Cloud oder on Premise?

Für und Wider von CRM on Demand

13.01.2014
Von 
Wolfgang Schwetz ist des Inhaber des CRM-Beratungshauses schwetz consulting in Karlsruhe. Darüber hinaus ist er als Mitglied im CRM-Expertenrat tätig und fungiert als Herausgeber des CRM-Marktspiegels.
In den meisten deutschen Betrieben gilt in Sachen Customer-Relationship-Management (CRM) noch immer der Grundsatz: Besser Eigenbetrieb als CRM on Demand. Seit 2008 ist die Nachfrage nach CRM aus der Cloud nur unwesentlich gestiegen. In der Tat gibt es Argumente gegen on Demand, aber auch gute Gründe dafür. Welche, lesen Sie hier.

CRM on Demand liegt seit mehr als zehn Jahren im Trend, gleichwohl im Lauf der Jahre mit unterschiedlichen Bezeichnungen. Es begann mit Application-Service-Providing (ASP), gefolgt von Software on Demand, Software as a Service (SaaS) und zuletzt Cloud Computing (siehe Glossar). Die Begeisterung der Amerikaner für CRM on Demand, angeführt vom globalen CRM-Anbieter Salesforce, fehlt im deutschsprachigen Raum nach wie vor. Der Grund: Manager sind immer noch um den Schutz der Kundendaten besorgt. Die aktuellen Abhörskandale haben die Skeptiker hierzulande bestärkt.

Egal, ob nun SaaS, on Demand oder Cloud Computing genannt, so richtig ist die Auslagerung von Softwareanwendungen für das Kundenbeziehungs-Management auf fremde Rechenzentren sowie der Aufruf über einen Internet-Browser in den Unternehmen noch nicht angekommen, vor allem im Mittelstand. Verglichen mit 2008 hat sich die Situation zugunsten der Cloud-Technik zwar gebessert, aber nur marginal. Damals hatten sich bei einer Befragung über geplante CRM-Einführungen noch 70 Prozent für eine Inhouse-Lösung und nur zehn Prozent für eine On-Demand-Lösung ausgesprochen. Einer aktuellen Studie von Techconsult zufolge halten heute 15 Prozent der Befragten den Einsatz von Cloud Computing in Sachen CRM für sehr nützlich. Allerdings ist die Mehrheit (53 Prozent) von Cloud Computing nicht überzeugt.

Dieser Trend wird auch durch eine aktuelle Umfrage der Plattform zur Softwareauswahl IT-Matchmaker untermauert. Aus ihr geht hervor, dass sich nur 15,2 Prozent der Unternehmen für eine CRM-Software entscheiden, die auf SaaS als Betriebsmodell basiert.

Das SaaS-Betriebsmodell ist bei Anwendern vor allem dann gern gesehen, wenn es um das Projekt-Management oder um After-Sales-Aufgaben geht.
Das SaaS-Betriebsmodell ist bei Anwendern vor allem dann gern gesehen, wenn es um das Projekt-Management oder um After-Sales-Aufgaben geht.
Foto: IT-Matchmaker

Bei Betrachtung dieser Zahlen kommt auch für die Zukunft kein Optimismus auf. Auch dann nicht, wenn zum Beispiel SAP immer wieder betont, massiv auf Cloud Computing zu setzen.

Bescheidenes Cloud-Angebot der CRM-Hersteller

Ein Blick auf das Angebot der CRM-Softwarehersteller am deutschen Markt bestätigt auch auf Anbieterseite die Zurückhaltung gegenüber Cloud Computing. Die aktuelle und jährliche erfolgende Erhebung zur Neuauflage des CRM-Marktspiegels durch den Portalbetreiber Trovarit AG ergab, dass in Deutschland derzeit rund 140 CRM-Hersteller mit rund 160 CRM-Systemen um Kunden kämpfen. Auffallend ist, dass nur neun der CRM-Systeme, also nur rund sechs Prozent, ausschließlich als SaaS- beziehungsweise Cloud-Lösung zu erwerben sind.

