Klimaschutz ist nicht erst seit den "Fridays for Future" ein Thema - schon um 1580 warnte ein Vogelkundler seinen Landesherrn in Heidelberg vor einem sich anbahnenden Klimawandel und empfahl, Nahrungsmittelspeicher anzulegen. Damals nahte die "kleine Eiszeit", derzeit steht eine Warmzeit bevor. Ungeachtet der Frage, inwieweit die aktuelle Entwicklung hausgemacht ist, können Menschen heute zumindest dazu beitragen, die Entwicklung abzumildern und im Idealfall zu korrigieren: durch Verzicht, Verhaltensänderung und den Einsatz von Technologien. Speziell der IT kommt hierbei eine wichtige Rolle zu, denn sie erleichtert den Verzicht und somit auch eine Änderung des Verhaltens.
Laut einer aktuellen Studie von IDG Research Services, die in Zusammenarbeit mit dem Digitalisierungsspezialisten A1 Digital entstand, engagieren sich bereits mehr als die Hälfte aller Unternehmen in Projekten gegen die globale Erwärmung, ein weiteres Drittel plant ein Engagement in dieser Hinsicht. Die Frage nach dem Stellenwert des Klimaschutzes im Unternehmen beantwortet ein gutes Fünftel als sehr hoch und ein Drittel als hoch. In Summe tendieren knapp 78 Prozent der Befragten zu "eher hoch" oder höher. Dabei gibt sich das Top-Management deutlich "grüner" als die Befragten aus Fachbereichen und IT: Sieben von zehn Geschäftsführern und CEOs geben an, dass ihr Unternehmen das Ziel "Klimaschutz" verfolgt, ein Drittel misst dem Thema einen "sehr hohen Stellenwert" bei. Demgegenüber fallen die Kennzahlen aus IT und Fachbereichen teils deutlich ab - ein Trend, der sich durch alle Fragen der Untersuchung zieht.
"Grüne" Investitionen allerorten
Die gute Nachricht: Vielfach geht es heute schon über reine Absichtserklärungen hinaus. Über die Hälfte aller Unternehmen hat bereits grüne Initiativen gestartet. Dazu zählen Nachhaltigkeitskonzepte, Initiativen für Corporate Social Responsibility oder eine Green-IT-Zertifizierung. Zudem planen weitere 33 Prozent der Firmen Vorhaben in dieser Richtung. Aber auch hier zeigt sich: Das Top-Management ist beim Commitment den Vertretern aus IT und Fachabteilungen weit voraus. Ein Grund für die Diskrepanz könnte sein, dass fast jeder fünfte Befragte aus einem Fachbereich angibt, nichts von Initiativen seines Unternehmens zu Nachhaltigkeit, CSR oder Green IT zu wissen.
Studien-Whitepaper "Klimaschutz und Digitalisierung" herunterladen
Dessen ungeachtet ist die Zustimmung zu einigen Klimaschutzthesen recht hoch. Dazu zählen etwa die unternehmerische Verantwortung gegenüber Mensch und Natur sowie die Kontrolle der Schutzmaßnahmen anhand von betriebswirtschaftlichen Kennziffern. Der Verantwortung stimmten drei Viertel der Befragten zu, der Kontrolle knapp zwei Drittel. Etwas höher fiel sogar die Zustimmung zur These aus, dass moderne ITK-Technologien in starkem Maße einen Beitrag zu besserem Klimaschutz leisten können. Wobei klar ist: mehr IT gleich mehr Stromverbrauch. Schätzungen zufolge entfallen inzwischen rund 2,5 Prozent des deutschen Stroms allein auf Rechenzentren. Kein Wunder, dass Firmen zunehmend auf umweltfreundlich erzeugte Energie setzen. Laut Studie fließt heute bereits in der Hälfte aller Unternehmen Strom aus erneuerbaren Quellen, 30 Prozent denken über den Bezug nach.
Jedoch zeigt sich, dass IT nicht nur Teil des Problems, sondern auch der Lösung ist. Weit vorne in der Umfrage stehen nämlich auch moderne Kommunikations-Tools zur Vermeidung von Geschäftsreisen sowie der Einsatz von Online-Trainings oder Webinaren für Weiterbildungsmaßnahmen. Sie rangieren vor der Online-Kommunikation mit Bewerbern - die jedoch den Angaben zufolge stark ausgeweitet werden soll. Und immerhin 42 Prozent der Unternehmen planen den Bezug von Cloud Services aus "grünen" Rechenzentren, 31 Prozent sind diesen Schritt bereits gegangen.
