Den passenden SAP-Spezialisten zu finden, ist für Unternehmen häufig mit einer aufwendigen Personalsuche verknüpft. Insbesondere dann, wenn aus ökonomischen Beweggründen die Position in Festanstellung ausgeschrieben wird. Was Abteilungsleiter zu Beginn eines Recruiting-Prozesses dabei oft unterschätzen: Angesichts des gegenwärtigen Fachkräftemangels bleiben einige Stellen auch nach ein oder zwei Jahren unbesetzt, wodurch erhebliche Kosten für den Betrieb entstehen. So kann eine Vakanz die Firmenentwicklung behindern oder die Durchführung geplanter Projekte beeinträchtigen, und die Lücke muss gegebenenfalls während der langwierigen Suche nach einem geeigneten Mitarbeiter provisorisch geschlossen werden.
Investition in die freie Auswahl
Das Gehaltsniveau bei externen SAP-Fachkräften liegt zwar deutlich höher als bei Mitarbeitern in Festanstellung, Freiberufler bieten jedoch besondere Vorteile, die in einigen Fällen essenziell sind. Thomas Biber, Geschäftsführer der auf den SAP-Arbeitsmarkt spezialisierten Personalberatung Biber & Associates, sagt: "Gerade, wenn eine Position zügig besetzt werden muss, da ansonsten unternehmenskritische Prozesse wie Finanzbuchhaltung oder Kundenverwaltung beeinträchtigt werden oder Produktivitätseinbußen zu befürchten sind, bietet die Flexibilität qualifizierter Freelancer einen deutlichen Zeit- und damit Kostenvorteil."
Auch für die Besetzung hochspezialisierter oder ungewöhnlicher Profile mit Anforderungen wie Extended Warehouse Management (EWM), Human Capital Management Payroll (HCM PY) oder Retail (IS-R) sind geeignete Fachkräfte für eine Position in Festanstellung rar, da passende Bewerber oft nur schwer von ihren aktuellen Arbeitgebern abzuwerben sind. Ebenso benötigen mittelständische Unternehmen häufig Mischprofile, beispielsweise bestehend aus Kenntnissen in SAP Basis, Modulbetreuung und Entwicklung. Solche Kombinationen sind selten bei IT-Experten in Festanstellung zu finden. Schwer aufzuspüren sind oft auch Experten mit branchenspezifischem Spezialwissen etwa über Sales & Distribution (SAP SD), wenn gleichzeitig Branchenerfahrung zum Beispiel im Bereich Automotive sowie Just-in-Sequence- und Just-in-Time-Produktion und -Belieferung verlangt ist. Bei Freelancern findet man in all diesen Fällen oft schneller eine seltene Kombination von Fertigkeiten und Erfahrungen.
Standort kann zur Herausforderung werden
Beschränkt sich ein Unternehmen ausschließlich auf Bewerber für eine Position in Festanstellung, kann auch der Standortfaktor ein Hindernis darstellen, zeitnah den passenden SAP-Spezialisten zu finden. Liegt der Firmensitz auf der "grünen Wiese", wird die Auswahl der Bewerber gering sein, ebenso die Wahrscheinlichkeit, dass geeignete Fachkräfte einen Umzug in Kauf nehmen. Auch ein Standort nahe der Schweizer Grenze kann zum Konkurrenzproblem werden, da die Gehälter für SAP-Fachkräfte in der Schweiz deutlich höher ausfallen als in Deutschland. Problematisch sind zudem bestimmte Ballungsgebiete wie etwa der Raum Stuttgart, in denen der Bewerbermarkt besonders herausfordernd ist.
- Selbstständig oder Zeitarbeit? Was Freiberufler beachten müssen.