Etwa die Hälfte der CRM-Lösungen wird als On-Premise- und Cloud-Lösung angeboten. Hier scheinen die Anbieter auf Nummer sicher gehen zu wollen. Nach wie vor vermarkten rund 45 Prozent der CRM-Anbieter ihre Software ausschließlich als On-Premise-Produkt, sprich ohne Cloud-Angebot.

Das Angebot an CRM-Systemen nach unterschiedlichen Betriebsmodellen: Nur sechs Prozent der Hersteller vertreiben ihre Produkte ausschließlich als SaaS-Lösung.
Das Angebot an CRM-Systemen nach unterschiedlichen Betriebsmodellen: Nur sechs Prozent der Hersteller vertreiben ihre Produkte ausschließlich als SaaS-Lösung.
Foto: Trovarit

Salesforce, der weltweite CRM-Marktführer, verweist international zwar auf ein zweistelliges Wachstum, verschweigt aber Details seiner deutschen Bilanz. Auffallend ist ferner, dass selbst führende und langjährige CRM-Anbieter, die in ihrer Werbung ausschließlich von Web-Lösungen sprechen, in ihrer Auswahlplattform für Software sowohl Cloud- als auch On-Premise-Lösungen anbieten. Diesen Anbietern fehlt offenbar der Mut, Flagge zu zeigen.

Bezüglich des Funktionsumfangs der CRM-Software konnten keine gravierenden Unterschiede zwischen den On-Premise- und On-Demand-Angeboten festgestellt werden. Folglich scheint es auch nicht an der fehlenden Funktionalität zu liegen.

Für die Zurückhaltung in Deutschland hinsichtlich CRM-Cloud-Lösungen gibt es mehrere Gründe. Die ablehnende Haltung zur Auslagerung von Software und Daten beruht vor allem auf folgenden Bedenken:

• Abhängigkeit von externen Dienstleistern,

• mangelnde Transparenz bezüglich des Orts der Datenhaltung,

• fehlende Wirtschaftlichkeit sowie

• keine ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen.

Offenbar bezweifeln die Anwender die Cloud-Modelle der Anbieter in mehrfacher Hinsicht. In der Folge sollen sowohl negative wie auch positive Argumente näher untersucht werden.

1. Internet nicht überall verfügbar

Noch immer gibt es regionale Einschränkungen bezüglich des Internet-Zugangs sowie restriktive Einsatzbedingungen im Vertriebsaußendienst, die einen Online-Zugriff unterwegs nicht gestatten. Zur Überbrückung von Ausnahmesituationen für einen Online-Zugriff müssen dann aufwendige Offline-Versionen mit Datenreplikationsautomatik entwickelt werden. Inzwischen sind führende CRM-Anbieter wie Update, ITML, Pisa und SAP allerdings in der Lage, von ihrer Cloud-Lösung in den Offline-Modus zu wechseln und Daten zu replizieren.

2. Datenschutz nach deutschem Recht

Eine weitere Einschränkung liegt in der Intransparenz, ob vom Anbieter die deutschen Datenschutzvorschriften eingehalten und wo die ausgelagerten Daten gespeichert werden.

Das Thema Datenschutz ist bei CRM im Allgemeinen und im Zusammenhang mit Cloud Computing im Besonderen hochaktuell. Deswegen gehört der Datenschutz auch zu den CRM-Trendthemen. Mit der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der EU-Verordnung zum Datenschutz wurden die Grundlagen geschaffen, dass auf Sicherheit der Daten ein stärkeres Augenmerk gerichtet wird und Cloud-Anwendungen mehr Befürworter bekommen.

Cloud Computing ist gemäß dem BDSG als Auftragsdatenverarbeitung zu behandeln. Außerhalb der EU gelten allerdings andere Bedingungen. Cloud-Experten empfehlen deshalb, dass der Server, auf dem die im CRM-System gespeicherten Daten lagern, nicht außerhalb der EU betrieben werden sollte. Aus Datenschutzgründen ist der Standort Deutschland natürlich am besten. Allerdings, und das ist der Knackpunkt, erhalten Interessenten vom Anbieter dazu oft keine verbindlichen Aussagen.

