Fokus SAP: Wann Freelancer rentabel sind

Festanstellung oder Freiberufler?

21.06.2017
Von 
Freddy Staudt ist Geschäftsführer der Web&Tech PR GmbH in Puchheim.
Die Nachfrage für hochqualifizierte SAP-Kräfte ist ungebrochen. Trotzdem wollen viele Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen die Arbeitsverhältnisse mit Freelancern reduzieren. Dies kann sinnvoll sein, bei manchen Positionen ist es jedoch durchaus empfehlenswert, weiterhin auf Freiberufler zu setzen.
  • SAP-Spezialisten in Festanstellung sind schwer zu finden.
  • Das Gehaltsniveau bei externen SAP-Fachkräften liegt deutlich höher als bei fest angestellten Mitarbeitern.
  • IT-Spezialisten mit mehreren Jahren Berufserfahrung können sich ihren Job oft aussuchen.

Den passenden SAP-Spezialisten zu finden, ist für Unternehmen häufig mit einer aufwendigen Personalsuche verknüpft. Insbesondere dann, wenn aus ökonomischen Beweggründen die Position in Festanstellung ausgeschrieben wird. Was Abteilungsleiter zu Beginn eines Recruiting-Prozesses dabei oft unterschätzen: Angesichts des gegenwärtigen Fachkräftemangels bleiben einige Stellen auch nach ein oder zwei Jahren unbesetzt, wodurch erhebliche Kosten für den Betrieb entstehen. So kann eine Vakanz die Firmenentwicklung behindern oder die Durchführung geplanter Projekte beeinträchtigen, und die Lücke muss gegebenenfalls während der langwierigen Suche nach einem geeigneten Mitarbeiter provisorisch geschlossen werden.

Externe SAP-Spezialisten sind teuer. Dennoch kann sich ihr Einsatz rechnen.
Externe SAP-Spezialisten sind teuer. Dennoch kann sich ihr Einsatz rechnen.
Foto: Georgejmclittle - shutterstock.com

Investition in die freie Auswahl

Das Gehaltsniveau bei externen SAP-Fachkräften liegt zwar deutlich höher als bei Mitarbeitern in Festanstellung, Freiberufler bieten jedoch besondere Vorteile, die in einigen Fällen essenziell sind. Thomas Biber, Geschäftsführer der auf den SAP-Arbeitsmarkt spezialisierten Personalberatung Biber & Associates, sagt: "Gerade, wenn eine Position zügig besetzt werden muss, da ansonsten unternehmenskritische Prozesse wie Finanzbuchhaltung oder Kundenverwaltung beeinträchtigt werden oder Produktivitätseinbußen zu befürchten sind, bietet die Flexibilität qualifizierter Freelancer einen deutlichen Zeit- und damit Kostenvorteil."

Auch für die Besetzung hochspezialisierter oder ungewöhnlicher Profile mit Anforderungen wie Extended Warehouse Management (EWM), Human Capital Management Payroll (HCM PY) oder Retail (IS-R) sind geeignete Fachkräfte für eine Position in Festanstellung rar, da passende Bewerber oft nur schwer von ihren aktuellen Arbeitgebern abzuwerben sind. Ebenso benötigen mittelständische Unternehmen häufig Mischprofile, beispielsweise bestehend aus Kenntnissen in SAP Basis, Modulbetreuung und Entwicklung. Solche Kombinationen sind selten bei IT-Experten in Festanstellung zu finden. Schwer aufzuspüren sind oft auch Experten mit branchenspezifischem Spezialwissen etwa über Sales & Distribution (SAP SD), wenn gleichzeitig Branchenerfahrung zum Beispiel im Bereich Automotive sowie Just-in-Sequence- und Just-in-Time-Produktion und -Belieferung verlangt ist. Bei Freelancern findet man in all diesen Fällen oft schneller eine seltene Kombination von Fertigkeiten und Erfahrungen.

Standort kann zur Herausforderung werden

Beschränkt sich ein Unternehmen ausschließlich auf Bewerber für eine Position in Festanstellung, kann auch der Standortfaktor ein Hindernis darstellen, zeitnah den passenden SAP-Spezialisten zu finden. Liegt der Firmensitz auf der "grünen Wiese", wird die Auswahl der Bewerber gering sein, ebenso die Wahrscheinlichkeit, dass geeignete Fachkräfte einen Umzug in Kauf nehmen. Auch ein Standort nahe der Schweizer Grenze kann zum Konkurrenzproblem werden, da die Gehälter für SAP-Fachkräfte in der Schweiz deutlich höher ausfallen als in Deutschland. Problematisch sind zudem bestimmte Ballungsgebiete wie etwa der Raum Stuttgart, in denen der Bewerbermarkt besonders herausfordernd ist.

Sollte am Unternehmensstandort der Bewerbermarkt im Bereich Festanstellung durch vorangegangene Fehler im Recruiting-Prozess "verbrannt" sein, ist es darüber hinaus oft sinnvoll, die Stelle vorläufig unbesetzt zu lassen, mit Freelancern zu arbeiten und nach ein bis zwei Jahren die Suche neu zu beginnen. IT-Spezialisten mit mehreren Jahren Berufserfahrung können sich oft ihren Job aussuchen, daher müssen Unternehmen abgestimmt vorgehen, Vorstellungsgespräche gut vorbereiten, und dürfen sich keine Kommunikationspannen leisten.

Nicht am falschen Ende sparen

All die genannten Fälle können in der Regel jedoch sehr gut und relativ schnell mit Freelancern abgedeckt werden. Denn hier gibt es deutlich mehr Bewegung auf dem Markt. Da freie SAP-Fachkräfte in Projekten arbeiten, sind sie nach deren Abschluss konkret auf der Suche, anders als ihre Kollegen in Festanstellung, die immer erst aus einem anderen Arbeitsverhältnis rekrutiert werden müssen.

In diesem Bereich sondierten viele gute Kandidaten vorsichtig, da sie nicht zwingend wechseln müssten, weiß Biber. "Zusätzlich gibt es im Bewerbungsprozess auf beiden Seiten zahlreiche Hürden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer treffen eine Entscheidung von wesentlich dauerhafterem Charakter, deshalb überlegen es sich beide Parteien zweimal, ob sie zusammenkommen. Sehr gute und proaktive Kandidaten verdienen zudem als Freelancer besser. Gerade die besten bleiben deshalb dauerhaft im Freelancer-Bereich, weil es sich für sie lohnt."

Die Wahl, eine Position in Festanstellung auszuschreiben, ist daher nicht in allen Fällen die wirtschaftlich bessere. Mit qualifizierten Freelancern lassen sich Vakanzen, die die Unternehmensentwicklung gefährden, schnell beseitigen. Die unternehmerische Entscheidung, auf Spezialwissen und Projekterfahrung freiberuflicher Fachkräfte zu setzen, macht sich am Ende für beide Seiten bezahlt. (pg)