Super-connected Field Services

GE akquiriert ServiceMax für 900 Millionen Dollar

15.11.2016
Von 


Maximilian Hille ist Analyst des IT-Research- und Beratungsunternehmens Crisp Research. Seine inhaltlichen Schwerpunkte sind Cloud Computing, Social Collaboration und Mobile Innovations.
Mit der Übernahme von ServiceMax setzt GE einen Zeichen des Wandels vom Industrie- zum Softwarekonzern. Vor allem das Thema Field Services spielt eine Rolle.
In der IoT-Basierten Welt spielt der Field Service eine zentrale Rolle.
In der IoT-Basierten Welt spielt der Field Service eine zentrale Rolle.
Foto: dotshock/Shutterstock.com

Ob Thomas Edison schon vor 140 Jahren, als er an der Glühbirne forschte, ahnen konnte, dass seine Erben noch heute an manchen Tagen den Pionier- und Erfindergeist ihres Gründers besitzen? Denn noch heute ist General Electric in Sachen Technologie weltweit ganz weit vorne.

Dafür sprechen vor allem zwei Argumente - eines hatte auch Thomas Edison, das andere wohl nicht. Denn zum einen ist GE auch heute noch früh dran mit neuen Technologien, forscht auf Hochtouren und bringt Patent um Patent neue Ideen in den Markt. Zum anderen - und dies hat sich erst im Laufe der Firmengeschichte entwickeln müssen - ist der Kapitalstock groß genug, um frühzeitig neue Märkte und Produktfelder mit Zukäufen zu besetzen.

Die jüngste Akquisition von ServiceMax für 915 Millionen Dollar unterstreicht, wie ernst es GE mit dem Thema IoT-basierte Lösungen ist. Und wie strategisch relevant der Wandel vom Industrie- und zum Softwarekonzern für Jeffrey Immelt und Bill Ruh ist. Und hier spielt die "Mobile Field Force" eine zentrale Rolle. Denn in einer IoT-basierten Welt braucht es gerade im Außendienst, bei Service-Technikern eine Ausstattung mit intelligenten Werzeugen und Endgeräten sowie deren Vernetzung mit den Informationsflüssen des Unternehmens.

Da aber ServiceMax nicht sich selbst überlassen wird, sondern offenbar ein wichtiger Baustein der neuen IT-, Software- und Service-Produktlinie von GE wird, ist die Akquisition zudem ein weiterer Beleg für die GE-Pläne in diesem Umfeld.

Fast eine Milliarde US-$ - sind die denn verrückt geworden?
Nein, GE Digital und die Drahtzieher hinter diesem Deal haben eigentlich alles richtig gemacht. Zumal ServiceMax in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung machte. Begünstigt durch eine Hand voll richtiger Entscheidungen und dem Fokus auf den technischen Field Service, als eines der größten Beschäftigungsfelder in vielen Unternehmen weltweit, konnte ServiceMax schnell zum relevanten Player avancieren.

  • Argument #1 - Mobile Field Services: Der gewählte Markt selbst ist das Kernargument für ServiceMax. Die Mobile Workforce ist gerade in Unternehmen mit technischem Service ganz besonders essentiell für die Außendarstellung. Die Anforderungen der Kunden an eine gute (Digital) Customer Experience sind enorm. Die Mitarbeiter im Field Service stehen traditionell unter Termindruck und haben selten die richtigen Werkzeuge und Informationen beisammen. Der sichere, zuverlässige Zugriff auf relevanten Informationen und Anwendungen über das mobile Endgerät ist der X-Factor für guten technischen Service. Die Unternehmen, die frühzeitig darauf setzen, können ihren Mitarbeitern, Partnern und Kunden einen Mehrwert bieten.

  • Argument #2 - Cloud: Schon frühzeitig hat ServiceMax erkannt, dass mobile Services vor allem als Cloud-Service optimal bereitgestellt werden können. Mit der Expertise in der Produkt-Entwicklung konnten die Standard-Services so umfangreich und integrierbar gemacht werden, dass auch ein SaaS-Service alle Anforderungen der Unternehmen abdecken kann. Schnell, einfach, performant und kostengünstig sollen die Services sein. Die schnelle Skalierungsfähigkeit der Plattform macht es ServiceMax leicht, das Wachstum der Unternehmen und der Akzeptanz für Field Services zu begleiten. Real-Time-Services werden so erst Realität.

