Nicht nur Oracle ist dafür bekannt, dass die Lizenzbedingungen regelmäßig aktualisiert werden. Auch andere Softwareanbieter ändern regelmäßig das Kleingedruckte. Die Kunden nehmen diese Änderungen meist zähneknirschend hin. Insbesondere die Regelungen zum Einsatz von Oracle Software in virtualisierten IT-Landschaften haben in der vergangenen Zeit zu vielen Diskussionen geführt. Der Kunde befindet sich in einer Zwangslage. Natürlich könnte er, wie jedes andere Angebot zur Veränderung eines bestehenden Vertrages, die Lizenzänderung ablehnen.
Die Änderung eines geschlossenen Vertrags setzt stets voraus, dass beide Vertragspartner der Änderung zustimmen. Zwar kann sich ein Vertragspartner vertraglich das Recht einräumen lassen, einseitig Vertragsbedingungen abzuändern. Der andere Vertragspartner kann die Angemessenheit dieser Änderungen aber gerichtlich überprüfen lassen und ihm steht regelmäßig ein Sonderkündigungsrecht zu, wenn er mit den geänderten Vertragsbestimmungen nicht einverstanden ist. Im Fall von Lizenzänderungen besteht diese Entscheidungsfreiheit nur eingeschränkt. Denn die geänderten Lizenzbedingungen werden häufig mit neuen Updates verknüpft.
- Lizenz-Management
Beim Lizenz-Management geht es nicht nur darum, Unter- sowie Überlizenzierung zu vermeiden. Ziel ist auch, Compliance-Vorgaben einzuhalten. Der BME (Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik) hat eine Systematik der Rollen und Aufgaben im Lizenz-Management erstellt. Diese finden Sie auf den folgenden Seiten. - Lizenz-Management laut BME Teil 1
Zunächst geht es um die Kernrollen des Lizenz-Managements. Dabei unterscheidet der BME in Service Owner und Lizenz-Manager/Prozessmanager. - Lizenz-Management laut BME Teil 2
Fortsetzung der Kernrollen im Lizenz-Management. - Lizenz-Management laut BME Teil 3
Fortsetzung Kernrollen im Lizenz-Management - Lizenz-Management laut BME Teil 4
Fortsetzung Kernrollen im Lizenz-Management - Lizenz-Management laut BME Teil 5
Diese Rollen beziehungsweise Verantwortlichkeiten empfiehlt der BME für den Auditfall im Unternehmen. - Lizenz-Management laut BME Teil 6
Fortsetzung der Rollen, die im Auditfall benötigt werden
Möchte der Kunde die geänderten Vertragsbedingungen ablehnen, muss er damit leben, seine Software nicht aktualisieren zu können. Faktisch wird die Nutzung der Software dadurch ausgeschlossen bzw. wesentlich eingeschränkt. Möchte das Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt das Update zu den geänderten Lizenzbedingungen durchführen, ist dies häufig mit einer Sonderzahlung verknüpft: die Softwareanbietern fordern dann die bis dahin ausstehenden Softwarewartungsgebühren insgesamt ein (Reinstatement Fee).
Software Asset Management
Unternehmen sind somit gefordert, sich nicht nur beim ursprünglichen Erwerb der Software, sondern auch mit aktualisierten Lizenzbedingungen auseinanderzusetzen. In der Praxis beobachtet man allerdings häufiger, dass Unternehmen die Tatsache einer Lizenzänderung zwar zur Kenntnis zu nehmen, jedoch nicht konsequent überprüfen, ob die Software auch weiterhin lizenzkonform eingesetzt wird. Diese Vogel-Strauß-Taktik rächt sich spätestens beim nächsten Lizenzaudit: Viele Unternehmen sehen sich dann dem professionell aufgestellten Softwareanbieter gegenüber, ohne selbst in hinreichendem Maße auskunftsfähig zu sein. Dies gilt zumindest dann, wenn der Kunde nicht über ein gut gepflegtes Software Asset Management (SAM) verfügt. Unternehmen und Softwareanbieter begegnen sich in der dann anstehenden Diskussion um festgestellte Unterlizenzierungen nicht auf Augenhöhe. Der Softwareanbieter nutzt diesen Wissensvorteil aus, um die Kompensationszahlungen in die Höhe zu treiben.