Die EU arbeitet deshalb auch an Cloud-Standards, die eine Zertifizierung der Cloud-Anbieter ermöglichen sollen. Außerdem will sie neue Vertragsmodelle zum Schutz von kleinen Unternehmen entwickeln.

Alle CRM-Hersteller mit Cloud-Angeboten verweisen zunehmend auf inländische Rechenzentren oder, wie Microsoft auf ein spezielles Vertragsmodell für Cloud-Geschäfte. Der CRM-Hersteller Update Software AG hostet zum Beispiel seine Cloud-Software im Rechenzentrum von IBM in Ehningen bei Stuttgart und kann damit alle Sicherheitsbedingungen erfüllen.

3. Wirtschaftlichkeit der Cloud-Lösung

Zweifellos liegen die Vorteile einer Auslagerung des Softwarebetriebs in der Flexibilität der Anwendung, der raschen Einführung, der leichten Skalierbarkeit und eines weltweiten Zugriffs auf eine einheitliche Software. Das erleichtert die Administration und die Wartung der Software. Startup-Unternehmen können mit der Minimalausstattung, also einem PC und Internet-Anschluss, sofort starten.

Bei der Untersuchung der Wirtschaftlichkeit schneidet Cloud Computing im Vergleich mit der Einmallizenz meist schlecht ab, solange es keine signifikanten Einsparungen durch den Wegfall von Hardware und Personal gibt. Die meisten mittelständischen Unternehmen mit funktionierender IT-Infrastruktur im eigenen Haus und mit eigenem IT-Personal erfüllen diese Bedingungen jedoch nicht.

Beispiele für erfolgreiches Cloud Computing sind bei mittelständischen Unternehmen - speziell im Finanz- und Dienstleistungssektor - zu beobachten, die zunehmend den Betrieb sowie die Wartung ihrer kompletten IT einschließlich Software auf externe Dienstleister auslagern, ohne von Cloud Computing zu sprechen. Die IT-Dienstleister übernehmen dabei nicht nur den Betrieb der Softwareanwendungen, sondern auch die Wartung und Programmieraufgaben. Diese Konstellationen erfüllen gute Voraussetzungen für eine zufriedenstellende Wirtschaftlichkeit von Cloud-Anwendungen. Vor allem lassen sich externe IT-Leistungen leichter an wechselnde Bedingungen anpassen als starre IT-Infrastrukturen (Skalierung). Flexible Vertragsbedingungen vorausgesetzt, können die laufenden Kosten kurzfristig an geänderte IT-Strukturen und saisonale Personalschwankungen bei den Anwendern angepasst werden.

Deshalb sollte bei Entscheidungen über Cloud-Anwendungen immer eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorgenommen werden. In einer TCO-Analyse sollen die laufenden Kosten aller Komponenten einschließlich der Programmierung sowie die Kosten für Wartung und Schulung einbezogen werden. Liegen die Ausgaben für eine Cloud-Lösung über drei bis fünf Jahre gerechnet günstiger als bei einer Einmallizenz inklusive der jährlichen Wartungskosten bei einer Inhouse-Einführung, kann zumindest der Controller grünes Licht signalisieren.

4. Schnittstellen und Integration in die Softwarelandschaft

Neben individuellen Schwächen einzelner Softwarepakete werden bei SaaS-Anwendungen vor allem die Anbindung der ERP-Software und anderer Software als kritisch betrachtet. Schließlich laufen diese Systeme im Inhouse-Betrieb seit Jahren problemlos. Ebenso lassen sich Cloud-Lösungen nicht an individuelle Anforderungen anpassen wie im Eigenbetrieb gewohnt, sondern . höchstens mit entsprechend hohem Aufwand.