Seit April 2017 können sich Auftraggeber nicht mehr vor juristischen Folgen in Sachen Scheinselbstständigkeit schützen, indem sie Selbstständige über eine Vermittlungsagentur buchen. Unternehmen versuchen deshalb verstärkt, Freelancern eine Beauftragung in Zeitarbeit anbieten. Vor einen Wechsel in die Festanstellung sollten Freiberufler jedoch folgende Punkte bedenken. - Weisungsrecht vergegenwärtigen
Als Zeitarbeiter unterliegt der dann "Nicht-Mehr-Selbstständige" dem Weisungsrecht des Arbeitgebers auf Zeit. Dessen Anordnungen ist Folge zu leisten. Er muss sich zum Beispiel Urlaub genehmigen lassen und auch sonstigen Regeln folgen. - Gehalt kalkulieren
Gehaltsforderungen müssen gut überlegt sein. Berücksichtigt werden sollte, dass bei einem Angestellten Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung fällig werden. Außerdem sind Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaube sowie Feiertage zu berücksichtigen. Der Auftraggeber zahlt somit einen Aufschlag von 90 bis 110 Prozent auf das Gehalt des Zeitarbeiters. Da der Zeitarbeiter damit deutlich mehr verdient als vergleichbare Angestellte, dürfte das Auftragsverhältnis nach neun Monaten beendet werden, weil ansonsten die Equal-Pay-Regelung greift. - Verträge kündigen
Versicherungsverträge, die für die Selbstständigkeit abgeschlossen wurden, müssen gekündigt werden. Kündigungsfristen sind einzuhalten. Fällt das Gehalt unter die Beitragsbemessungsgrenze, muss sich der Zeitarbeiter in der gesetzlichen Krankenkasse versichern. Die private Krankenversicherung kann er kündigen, womit die Altersrückstellung allerdings hinfällig wäre. Sie kann aber auch auf eine kostenpflichtige Anwartschaft umgestellt werden. - Steuerliche Faktoren bedenken
Steuerlich werden Selbstständige und Angestellte unterschiedlich behandelt. Für Zeitarbeiter entfällt der Abzug der Vorsteuer, und es können nicht mehr alle Kosten steuerlich geltend gemacht werden. Abschreibungen, die das Einkommen reduzieren, entfallen. - Altersvorsorge planen
Die meisten Selbstständigen haben eine private Altersvorsorge. Diese lässt sich in der Regel nicht von heute auf morgen aussetzen. Die Kosten laufen also weiter, während gleichzeitig in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird. Diese Doppelbelastung muss unbedingt beachtet und eingeplant werden. - Flexibilität sichern
Selbstständige können ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort zumindest theoretisch selbst bestimmen. Selbstständige können ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort zumindest theoretisch selbst bestimmen. Als Angestellter ist das nicht mehr möglich. - Vertragsverhandlungen gut vorbereiten
Es empfiehlt sich, vor der Vertragsunterzeichnung die verschiedenen Konsequenzen zu prüfen. Damit stehen die Chancen am besten, die eigenen Vorstellungen realisieren zu können. Handeln Sie flexible Arbeitszeiten sowie die Möglichkeit, im Home Office zu arbeiten, aus. Dabei sollten Selbstständige und Auftraggeber die Zusammenarbeit so gestalten, dass sie der Deutschen Rentenversicherung keine Argumente für Scheinselbstständigkeit liefern. - Zusammenarbeit neu gestalten
Sprechen Sie mit dem Auftraggeber über die Konsequenzen, die Sie als Zeitarbeitnehmer treffen würden. Prüfen Sie dabei die Kriterien für eine Scheinselbstständigkeit genau und gestalten Sie die Zusammenarbeit gegebenfalls neu.
Sollte am Unternehmensstandort der Bewerbermarkt im Bereich Festanstellung durch vorangegangene Fehler im Recruiting-Prozess "verbrannt" sein, ist es darüber hinaus oft sinnvoll, die Stelle vorläufig unbesetzt zu lassen, mit Freelancern zu arbeiten und nach ein bis zwei Jahren die Suche neu zu beginnen. IT-Spezialisten mit mehreren Jahren Berufserfahrung können sich oft ihren Job aussuchen, daher müssen Unternehmen abgestimmt vorgehen, Vorstellungsgespräche gut vorbereiten, und dürfen sich keine Kommunikationspannen leisten.
Nicht am falschen Ende sparen
All die genannten Fälle können in der Regel jedoch sehr gut und relativ schnell mit Freelancern abgedeckt werden. Denn hier gibt es deutlich mehr Bewegung auf dem Markt. Da freie SAP-Fachkräfte in Projekten arbeiten, sind sie nach deren Abschluss konkret auf der Suche, anders als ihre Kollegen in Festanstellung, die immer erst aus einem anderen Arbeitsverhältnis rekrutiert werden müssen.
In diesem Bereich sondierten viele gute Kandidaten vorsichtig, da sie nicht zwingend wechseln müssten, weiß Biber. "Zusätzlich gibt es im Bewerbungsprozess auf beiden Seiten zahlreiche Hürden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer treffen eine Entscheidung von wesentlich dauerhafterem Charakter, deshalb überlegen es sich beide Parteien zweimal, ob sie zusammenkommen. Sehr gute und proaktive Kandidaten verdienen zudem als Freelancer besser. Gerade die besten bleiben deshalb dauerhaft im Freelancer-Bereich, weil es sich für sie lohnt."
Die Wahl, eine Position in Festanstellung auszuschreiben, ist daher nicht in allen Fällen die wirtschaftlich bessere. Mit qualifizierten Freelancern lassen sich Vakanzen, die die Unternehmensentwicklung gefährden, schnell beseitigen. Die unternehmerische Entscheidung, auf Spezialwissen und Projekterfahrung freiberuflicher Fachkräfte zu setzen, macht sich am Ende für beide Seiten bezahlt. (pg)