Das Ausbildungsjahr in Deutschland hat begonnen, aber nicht wenige Unternehmen in der IT-Branche sind mit ihren Azubis unzufrieden. Die Gründe:
zu wenig Kandidaten,
unzureichendes Know-how,
fehlende Soft-Skills.
Geeignete Bewerber mit Berufserfahrung sind rar. Daher stellen sich für Betriebe folgende Fragen: Sollen sie in die neue Generation der Beschäftigten investieren? Lohnen sich die hohen Ausbildungskosten vor allem für kleinere Betriebe? Sind die voll ausgebildeten Mitarbeiter nach drei Jahren wieder weg?
Abwarten und Däumchen drehen sind mit Sicherheit keine Lösungen für den Fachkräftemangel in der IT. Diesen Fehler machen aber viele Unternehmen, zum einen aus Unkenntnis, wie sie zu einem attraktiven Arbeitgeber werden, zum anderen aus Sorge, dass sich die Investitionen in Auszubildende für den Betrieb nicht rentieren. Viele Firmen haben bei der Suche nach neuen Mitarbeitern Scheuklappen auf. Ein Blick auf die vielen Möglichkeiten des Personalmarkts in der IT lohnt sich:
Generation Y und Z - die jungen Wilden
Die Generation Y oder Generation Z ist nicht mehr so schnell zufriedenzustellen wie deren Vorgänger. Die Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber fällt dementsprechend geringer aus. Eine der Aufgaben von Ausbildungsbetrieben ist es deshalb, ein Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen zu schaffen. Dabei helfen attraktive Rahmenbedingungen, eine gute Work-Life-Balance, angemessene Gehälter, aber auch Investitionen in ein angenehmes Arbeitsklima.
Viele Mittelständer können finanziell nicht mit Konzernen mithalten, dafür jedoch in Sachen Flexibilität punkten. Sie sollten sich daher nicht an starre Programme halten, sondern auf den einzelnen Mitarbeiter reagieren - beispielweise ein anschließendes Studium mitfinanzieren, wenn der Begünstigte nach Studienabschluss wieder zum Betrieb zurückkehrt.
Auch der Standort des Ausbildungsbetriebs ist als Faktor für die Unternehmensbindung nicht zu unterschätzen. In IT-Ballungszentren ist die Konkurrenz um Auszubildende, aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass die dann abgeworben werden, natürlich größer. Strategisch ist es also von Vorteil, Ausbildung in einer Region anzubieten, in der auch die jüngeren Leute heimatverbunden sind.
Finanziell lohnt sich die Investition in einen Auszubildenden für das Unternehmen nach rund fünf Jahren; nach drei Jahren Ausbildung sind die Kosten in der Regel bereits getilgt.
Die alten Hasen und ihr IT-Spezialwissen
Die neue Generation bringt ein technisches Hintergrundwissen mit, das in der Regel auf dem neuesten Stand ist. Java und .Net gehören zum selbstverständlichen Handwerkszeug. Doch das allein reicht nicht aus. Es gibt vor allem in Großkonzernen mehr als genug Applikationen, deren Programmiersprachen kaum noch beherrscht werden. Bei Fortran oder Cobol verstehen heutzutage viele nur noch Bahnhof - von der dahinter liegenden Logik ganz zu schweigen.
Für Unternehmen mit Legacy-Anwendungen, wie sie vor allem bei Banken und Versicherungen weit verbreitet sind, ist das Know-how der "alten Hasen" Gold wert. Die Rede ist hier von IT-Fachleuten im Alter um die sechzig Jahre, die kurz vor - oder sogar nach - der Rente zu den gefragtesten Spezialisten der Branche zählen. Das Wissen dieser Generation ist nicht nur jetzt wertvoll, es darf auch für die Zukunft nicht verloren gehen. Vor allem IT-Beratungshäuser sollten deshalb proaktiv in die Wissensweitergabe an jüngere Mitarbeiter investieren.
