Bei den vielen Produkten und Projekten von Google kann man leicht den Überblick verlieren: AdMob, Android Pay, Android TV, Android Auto (nicht zu verwechseln mit dem fahrerlosen Google-Mobil), Google Fit, Project Loom, Google Glass, Android "M", Androd Wear. Selbst Insider werden immer wieder überrascht, womit sich die Ingenieure und Software-Entwickler von Google so alles beschäftigen. Auf der Entwicklerkonferenz Google I/O 2015, die am kommenden Donnerstag in San Francisco beginnt, könnte diese Liste noch ein wenig länger werden.
Die Tickets für die Konferenz waren bei den Entwicklern und Google-Partnern wieder so begehrt, dass eine Lotterie entscheiden musste, wer eine Karte für rund 800 Dollar kaufen durfte. Die Programmierer von Smartphone- und Tablet-Apps erwarten aber, dass sich dieses Investment schnell wieder bezahlt macht: Alle gehen davon aus, dass Google hier Details zur kommenden Version seines Mobilsystems Android vorstellen wird. Nachdem im vergangenen Jahr Android 5.0 "Lollipop" präsentiert wurde, ist nun der nächste Anfangsbuchstabe im Alphabet dran. Gerüchten zufolge könnte Google Android "M" unter anderem eine grundsätzliche Unterstützung für eine Authentifizierung per Fingerabdruck enthalten, die bislang nur wenigen Spitzenmodellen von Samsung und LG vorbehalten ist.
Eine Neuausrichtung wird für das Angebot Google Plus erwartet. Der Dienst war auf der Google I/O 2011 als eine Art Alternative zu Facebook gestartet worden, konnte diese Erwartungen aber nicht erfüllen. Vic Gundotra, der als Manager für Google Plus verantwortlich war, verließ im April 2014 das Unternehmen. Google Plus fungiert heute eher als "soziale Schicht" zwischen verschiedenen Diensten wie "Hangouts" (Videotelefonie). Gerüchten zufolge wird der in Google Plus integrierte Foto-Service künftig als eigenständige Plattform herausgelöst, um gegen Konkurrenzangebote wie Instagram von Facebook und Flickr von Yahoo anzutreten.
Im Netz wird außerdem spekuliert, ob der Konzern auf der Konferenz auch eine Neuauflage seiner Datenbrille Google Glass präsentieren wird. Google-Mitgründer Sergey Brin hatte vor drei Jahren die erste Version mit einer spektakulären Bühnenshow vorgestellt. Doch das Projekt scheiterte zunächst grandios.
Brin und andere Google-Manager hatten die mangelnde soziale Akzeptanz für eine Brille unterschätzt, mit der man von seinem Gegenüber ständig Fotos oder Videos machen konnte. Außerdem gelang es den Google-Ingenieuren überraschend auch nicht, die massiven technischen Unzulänglichkeiten wie die viel zu kurze Batterielaufzeit in den Griff zu bekommen. Im Januar wurde der ohnehin eingeschränkte Verkauf von Google Glass gestoppt und ein Neustart verordnet. Ob die Zeit schon reif ist, über die zweite Version zu sprechen, wird sich zeigen.
Keine großen Innovationssprünge - aber interessante Updates im Detail - erwarten die Entwickler zur Plattform Android Auto. Dabei geht es darum, eine Auswahl von Android-Apps auf den Bildschirm im Auto zu bringen. Bislang bieten einige Auto-Hersteller in den USA, Großbritannien und Australien diese Option an. Die deutschen Branchenriesen wie Volkswagen und Daimler versuchen, die konkurrierenden Systeme von Apple ("Carplay") und Google parallel in die Fahrzeuge zu integrieren.
Weniger Schlagzeilen werden die Konferenzsessions über Dienste wie AdMob machen. Dabei geht es aber um die für Entwickler äußerst wichtige Frage, wie man eine App bewerben und kommerziell erfolgreich machen kann. Gut zwei Drittel aller Android-Apps sind für die Nutzer kostenlos und werden letztlich mit der Aufmerksamkeit der Anwender für die eingeblendeten Werbeanzeigen bezahlt.
Google selbst ist noch stärker als die App-Entwickler auf die Werbung als Haupteinnahmequelle angewiesen. Rund 90 Prozent der Gesamteinnahmen von rund 66 Milliarden Dollar im Jahr 2014 stammten aus der Werbung. Zwei Drittel davon kamen aus hauseigenen Angeboten wie Suche, Maps und YouTube. Ein Drittel der Werbeumsätze werden auf Webseiten anderer Anbieter mit Diensten wie Adsense erzielt.
- Der Investor
Mit einer Investition von 100.000 Dollar durch den Sun-Gründer Bechtolsheim beginnt die Geschichte von Google - der Investor verdient dadurch knapp zwei Milliarden. - Backrub
Die in Standford entwickelt Suchmaschine Back Rub ist Vorläufer von Googles Suche. Die Hand im Logo ist übrigens die von Larry Page - der das Foto mit einem Kopierer erstellte. - Hypermodern
Die heutigen Data Center sind weit moderner. Hier wurde eine finnische Papierfabrik an der Ostsee zum Rechenzentrum umgebaut, zur Kühlung kommt Meerwasser zum Einsatz. - Endloses Betastadium
Die erste Version der Google-Website bezeichnet Google noch als "Beta", was auch für viele weitere Projekte wie Google Mail übernommen wird. Die Suchmaschine ist aber bereits früh ein ausgereiftes Angebot. - Die Väter des Erfolgs
Serge Brin und Larry Page lernen sich in Standford kennen, sie gründen 1998 Google. Seit 4. April 2011 ist Page CEO von Google, ein Posten den er ab 2001 an Eric Schmidt abgegeben hatte. - Zwei weitere wichtige Köpfe: David Cheriton...