  • Argument #3 - IoT: Zwei parallele Megatrends laufen hier zusammen. Mobility und das Internet of Things.
    Denn der technische Service und die Ingenieure großer Industriekonzerne sehen sich immer mehr vernetzten Maschinen und Endgeräten gegenüber. Gelingt es, die Field Service-Anwendungen auf dem Smartphone mit der Intelligenz und Vernetzung der Maschinen und Geräte, mit denen sie umgehen müssen, zu vernetzen, wird aus der integrierten Field-Service-Management-Lösung tatsächlich ein wichtiges Werkzeug, das bislang noch in keinem Werkzeugkasten zu finden war. Super-connected Field Services sind somit nicht nur tief in das bestehende Backend (ERP, CRM, BI und Co.) integriert, sondern auch ein Teil des neuen IoT-Ökosystems.

  • Argument #4 - Von klein bis groß: Vom 30-Mann-Fachbetrieb bis zum Industrie-Giganten mit 40.000 Field-Service-Mitarbeitern deckt ServiceMax alles ab. Die modularen SaaS-Services, die in den vergangen Jahren weiter und weiter gewachsen sind, können für jede Größe der Field-Service-Einheit geeignet sein. Von der vergleichsweise leichtgewichtigen Anwendung bis zum hoch komplexen Plattform-Service hat ServiceMax etwas zu bieten. Das war auch für GE lange Zeit ein wichtiger Faktor.

  • Argument #5 - Wachstum: Die weltweite Expansion, stetiges Umsatzwachstum - teilweise um das dreifache auch in Europa, immer wieder neue Kunden und eine geringe Churn Rate beweisen bei ServiceMax, dass der Service nicht nur auf den richtigen Markt setzt sondern auch genau da wirken kann, wo der Schmerz vieler Unternehmen sitzt. Da viele Unternehmen gerade erst jetzt ihre mobilen Endgeräte-Landschaften so weit entwickelt haben, dass der produktive Betrieb stattfinden kann (Management-Plattform, Policies, Strategie, Integration, Tech-Scouting & Expansion), ist das Wachstum bei weitem nicht erschöpft.

"PredixMax" - Der IT-Gigant 2017 heißt General Electric

GE hat bereits bei der Bekanntgabe des Deals unterstrichen, dass sie mit ServiceMax einen klaren Plan verfolgen. Eine gewichtige Rolle spielt dabei die bestehende Predix-Cloud-Plattform, die derzeit bei GE das Flaggschiff der IT-Strategie bildet. Die Predix-Platform ist eine IoT-Plattform auf PaaS-Basis mit ganz besonderem Fokus auf industriellen Anwendungen und Datenservices.

Predix-basierte Apps sind vor allem dazu ausgelegt, um im IoT-Umfeld mit Real-Time-Analytics schnell relevante Informationen aufzubereiten. Als Grundlage für verschiedene Anwendungen in diesem Umfeld hat GE Predix schon jetzt als attraktives Produkt im GE-eigenen und GE-fremden Ökosystem positioniert.

Mit ServiceMax kommt nun ein neuer Service in die Predix-Familie, der ebenfalls massenhaft neue Daten generiert und darüber hinaus auch den hohen Bedarf besitzt, auf Real-Time-Analytics-Ergebnisse zuzugreifen. So können die bestehenden Analytics-Ansätze von ServiceMax zusätzlich erweitert werden. In die eine wie in die andere Richtung kommen so neue Features und Möglichkeiten in das Portfolio.

Ferner ist GE zu raten, das Produkt ServiceMax nicht in seiner Eigenständigkeit einzuschneiden. Die Integration in die Predix-Familie ist richtig und sinnvoll. Es wird spannend zu beobachten sein, wie sich GE, Bosch oder Siemens weiter vom Maschinenbauer zum IT-Giganten entwickeln. Die neuen Geschäftsbereiche sind mittlerweile schon zu ernstzunehmenden Anbietern geworden, die ausgereifte Plattformen und Technologien bieten. Der Entwicklungs- und Erweiterungsdrang der Unternehmen ist noch lange nicht erschöpft. 2017 wird das Jahr der mobilen Field Services und der IT der Industrie-Giganten.