Die Rolle des Chief Information Officer (CIO) in einer digitalen Unternehmenswelt ist eines der Themen, denen sich Gartner in seinem Research-Bereich besonders intensiv widmet. Das ist kaum verwunderlich, denn CIOs sind traditionell die Hauptzielgruppe des Beratungs- und Marktforschungsunternehmens. Trotzdem lässt sich Gartner nicht davon abhalten, die IT-Chefs dann und wann vor den Kopf zu stoßen - sei es durch den angekündigten "Tod des CIO" oder das Propagieren eines "Chief Digital Officers".
Derzeit läuft das europäische "Gartner Symposium/ITxpo" in Barcelona, und dort wird niemand totgesagt und auch kein neuer Titel für Visitenkarten ausgerufen. Allerdings ließ Vice President und Gartner Fellow Mark Raskino auch keinen Zweifel daran, dass einem CIOs mittlerweile Fähigkeiten abverlangt werden, die aktuelle Amtsinhaber nicht immer beherrschen.
Beiträge zu Gartners vorheriger Symposium/ITxpo in Orlando
"Die digitale Transformation ist Sache der Geschäftsführungen", sagte Raskino, der sich in seinen Forschungen auch mit dem Verhalten der CEOs beschäftigt. "Spannend ist die Frage, wer auf der zweiten Ebene folgt", sagte der Analyst und brachte dafür den CIO ins Spiel.
Es gibt einen Zusammenhang zwischen hohen IT-Budgets und Erfolg
Was ein CIO leisten muss, fasste Peter Sondergaard, Senior Vice President von Gartner Research, in seiner Keynote-Ansprache zusammen: Er solle dafür sorgen, dass IT-Investitionen als Unternehmensgüter ("Assets") betrachtet würden und nicht als Kostenfaktor. Jährliche Budgetzyklen sind aus Sicht des Spitzenanalysten genauso unsinnig wie Berechnungen von IT-Kosten pro Umsatz. "Damit errichtet man nur Barrieren."
Ein starkes Argument für höhere IT-Budgets lieferte Gartner gleich mit: Die "Top-Performer" unter den Unternehmen haben einer Studie zufolge ihre IT-Ausgaben im vergangenen Jahr um durchschnittlich 4,6 Prozent erhöht, während die eher bescheiden operierenden Geschäfte auch nur ein moderates, sprich: um durchschnittlich 0,9 Prozent gestiegenes Budget vorzuweisen haben. In der aktuellen CIO-Befragung liegen die europäischen Unternehmen im Mittel bei 1,4 Prozent, während der weltweite Durchschnittswert 2,2 Prozent beträgt.
Customer Experience fest im Blick
Wie Sondergaard ausführte, muss ein für die digitale Transformation geeigneter CIO die digitalen Veränderungen, die auf das Unternehmen zukommen, organisatorisch vorbereiten. Zudem sei es seine Aufgabe, eine den Gartner-Kriterien entsprechende "neue Plattform" zu konzipieren und aufzubauen.
Besondere Bedeutung misst Sondergaard dabei dem Punkt Customer Experience bei: "Die Loyalität der Kunden bekommen Sie als Gegenleistung für deren erfüllte Momente in der digitalen Welt", so seine Überzeugung. Digitale Erlebnisse schüfen beispielsweise Technologien wie Virtual Reality (VR) oder "Augmented Reality" (AR). Wieviel ein Unternehmen in das Thema Kundenerfahrung investiere, zeige an, wie ernst es ihm damit sei. Sondergaard stellte die Frage, in welchen Unternehmen eigentlich schon ein CIO in einem Gremium sitze, das für die Kundenzufriedenheit verantwortlich zeichnet.
Internet of Things ist Pficht
Auch mit dem Internet of Things (IoT) müssen sich CIOs laut Gartner intensiv beschäftigen. Das Hauptaugenmerk liege dabei auf der Integration. Daten sammeln, ist nicht allzu schwer; Prozesse, Workflows und Integration hinzubekommen, kostet schlaflose Nächte, vor allem weil der Plattformmarkt noch keine Standards hervorgebracht hat.
- Schaltkreisdesign
Geht es um Connected Devices, müssen Unternehmen sicherstellen, dass Chip-Design und -Entwicklung sich an den neuen Systemanforderungen orientieren. Applikationen, die beispielsweise von Batterien abhängig sind, brauchen unter Umständen spezielle Schaltkreise um den Energieverbrauch zu minimieren oder gleich mehrere Chips und Sensoren auf einer Platine. - Mikrocontroller-Programmierung
Das IoT besteht aus Milliarden kleiner, miteinander vernetzter Devices. Die meisten dieser Devices brauchen zumindest einen Mikrocontroller, um Daten verarbeiten zu können. Mikrocontroller sind günstige, energiesparende Chips, deren Programm- und Datenspeicher Teil des Systems sind. - AutoCAD
AutoCAD ist die derzeit am meisten verbreitete Design Software für Applikationen und erfährt aufgrund der Komplexität von IoT-Devices einen enormen Boom. Das liegt daran, dass gerade diese vernetzten Geräte nach völlig neuen Design-Grundsätzen entwickelt werden müssen – zum Beispiel wenn es um Hardware-Standardisierung oder Personalisierung geht. - Machine Learning
Smarte Appliances und Applikationen entstehen durch Machine-Learning-Algorithmen, die Sensordaten verarbeiten. Diese Algorithmen können zu Zwecken der Predictive Data Analysis verwendet werden. Das erfordert allerdings Experten für Big Data Management und Machine Learning. - Security-Infrastruktur
Laut einer Studie von TEKsystems hindert die steigende Angst vor Datenlecks Unternehmen maßgeblich daran, im IoT durchzustarten. „Firmen die bereits Erfahrung in Sachen Cloud Security haben, verfügen bereits über eine gute Basis. Allerdings machen die weitergehende Skalierung und Komplexität des Internet of Things die Dinge kompliziert. - Big Data
Das Internet der Dinge hat die Menge der Daten, die Unternehmen sammeln und auswerten, vervielfacht. Die Kunst besteht nun darin, redundante Datensätze direkt bei der Erhebung auszusortieren und relevante Daten zu schützen. - Elektrotechnik
Die nächste Generation der Connected Devices braucht nicht nur Software, sondern auch technische Expertise. - Security Engineering
IT-Sicherheit gehört zu den größten Sorgenkindern für den IoT-Markt. Prominente Datenlecks und Hacks haben nicht nur bei Unternehmen, sondern auch bei den Konsumenten ein neues Bewusstsein für IT-Security geschaffen. - GPS-Entwicklung
Der GPS-Markt steht dank des Internet of Things vor einer Renaissance. Insbesondere bei Unternehmen, die im Bereich Wearables, Connected Cars oder Logistik tätig sind.