5. Vorteile Cloud-Lösung in Administration und Sicherheit

Pluspunkte sammelt Cloud Computing allerdings bei der Systemadministration, der Wartung und der Release-Pflege. Hier müssen die Anwender nicht unter Systemausfällen durch das Einspielen eines neuen Release leiden. Ein Release-Wechsel findet zeitgleich für alle Anwender weltweit auf dem Server des Rechenzentrums statt. Alle Anwender greifen permanent global auf dieselbe Software zu. Auch wenn Anwender die Tatsache gerne ignorieren, kann Cloud Computing durch eine bessere Datensicherheit, also die professionelle Sicherheit des IT-Betriebs im Rechenzentrum, Vorteile für sich verbuchen.

6. Mit neuen Anwendungen in die Cloud

Es muss nicht immer alles in die Cloud verlagert werden. Bei einem Hybrideinsatz der Software durch eine teilweise Auslagerung von speziellen Anwendungen wie zum Beispiel E-Mail-Marketing werden die Ergebnisse der ausgelagerten Cloud-Anwendung regelmäßig mit der Kundendatenbank im eigenen Rechenzentrum ausgetauscht. Das rechnet sich meist, da neben der Software auch noch das Know-how der externen Experten eingekauft und im eigenen Haus eingespart wird.

7. Kein Ballast mit der IT-Infrastruktur

Den größten Nutzen verzeichnen kleine und mittlere Unternehmen mit einem sehr kleinen Anforderungskatalog, die ohne IT-Spezialisten und eigene Hardwareinfrastruktur nach geeigneten CRM-Lösungen suchen. Hier können die meisten Pluspunkte für eine Cloud-Entscheidung gefunden werden, nämlich keine zusätzlichen Investitionen für Hardware und IT-Personal sowie kurze Einführungszeiten und ein geringer Implementierungsaufwand.

Die Anforderungen der Anwender entscheiden

Nach einer Umfrage unter mehr als tausend Softwareanwendern hat sich eine Liste von wichtigen Kriterien für die Softwareauswahl herauskristallisiert, die auch für CRM gelten.

Demnach legen die Anwender höchsten Wert auf die Erfüllung der geforderten Funktionen. Darüber hinaus wünscht sich die Mehrheit der Befragten aus dem Bereich kleiner und mittelständischer Unternehmen günstige Anschaffungs- und Betriebskosten. Eine Forderung nach Cloud Computing wird so direkt nicht gestellt. Darauf kann auch nicht aus anderen Kriterien wie moderne Technologie geschlossen werden. Der Wunsch der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst oder der Kundendiensttechniker, unterwegs ständig Zugriff auf aktuelle Daten von Kunden, Produkten oder Aufträgen zu haben, kann sowohl mit einer Cloud-Lösung als auch on Premise erfolgreich umgesetzt werden.

Den Vorteilen von Cloud Computing, nämlich einfachere IT-Administration, Einsparungen beim Personal, Skalierbarkeit und professionelle Datensicherheit, stehen zumindest heute bedeutende Nachteile gegenüber wie gesetzlicher Datenschutz, Abhängigkeit, Integration in bestehende Anwendungen, fehlender Internet-Zugang und Wirtschaftlichkeit. Eine auf Zukunft ausgerichtete Entscheidung muss im Idealfall all diese Kriterien positiv bewerten. (pg)

Glossar

• ASP: Application-Service-Providing. Dabei wird die Software in der Regel nicht durch einmaligen Lizenzkauf erworben, sondern gemietet. Der Dienstleister stellt die Software über ein Datennetz meist über einen Mietvertrag zur Verfügung.

• Software on Demand: Software nach Bedarf, das heißt, dass der Kunde die Software außer Haus betreiben lässt und für Verbrauch und Zeit bezahlt.

SaaS: Software as a Service bedeutet, dass der Benutzer die Software über einen Dienstleister im Internet bezieht.

Cloud Computing: Die Software wird bei einem externen Anbieter betrieben und gemietet. Dabei entfallen eigene Aufwendungen für IT-Infrastruktur, Hardware und Personal. Der Anwender ruft die Software über einen Internet-Browser auf.