Manager im deutschsprachigen Raum haben erkannt, dass die digitale Transformation ihr Unternehmen auch künftig in der Erfolgsspur hält. Deshalb sind Digitalprojekte ein wichtiger Investitionsbereich. Selbst im konjunkturellen Abschwung würden Unternehmen den Geldhahn nicht zudrehen, sondern lieber an anderen Projekten sparen. Das zeigt die Studie „Digital Value 2019“, für die im Auftrag von Horváth & Partners 300 Entscheider befragt wurden.
Dem digitalen Wandel kann sich keine Branche entziehen. Unsere Studie zeigt, dass die Firmen sich auf erhebliche Umwälzungen in den kommenden fünf Jahren einstellen. Zwar sind auch durch die digitale Transformation ausgelöste gravierende Veränderungen für Firmenlenker keine Überraschung, ganz im Gegenteil, sie waren schon länger darauf gefasst. Neu aber ist die Dramatik und die erwartete Vehemenz, die die Unternehmen auf sich zukommen sehen. So rechnen 84 Prozent der befragten Manager mit weiteren größeren Marktkonsolidierungen.
Eine ähnlich große Mehrheit erwartet, dass sich die Dominanz der globalen Internet- und Technologiekonzerne auf weitere Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft ausdehnen wird. Dass klassische Geschäftsfelder massiv beeinflusst oder gar wegbrechen werden, haben 82 Prozent der Firmenlenker erkannt, 76 Prozent sehen sich in ihrer Branche mit weiterer Disruption konfrontiert. Den Entscheidern heute ist bewusst: Der Markt wandelt sich rasant, was gerade noch funktionierte, wird plötzlich nicht mehr nachgefragt. Wer sich nicht anzupassen weiß, wird verdrängt oder geht unter.
Finanzbranche: Disruptive Entwicklungen in allen Bereichen
Diese Erkenntnis ist besonders bei Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistern angekommen. 84 Prozent der Befragten aus dem Finanzsektor sehen disruptive Veränderungen in den kommenden fünf Jahren auf sich zukommen. Das sind so viele wie in keiner anderen Branche. 88 Prozent gehen davon aus, dass klassische Geschäftsfelder sich wandeln oder gar wegbrechen. 91 Prozent rechnen mit Marktkonsolidierungen größeren Umfangs und ebenso viele sind überzeugt, dass die beherrschende Stellung der globalen Internet-Riesen in Wirtschaft und Gesellschaft sich noch ausdehnen wird. Mit Angeboten wie Google Pay oder Apple Pay spielen sie bereits heute direkt im Finanzsektor mit.
Neben den Finanzdienstleistern rechnet der Studie zufolge die Logistik-, Transport- und Reisebranche mit besonders heftigen Verwerfungen: 94 Prozent erwarten, dass Geschäftsfelder oder ganze Märkte wegbrechen. In der Industrie- und Hightech-Branche versuchen die Verantwortlichen auf die Konkurrenz von Google, Amazon und Co. zu reagieren. Die Firmenlenker dieser Branche wie auch die Logistiker sehen sich überdurchschnittlich häufig unter Zugzwang, mit anderen Branchen zu kooperieren, um in der digitalen Welt bestehen zu können.
Investitionen in Digitalprojekte
Um nicht in den Strudel der Bedeutungslosigkeit zu geraten, steuern die Unternehmen gegen und investieren. 36 Prozent der gesamten Investitionssumme flossen 2018 in den digitalen Fortschritt. Rund jedes fünfte Unternehmen wendete sogar mehr als 50 Prozent der Investitionen für derartige Projekte auf. Die Branchen Öl, Chemie und Pharma engagierten sich finanziell besonders stark. 39 Prozent gaben mehr als 50 Prozent ihrer Investitionen für Digitalprojekte aus. In der Autobranche wie auch im Bereich Konsumgüter und Handel waren es immerhin noch mehr als ein Viertel der Unternehmen, die mehr als die Hälfte ihrer Gesamtinvestitionen aufwendeten.
Den digitalen Fortschritt misst die Mehrzahl der Firmen mittlerweile mit harten Zahlen: Sieben von zehn Unternehmen verfügen über Kennzahlen, die eine betriebswirtschaftliche Bewertung ermöglichen. Sie belegen, dass in den vergangenen zwölf Monaten bei Prozesszeiten und der Produkt- beziehungsweise Servicequalität Verbesserungen erreicht wurden. Weniger spürbar sind die positiven Auswirkungen auf die Neukundengewinnung, die Marge oder den Umsatz.
Kein Rotstift bei Digitalprojekten!
Auch wenn die Wirtschaft ins Stocken gerät, wollen die Manager den Geldhahn nicht so schnell wieder zudrehen. Wenn Firmen konjunkturbedingt sparen müssen, bleiben Digitalprojekte zunächst verschont, wie unsere Umfrage belegt. Entscheider setzen im Fall der Fälle lieber an anderer Stelle den Rotstift an: Jede vierte Führungskraft legt Sparprogramme zur Kostensenkung auf und verhängt Einstellungsstopps. Rund ein Fünftel der befragten Entscheider kürzt die Investitionen insgesamt oder streicht Projekte allgemein. Jedes sechste Unternehmen würde Entlassungen ins Auge fassen, Digitalisierungsprojekte einfrieren oder Investitionen in die Digitalisierung verringern.
Dabei ist der Abschwung bereits in Sichtweite. Acht von zehn Unternehmen haben in den vergangenen sechs Monaten Zeichen einer konjunkturellen Abkühlung wahrgenommen. Von erhöhtem Preisdruck spricht knapp ein Drittel, ein Viertel registriert sinkende Auftragseingänge und ebenso viele verzeichnen geringere Umsätze.
Besonders starken Gegenwind spüren die Autoindustrie, die Branchen Chemie, Öl, Pharma sowie die Medien- und Telekommunikationsbranche. Neun von zehn Entscheidern klagen über die Auswirkungen einer schwächelnden Konjunktur.
Unter dem Eindruck der sich eintrübenden Aussichten haben die Unternehmen einen klaren Kompass: Den Managern ist bewusst, dass die digitale Transformation für ihr Unternehmen erfolgskritisch ist. Wer im Abschwung nicht auch noch den Anschluss verpassen will, darf bei der Digitalisierung nicht lockerlassen.
Gesamtkonzept statt Klein-Klein!
Die Studie gibt Hinweise darauf, dass die Firmen sich noch zu sehr auf einzelne Aspekte beschränken. Knapp jedes zweite Unternehmen schaut bei seinen Digitalisierungsbemühungen vor allem auf Bereiche mit der größten Hebelwirkung. Und auch wenn die Digitalisierung ein wichtiger Investitionsbereich ist, geht die Firmenleitung oft zu unsystematisch und unabgestimmt vor. Die Gelder werden mit der Gießkanne verteilt. Nur ein Drittel aller Unternehmen verfolgt ein Gesamtkonzept – auch das zeigt unsere Studie.
Um erfolgreich zu sein, sollten Führungskräfte jedoch alle Hebel gleichermaßen im Blick behalten. Unternehmer sollten sich trauen, eine umfassende Digitalisierungsstrategie zu entwickeln, die alle Bereiche umfasst. Zugleich benötigt Digitalisierung auch Zeit. Deshalb raten wir den Verantwortlichen, nicht zu ungeduldig zu sein, sondern klare Ziele zu definieren, die mittelfristig erreicht werden sollen. Dabei hilft ein Gesamtkonzept, das dann schrittweise, aber auch mit der nötigen Stringenz umgesetzt und zum Ziel geführt wird.