Herkömmliche Datenanalysen beherrschen die Gegenwart, doch die Zukunft gehört der Echtzeitanalyse. "Die Action ist nicht mehr in den Daten, sondern in den Algorithmen", wie Sondergaard es formuliert. Themen wie Machine Learning und Artificial Intelligence könnten nun die Versprechen einlösen, die sie vor mehr als zwei Jahrzehnte gegeben hätten. Spätestens 2020 wird jedes fünfte Unternehmen Experten beschäftigen, die solche Systeme trainieren können, prognostiziert Gartner.
Digitale Ökosysteme
Das Schlagwort schlechthin ist auf dem diesjährigen Symposium das "digitale Ökosystem". Dazu Don Scheibenreif, Vice President und Distinguished Analyst bei Gartner: "Die alten organisatorischen Strategien behindern die digitale Transformation." Digitale Ökosysteme dienten dazu, unterschiedliche Unternehmen mit einem gemeinsamen Geschäftsmodell zu verbinden. Als Vorbild wurde häufig der Spezialfall der für finanzielle Transaktionen genutzten "Blockchains" genannt.
Gartner sieht für die kommenden Jahre einen Wettbewerb solcher Ökosysteme voraus. Die Unternehmen müssten nun entscheiden, ob sie sich einem existierenden System anschließen oder ein eigenes ins Leben rufen wollen.
Wie viele solcher Ökosysteme sich durchsetzen werden, welche Rolle digitale Giganten wie Google, Amazon und Facebook dabei spielen und wer die strategischen Entscheidungen in den Unternehmen treffen wird - darauf wollten sich die Gartner-Analysten noch nicht festlegen. Der CIO könne dabei eine beratende Funktion ausüben. Aber dazu müsse er umfassend informiert sein.
Wie Gartners aktuell vorgestellte CIO-Befragung zeigt, haben die besten Unternehmen die Bedeutung solcher Ökosysteme längst erkannt. Im Durchschnitt sind sie schon mit 78 digitalen Partnern über Programmierschnittstellen (APIs) verbunden. Vor allem aber nutzen sie die digitalen Geschäftssysteme nicht nur für den Einkauf, sondern häufig auch für den Vertrieb. Im Übrigen entwickeln sie die nötigen Komponenten oft selbst: Entweder werden sie auf dem Markt nicht fündig, oder sie wollen ihr Know-how aus strategischen Gründen nicht mit anderen teilen.
Neue Führungskompetenz
- Don't: Isolation
Flexibles Arbeiten ist nicht für jedermann: Mitarbeiter mit großem Bedürfnis nach sozialer Interaktion benötigen Alternativen. - Don't: Ständige Erreichbarkeit
Das Pochen auf ständige Erreichbarkeit schadet der Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeiter und führt oftmals zu Burn-Out. - Don't: Schlechte Organisation
Die Umstellung auf ein flexibles Arbeitsmodell über Nacht überfordert die Mitarbeiter und führt selten zum Erfolg. - Don't: Kontrolle
Die permanente Überwachung ist durch die Einschränkung der individuellen Arbeitsweise die größte Hürde auf dem Weg zur flexiblen Arbeit. - Don't: Arbeitsweise vorschreiben
Vorschriften zu Zeitplanung und Arbeitsweise mindern die Leistung der Mitarbeiter. - Do: Feedback
Regelmäßiges Feedback auf die geleistete Arbeit bindet Mitarbeiter auch über große Distanzen an das Team. - Do: Spielregeln definieren
Klare und transparente Regeln vermeiden Missverständnisse und erleichtern den Arbeitsalltag. - Do: Vertrauen
Anwesenheit ist nicht gleich Produktivität. Flexibles Arbeiten heißt vor allem, Mitarbeitern zu vertrauen. - Do: Regelmäßige Meetings
Nur der enge Austausch im Team sorgt für einen reibungslosen Ablauf und ein positives Arbeitsumfeld. - Do: Investitionen
Investitionen in Technik und Support garantieren eine sichere Verwaltung und den Zugriff von jedem beliebigen Ort.
Neben der technischen Urteilskraft und dem Engagement für das Business braucht ein zeitgemäßer CIO auch Fingerspitzengefühl in Sachen Mitarbeiterführung. Umso mehr als die IT der zwei Geschwindigkeiten (bimodale IT) zu einer Zweiklassengesellschaft in der Unternehmens-IT führen könnte: Die langjährigen Mitarbeiter erledigen die oft zeitraubenden Routineaufgaben, während die Newcomer davon befreit ihre Kreativität ausleben dürfen. Um diese Spaltung zu vermeiden, empfiehlt Gartner dringend, beide Gruppen in einer Organisation mit einer gemeinsamen Führung zusammenzufassen.