Der Stanford-Dozent David Cheriton vermittelt den beiden Firmengründern den Kon-takt zu Bechtolsheim und andern Investoren. Auch er ist durch die Investition in Google heute Milliardär. - ... und Eric Schmidt
Der Infomatiker und Manager Eric Schmidt kommt 2001 zu Google. Nach Stationen bei Sun als CTO und Novell als CEO übernimmt er den Posten des CEO bei Google. Am vierten April 2011 wechselt er in den Verwaltungsrat von Google. - Ab an die Börse
Der Börsengang am 19. August 2004 ist für Google ein großer Erfolg. Ende 2013 er-reicht sie erstmals einen Stand von 1000 Dollar, was einem Firmenwert von 327 Milli-arden entspricht. - Es geht nur in eine Richtung...
Seit der Gründung von Google sind Umsatz und Gewinn kontinuierlich gestiegen. Auf-fällig sind die Umsatzsteigerungen der beiden letzten Jahre, obwohl hier durch den Kauf von Motorola hohe Verlusten entstanden. - Alle wollen zu Google
Bei der Frage nach dem beliebtesten Arbeitgeber ist Google auch in Deutschland im-mer auf einem der ersten Plätze. Grund dafür ist ein Ruf als innovativer Markführer, der sich gut um seine Mitarbeiter kümmert. - Männerdomäne
Die Anzahl der Frauen bei Google ist eher gering, 70 Prozent der knapp 48.000 Ange-stellten (und 83 Prozent der Entwickler) sind männlich. Auch Minderheiten sind nur schwach vertreten, was von Google als Problem angesehen wird. - Wettbewerber Facebook
Facebook ist zwar keine Suchmaschine, die Plattform von Mark Zuckerberg hat aber eine Nutzerzahl von 1,23 Milliarden und ist als Anbieter von Werbeplatz eine echte Bedrohung für Google - sinkt doch der Stückpreis für Werbung und ist das Mobilge-schäft noch im Aufbau. - Kreativer Freiraum
Google macht immer wieder mit coolen Büro-Fotos auf sich aufmerksam, hier etwa mit einem als Iglu gestalteten Besprechungsraum. - Venedig-Feeling
Wahlweise kann eine Besprechung in einer Gondel abgehalten werden. - Die alles beherrschende Suchmaschine
Google ist als Suchmaschine Marktführer, Konkurrenten wie Bing, Yahoo und DuckDuckGo haben da wenig Chancen. Vor allem bei der Suche nach deutschen Seiten ist ihnen Google klar überlegen. - Spielchen für Zwischendurch
Die Suchmaschine bietet viele versteckte Funktionen wie „zerg rush“: Gibt man den Befehl in der Suchleiste ein, zerschießen kleine Buchstabe alle Suchtreffer auf der Website. - Immer ausgefeiltere Angebote
Eine Neuerung bei der Google-Suche ist der so genannte Knowledge Graph - sucht man beispielsweise Informationen zu einem Film, sind diese im rechten Seitenbereich zu sehen. Dabei greift Google auf fremde und eigene Quellen zurück. - Google Plus
Google Plus ist eine direkte Antwort auf Facebook, Google soll etwa tausend Angestellte auf dieses Projekt angesetzt haben. - Google Maps
Seit 2005 gibt es den Dienst Google Maps, der immer mehr Funktionen erhält. Beein-druckend sind die hoch aufgelösten Satellitenfotos, das Schwesterprodukt Google E-arth ist mittlerweile in Google Maps integriert. Interessant für Android-Nutzer: In einigen Städten werden auf Android-Geräten bereits Daten öffentlicher Verkehrsmittel angezeigt. - Das eigene Tablet
Googles Tablet Nexus 7 ist eines der erfolgreichsten Android-Tablet. Vor allem in Deutschland ist Android sehr erfolgreich und erreicht bei Smartphones bereits einen Marktanteil von über 75 Prozent. - Der ewige Kampf ums Straßenbild
Nur dank einer ganzen Flotte an Kamera-Fahrzeugen konnte Google Streetview anbieten. Das Angebot stieß aber unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes bald auf Kritik. In Österreich ist Streetview seit kurzem sogar verboten. - Google Glass
Wenig Begeisterung bei Datenschützern löst Google neues Produkt Google Glass aus. Die in den so genannten Google-X-Labs entwickelte Brille kann Informationen im Sichtfeld des Benutzers einblenden, die integrierte Kamera wird aber zum Hauptthema und sorgt für einige Verbote - unter anderem in britischen Kinos. - Die Zukunft: Ab auf die Straße
Selbstfahrende Autos sind schon länger ein Thema für Google, im Mai 2014 präsentiert das Unternehmen einen ersten Prototyp. Dank Laser-Scanner und vieler Sensoren soll es äußerst sicher sein. Laut Brin sei es schließlich Verschwendung, wenn Autos ungenutzt herumstünden. Selbstfahrende Autos könnten einfach neue Passagiere aufnehmen.
Die Erlöse aus der Umsatzbeteiligung im Google Play Store, über den die Android Apps verkauft werden, fallen dagegen deutlich geringer aus. Auch die Umsätze der kommerziellen Cloud-Angebote, mit denen Google den Wettbewerbern Amazon und Microsoft entgegentritt, haben sich in der Google-Bilanz noch keine eigenständige Rubrik erobert, sondern fallen und die restlichen zehn Prozent jenseits der Werbeerlöse. Beim Geldverdienen ist Google im großen Internet-Zirkus ein Pony, das nur einen Trick auf Lager hat. Und auf der Google I/O 2015 wird vermutlich kein zweiter Trick präsentiert werden. (dpa/tc)