- Mainframe-Know-how sichern
Die alte Riege der Mainframe-Spezialisten geht in Rente. Compuware gibt Tipps, wie sich Unternehmen auf den Generationenwechsel im Mainframe vorbereiten. - Bestandsaufnahme vornehmen
Compuware rät im ersten Schritt zu einer Bestandsaufnahme von bestehenden Mainframe-Daten, -Anwendungen, -Kapazitäten, -Nutzungsszenarien und -Management-Tools. - Mitarbeiterwissen bestimmen
Ferner muss eine auf Fakten basierende Bedarfsübersicht für Mitarbeiter-Know-how mit einer realistischen Zeitleiste erstellt werden. - Mainframe-Funktionen definieren
Drittens müssen die aktuellen und geplanten Mainframe-Funktionalitäten erfasst werden. - Investitionen anpassen
Darüber hinaus ist eine Anpassung der Investitionen zur Absicherung der Mainframe-Anwendungen vorzunehmen. - Kostenkürzungen überdenken
Kurzfristige Kostenkürzungen sind aufzuschieben, falls sie langfristig negative Folgen für den Mainframe-Einsatz haben. - Nicht-Mainframe-Plattformen bewerten
Nicht zu vergessen ist laut Compuware eine realistische Einschätzung von Potentialen, Kosten und Risiken der Nicht-Mainframe-basierenden Plattformen.
Die Quereinsteiger
Für Unternehmen in der IT-Branche lohnt es sich auch, das Suchfeld zu erweitern: Klar, je fundierter das IT-Fachwissen ist, desto leichter fällt es IT-Fachkräften, sich mit der Technologie weiterzuentwickeln und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Umgekehrt gibt es aber auch Bereiche in der IT, wo gerade Quereinsteiger aus fachfremden Gebieten einen echten Mehrwert bieten können, wie zum Beispiel Betriebswirte im Vertrieb oder Statistiker in der Beratung. Das Wichtigste ist, das Kerngeschäft der Kunden verstehen zu können. Und auch kommunikative Fähigkeiten sind gefragt, denn der allzu schweigsame oder in seiner Fachsprache gefangene Programmierer, wie er dem Klischee entspricht, hat in der heutigen Berufswelt der IT keinen Platz mehr.
Die Internationalen
Nicht nur Unternehmen werden globaler, sondern auch IT-Projekte. Da liegt es auf der Hand, auch auf dem internationalen Markt nach IT-Fachkräften zu suchen. Vor allem für den Mittstand kann sich das schnell lohnen. In Osteuropa beispielsweise gibt es hervorragend ausgebildete IT-Experten. Nur einen Aspekt sollten Betriebe dabei bedenken: Viele deutsche Unternehmen, egal welcher Größenordnung, diskutieren ihre Probleme am liebsten in der Muttersprache. Englisch ist zwar die Sprache der IT, aber das Zwischenmenschliche, das in einem Beratungsprojekt einen wichtigen Teil ausmacht, funktioniert auf derselben sprachlichen und kulturellen Wellenläge besser.
Beispiel Cellent AG
Dass Tipps funktionieren können, beweist das Beispiel der Cellent AG. Das IT-Beratungshaus zählt derzeit 530 Mitarbeiter an elf Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Insgesamt werden mehr als 30 junge Mitarbeiter, darunter auch viele Hochschulabsolventen, zu IT-Spezialisten ausgebildet, insbesondere am Standort Aalen. Im Vergleich zu größeren Städten ist in Aalen die Konkurrenz durch abwerbende Firmen geringer, und die Mitarbeiter sind dort auch heimatverbundener. Jeder der rund zehn Absolventen pro Jahr, der nach der Ausbildung bei Cellent bleiben möchte, wird übernommen - vorausgesetzt, die Leistung während der Ausbildung stimmt.
Rund 15 Prozent der Mitarbeiter stammen aus dem Ausland, zirka zehn Prozent sind Quereinsteiger. Und auch die interne Wissensweitergabe ist kein reiner Vorsatz. Die erfahrenen Berater schulen die Auszubildenden und Hochschulabsolventen speziell für Legacy-Projekte. Auch Mitarbeiter, die schon seit vielen Jahren im Beruf sind, eignen sich immer wieder neues Wissen an. In Schulungen und Seminaren treffen altgediente Kollegen und Neulinge aus den unterschiedlichsten Projekten aufeinander, um sich gemeinsam in ein neues Thema einzuarbeiten. (pg)