eine Stellungnahme mit Hinweis auf die "Quiet Period" zwischen dem Ende des Geschäftsquartals (der 30. Juni bei AMD) und der Bekanntgabe der Gewinne (am 2. August 2022) ab. Die Chips von AMD werden allerdings von TSMC hergestellt - das Unternehmen hat seine Kunden ebenfalls bereits vor Preiserhöhungen gewarnt.

Preisexplosion bei PCs und Servern?

Die Presierhöhungen im Halbleiterbereich dürften alle Bereiche betreffen - von Low-End- bis zu High-End-Prozessoren. Das könnte sich nicht nur auf die Preise von PCs und Notebooks auswirken.

Bei den Serverprozessoren dürfte sich eine 20-prozentige Preiserhöhung - falls sie denn realisiert wird - am stärksten bemerkbar machen. Intels Xeon Scalable-Prozessoren liegen derzeit im Preisbereich von 2.000 bis 8.000 Dollar. Stellen Sie sich einen Preisanstieg von 20 Prozent pro Chip vor und multiplizieren Sie das Ergebnis mit zwei, da die meisten Server mit zwei Sockeln ausgestattet sind. Anschließend multiplizieren Sie das mit der Anzahl von Servern, die auf einmal gekauft werden (meist Hunderte).

Die Anbieter von Cloud Services dürften die angedachten Preissteigerungen besonders hart treffen: Sie kaufen im Regelfall mehrere zehntausend Server auf einmal. Egal, ob es sich dabei um AWS oder ein anderes Unternehmen handelt - Sie dürfen davon ausgehen, dass die Serveranbieter die Mehrkosten an ihre Kunden weitergeben werden. Einziger, potenziell positiver Faktor ist laut McGregor, dass alle großen Server-OEMs weitreichende Volumenverträge mit Sonderkonditionen bei Intel und anderen Chipherstellern hätten. Für HPE und andere Unternehmen in diesem Bereich dürften die Auswirkungen deshalb verschmerzbar sein. Kleinere OEMs würden hingegen unter Umständen leiden.

Laut McGregor sind die Preissteigerungen diversen Umständen zu verdanken: "Arbeitskräftemangel, Verzögerungen beim Versand und Engpässe bei wichtigen Zulieferern - dazu noch die jüngsten Covid-bedingten Stillstände in China. Es gibt Zwänge in der gesamten Liefer- und Wertschöpfungskette, dagegen kann man nichts tun." (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Network World.