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Fraport-CIO Standhaft stellt die IT neu auf

28.10.2022
Von 
Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs "CIO des Jahres". Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Die IT wird demokratischer - und die Zusammenarbeit mit dem Business enger, erwartet Wolfgang Standhaft, CIO des Flughafenbetreibers Fraport.
"Die Citizen Developer von heute sind die Excel-Spezialisten von früher", sagt Wolfgang Standhaft, CIO der Fraport AG.
"Die Citizen Developer von heute sind die Excel-Spezialisten von früher", sagt Wolfgang Standhaft, CIO der Fraport AG.
Foto: Kobaltblau

Der CIO der Fraport AG will die hierarchisch geprägte IT neu aufstellen und setzt dabei auf vier Handlungsfelder: "Auf der einen Seite schulen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intensiv und positionieren sie mehr crossfunktional und näher am Business. Außerdem wollen wir eine 'Open-Minded-Kultur' etablieren." Der vierte Punkt betreffe die IT-Strategie selbst: "Die Systeme sind zwar heute performant, können aber weiterhin optimiert und erneuert werden."

Standhaft, seit Januar 2019 CIO der Fraport AG, erklärte im Rahmen einer qualitativen Studie der Managementberatung Kobaltblau, wie er sich die künftige Zusammenarbeit von Business und IT vorstellt. Er will dazu unter anderem BizDevOps-Teams aufbauen, sprich "Organisationen, in denen Teile von Bereichen - beispielsweise Operations oder Reporting - räumlich mit dem Konsumenten der Leistung zusammengeführt werden." Ein Beispiel: Das Team aus dem Bereich Aviation, das das Vorfeld mit den Flugzeugen und die Terminals betreibt, treffe sich regelmäßig mit den IT-Spezialisten für Aviation-Systeme oder operatives Reporting.

"Durch die engere Kooperation lassen sich schnellere, agilere Projektvorgehensweisen und Projektmethoden im täglichen Doing stärker verankern", so der Manager. "Dadurch werden Alltagsgeschäft, Sprints in agilen Projekten und auch das Miteinander räumlich zusammengefasst und die Zusammenarbeit über den klassischen Schreibtisch hinweg verbessert." Fraport hat zudem eine "Digitalfabrik" aufgebaut, die zwar außerhalb der IT-Organisation angesiedelt ist, aber mit dieser zusammenarbeitet. Sie soll vor allem nach vielversprechenden Lösungen von Startups und innovativen Unternehmen suchen.

Eine komplette Verschmelzung von IT und Business, wie sie von einigen ITK-Experten propagiert wird, ist für den CIO derzeit aber keine Option: "Zunächst sollen Hürden im Kopf abgebaut, aber Abrisskanten vermieden werden." Die im BizDevOps Team integrierten IT-Teams blieben Bestandteil der Konzern- beziehungsweise der Unternehmens-IT. Standhaft: "Für mich ist es wichtig, dass man in dieser Phase ein gutes Orientierungsvermögen hat und ein Gefühl dafür entwickelt, was IT in ihrer Gänze bedeutet und wo sie welchen Zweck im Geschäftsprozess erfüllen kann."

Für virtuelle Teams spricht aus Sicht des CIO vor allem das breite Spektrum der Geschäftsfelder. Als Flughafenbetreiber ist Fraport nicht nur für den sicheren Betrieb des Vorfelds sowie der Terminals zuständig, sondern agiert auch als Abfertigungsdienstleister, Retail-Betreiber, Parkraumbewirtschafter, Immobiliengesellschaft und Instandhalter der gesamten Infrastruktur. Am Standort Frankfurt beschäftigt der Fraport-Konzern etwa 20.000 Menschen.

Cloud-Migration und Citizen Developer

Ein größeres Programm der Hessen beschäftigt sich mit der "Reise in die Cloud", berichtet der CIO. "Wir stellen als eines der ersten betriebskritischen Systeme in der Reporting-Landschaft eine große, teilweise selbstentwickelte und on premise betriebene Landschaft auf Cloud um." Der Rollout von Microsoft 365 setze weitere Leitplanken. Standhaft: "Das schließt aber auch explizit andere Komponenten ein: Die Datentöpfe der verschiedenen Bereiche werden herausgelöst, konsistent, homogen. Und jeder Berechtigte kann darauf zugreifen. Gesteuert wird dieser Prozess durch eine Daten- und Analytics-Strategie."

Zum Problem der Schatten-IT und der Rolle von Citizen Developern hat Standhaft eine klare Meinung: "Die Citizen Developer von heute sind die Excel-Spezialisten von früher. Die gab und gibt es immer." Mit dem Schritt in die Cloud und der Verlagerung der Datentöpfe stelle man jedoch sicher, dass die Citizen Developer auf diese zugreifen. "Unter unserer Guidance und Schulung können sie dann ihre Lösungen aufbauen - unter Einhaltung der IT-Governance."

Eine Voraussetzung dafür sei, dass angehende Experten die richtigen Schulungen erhielten und zertifiziert sind: "Das erhöht die Demokratisierung und die Freiheitsgrade in den Fachbereichen. Hierzu haben wir im Rahmen der Daten- und Analytics-Strategie eine Data-Governance verabschiedet und setzen ein Data-Literacy Projekt um."