Warten und Automatisieren für den Klimaschutz
Bei der Frage nach dem Einsatz weiterer technischer Maßnahmen kam heraus, dass sich die Klassiker "Prozessautomatisierung" und "Transportoptimierung mit IT" sowie "Carsharing" in (tendenziell größeren) Unternehmen etabliert haben. Schließlich sind derartige Ansätze im ureigenen Interesse der Firmen, da sie Kosten senken können - der Klimaschutzeffekt erscheint hier nur sekundär. Zudem gibt es erprobte Lösungen für die Aufgaben am Markt. Hingegen weisen IT-gestützte Ansätze für den Klimaschutz auf Basis neuer Technologien (IoT, KI/AI, VR/AR) durchweg hohe Werte für die Antwort "sind angedacht" auf. Allmählich zeigt sich, so scheint es, dass das Potenzial der IT erkannt und erschlossen wird.
Allerdings fallen - wie schon oben - Abweichungen zwischen den Aussagen auf. Hier wurden dem Durchschnittswert die Angaben von Befragten aus der Verwaltung von Unternehmen gegenübergestellt, also etwa von CFOs, COOs sowie Managern aus der Organisation, dem Facility Management und dem Personalbereich. Während das IoT als allgemein bekannter Trend als Maßnahme auch in der Verwaltung punktet, sinkt hier die Zustimmung für Lösungen auf Basis von KI/AI sowie VR/AR gegenüber dem Durchschnittswert ab. Die Zahlen deuten darauf hin, dass gerade innovative IT-Maßnahmen nicht ausreichend "nach oben" kommuniziert werden. Gut ein Drittel der Unternehmen hat übrigens als Standard "Duplex-Druck" eingestellt - das mag detailversessen wirken, spart in Summe aber tonnenweise Papier. Interessant ist auch, dass 38,9 Prozent der Befragten aus der Verwaltung angeben, Duplex-Druck sei in ihrem Haus nicht angedacht.
Einsparpotenzial als wichtiger Treiber
Zwar stehen die Klimaschutzziele im Vordergrund der Maßnahmen, aber dahinter rangiert schon ein weiterer wichtiger Treiber: die Eindämmung der Kosten. Auffällig ist hierbei, dass gerade die Vorstandsebene und die Geschäftsführer dem Klima mehr Bedeutung (= mehr Nutzen) beimessen als den Aufwendungen. Die Bedeutung der Maßnahmen spiegelt sich auch in den freien Antworten zur Frage wider. Hier wurden Kosten und Einsparungen ähnlich häufig genannt wie Umwelt- und Klimaschutz. Aber auch Begriffe wie "Image", "Ruf", "Reputation", "PR" und "Vorbildfunktion" wurden von den Studienteilnehmern angeführt. Befragte aus der IT-Organisation sehen den Nutzen der Klimaschutzmaßnahmen vor allem in der Kostensenkung, der Produktivität, der Entwicklung neuer Produkte sowie der Kundenzufriedenheit - alles klassische IT-Themen im Binnenverhältnis zu ihren Nutzern und Stakeholdern.
Angesichts der Diskrepanz bei den Antworten von Top-Managern und Fachbereichen fällt die Bilanz unterschiedlich aus. So sind 68 Prozent der Befragten insgesamt zufrieden oder sehr zufrieden mit der Umsetzung der Umweltschutzmaßnahmen. Auffällig ist die hohe Abweichung in den Antworten der Geschäftsleitung und der Fachbereiche - hier liegt der Faktor bei 4. Über die Gründe für die Lücke lässt sich nur spekulieren. Blickt man auf die Zielerreichung, setzt sich der Trend fort. Hier liegen die Fachbereiche nur an zwei Stellen vor dem Top-Management: Einsparung von Kosten und höhere Prozesseffizienz. Der IT-Bereich ist zwar auch weniger euphorisch als die CEOs, aber er landet in vier Themen nahe am Durchschnittswert. Laut den IT-Teilnehmern verbesserten die Maßnahmen die Kundenzufriedenheit, die Mitarbeiterbindung, die Prozesseffizienz und den Kundenservice.
Investitionen sollen weiter steigen
Gute Nachrichten für den Klimaschutz bringt die Frage nach der Zukunft. Ein Viertel der befragten Unternehmen will die eigenen Leistungen in dem Bereich deutlich intensivieren. Hier stehen vor allem größere Unternehmen an vorderster Front. So wollen knapp drei Viertel aller Firmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern die eigenen Anstrengungen verstärken. In Summe gehen sogar 80 Prozent der Top-Manager davon aus, dass die Bestrebungen zum Klimaschutz zumindest ein wenig beziehungsweise deutlich intensiviert werden. So viel scheint sicher: Auf IT-Leiter und ihre Organisationen kommen große Aufgaben zu, wenn sie nicht nur die eigenen Ressourcen effizient einsetzen, sondern auch Umweltschutzlösungen für alle Bereiche des Unternehmens entwickeln beziehungsweise umsetzen müssen.
Studien-Whitepaper "Klimaschutz und Digitalisierung" herunterladen