Das Unternehmen haftet für Lizenzverstöße
Aber auch haftungsrechtlich setzt sich das Unternehmen erheblichen Risiken aus. Überschreitet ein Unternehmen die eingeräumten Nutzungsrechte an der Software, kann der Softwareanbieter gemäß §97 UrhG die Unterlassung des lizenzrechtlichen Einsatzes der Software verlangen. Dieser Anspruch kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden, was Softwareanbietern ermöglicht, innerhalb kürzester Zeit einen vollstreckbaren Titel gegen ein Unternehmen zu erlangen. Damit kann der Softwareanbieter seinem Kunden die sprichwörtliche Pistole auf die Brust setzen, um die Verhandlungen über eine Nachzahlung für die Unterlizenzierung zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Denn das Unternehmen wird dem Unterlassungsanspruch nicht sofort Folge leisten können, ohne erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmensorganisation fürchten zu müssen.
- Lizenzmanagement im Datenbankumfeld
Moderne Datenbanklösungen werden heute tief in Virtualisierungs-, Hochverfügbarkeits- und Cloud Umgebungen unterschiedlicher Hersteller integriert. Eine zyklische Analyse des Lizenzbestandes bietet in diesem Fall wertvolle Informationen, wie sich der Bedarf über einen längeren Zeitraum entwickelt. Die notwendigen Schritte am Beispiel einer Oracle Lizenzanalyse sind: - 1. Ermittlung der Hardwarekenndaten ...
... aus dem Configuration Management. - 2. Bestimmung der Softwarekenndaten basierend ...
... auf einem Analyse-Tool-Set. - 3. Ermittlung der Lizenzkenndaten ...
... basierend auf den Oracle Vertragsunterlagen des Kunden unter Einbezug der Informationen aus der Oracle Installed Base, dem OLSA – Oracle License and Service Agreement, den Supportverträgen und weiteren lizenzrelevanten Dokumenten wie z. B. SIG – Software Investment Guide. - 4. Vergleich des Ist-Zustandes ...
... (Hardware- und Software-Kenndaten) mit dem Soll-Zustand (Lizenzkenndaten). - 5. Evaluierung der Konsequenzen ...
... aus der Planung. - 6. Abschlussbericht mit Bewertungen, Empfehlungen, ...
... Angebotsgegenüberstellungen und möglichen Massnahmen.
Die Komplexität von Lizenzbedingungen ist ein zweischneidiges Schwert. Denn je komplizierter die Bedingungen sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Unternehmen gegen diese Bedingungen verstößt. Dies kann der Softwareanbieter im Rahmen des nächsten Lizenzaudits verwenden, um damit Zahlungen zu generieren. Auf der anderen Seite droht ihm jedoch die Unwirksamkeit der Lizenzbedingungen, wenn diese zu kompliziert und undurchschaubar sind. Denn die Lizenzbedingungen sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des §305 BGB einzuordnen. Damit unterliegen sie dem Transparenzgebot und müssen, um nicht unwirksam sein, klar und verständlich sein. Dies kann man bei Lizenzbedingungen, die einen Umfang von mehrerer DIN-A4-Seiten überschreiten, durchaus in Frage stellen.
Trotzdem sind Unternehmen gut beraten, das Thema Softwarelizenzen ernst zu nehmen. In der Auseinandersetzung mit dem Softwareanbieter sind die aktuellen und korrekten Informationen über den Umfang und den Einsatz der lizenzierten Software bares Geld wert. Zudem müssen die Informationen auch für Bilanzen und Unternehmensbewertungen zur Verfügung stehen.