Allein in Deutschland werden rund 32 Milliarden Rechnungen pro Jahr ausgetauscht, mehrheitlich noch immer auf Papier. Doch das soll sich ändern. Die EU-Kommission sieht vor, E-Invoicing bis 2020 als vorherrschende Fakturierungsmethode zu etablieren. Sie schätzt die Einsparungen für Unternehmen in der EU durch eine elektronische Rechnungsbearbeitung auf 64,5 Milliarden Euro pro Jahr.
Viele Unternehmen nutzen OCR-Lösungen (OCR = Optical Character Recognition), um die Daten von Papierrechnungen auszulesen und in elektronischer Form direkt an das Buchhaltungssystem weitergeben zu können. Die Papierrechnungen werden dabei zunächst gescannt, anschließend liest eine OCR-Erkennungskomponente die Rechnungsdaten aus. Diese werden dann per Workflow in den elektronischen Freigabeprozess weitergeleitet.
Dieser kosten- und zeitintensive Umweg ist jedoch überflüssig, sofern sich Sender und Empfänger auf ein komplett elektronisches Rechnungsverfahren einigen, sei es über EDI (Electronic Data Interchange), EBPP-Portale (Electronic Bill Presentment and Payment), Webportale oder viaE-Mail beziehungsweise DE-Mail.
Verschiedene Übertragungswege
Durch die Kombination aus Übertragungsweg und Datenformat gibt es mehr als ein Dutzend Lösungsansätze für Unternehmen. Welchen davon Unternehmen anwenden sollten, ist immer individuell zu prüfen. Kriterien sind dabei die Anzahl der Rechnungen, die Übertragungswege, Datenformate oder die technische Infrastruktur. Laut einer Studie des eBusiness-Lotsen Ostbayern, die das Forschungsinstitut ibi research im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) durchgeführt hat, nutzen Unternehmen heutzutage eine Vielzahl an Übertragungswegen für den Rechnungsversand, wobei ein Großteil der Firmen dies noch auf traditionelle Weise erledigt.
77 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, ihre Rechnungenauf Papier zu übermitteln, wogegen 57 Prozent der Firmen Rechnungen per E- Mail versenden. Weitere Übertragungswege stellen Telefax und EDI (jeweils 9 Prozent) sowie Webportale (6 Prozent) dar (Mehrfachnennungen waren möglich). Die Studie ergab außerdem, dass bereits jede vierte erhaltene Rechnung in elektronischer Form vorliegt.
PDF/A-Format statt OCR
Bei den elektronischen Rechnungen haben sich mehrere Rechnungsformate etabliert, wobei jedoch eine Tendenz zur einheitlichen Rechnungsstellung im Format PDF/A erkennbar ist. Trotz geringer Investitionskosten ist hierbei der Nutzen sowohl für Rechnungssteller als auch Empfänger hoch. Hinzu kommt, dass immer mehr Lieferanten auf einen Rechnungsaustausch im PDF/A-Format umstellen, oftmals weil viele ihrer Kunden aus der Wirtschaft und dem öffentlichen Sektor keine Papierrechnungen mehr akzeptieren.
PDF/A-Dateien lassen sich aus Microsoft Word oder einem ERP-Systemerzeugen und per E-Mail oder DE-Mail versenden. Das PDF/A-Format umfasst nicht nur eine Bilddatei, sondern darüber hinaus auch eine TXT-Datei. Mithilfe einfacher Zusatzprogramme können diese TXT-Dateien extrahiert und für ERP-Systeme lesbar gemacht werden. Eine manuelle Erfassung der Rechnungsdaten beziehungsweise das Auslesen der Daten mit einer OCR-Komponente entfällt komplett. Die Datenqualität liegt beim Rechnungsaustausch im PDF/A-Format bei 100 Prozent, im Vergleich zu rund 75 Prozent bei der Erfassung über OCR-Komponenten. Da die TXT-Dateien komplett in das ERP-System übernommen werden, gibt es beim Rechnungsaustausch per PDF/A weder Datenverluste noch Lesefehler.
25 Minuten eingespart
Das Bundesministerium des Innern (BMI) errechnete, dass die Bearbeitung einer Papierrechnung durchschnittlich 27 Minuten dauert. Der elektronische Austausch von Rechnungen im PDF/A-Format, die mit "Kopfdaten" für die teilautomatische Bearbeitung versehen sind, senkt den Aufwand auf rund fünf Minuten. Bei Rechnungen mit Bestellbezug reduziert sich der Aufwand sogar auf etwa zwei Minuten, wenn die Rechnung mit der Bestellung übereinstimmt.
Umstellung noch zögerlich
Obwohl die Vorteile klar auf der Hand liegen, zögern einige Unternehmen noch, ihren traditionellen papierbasierten Rechnungsaustausch umzustellen. Die erwähnte Studie von ibi research zeigt, dass viele Unternehmen das Effizienzpotential bisher noch nicht nutzen. Das zeigt sich etwa daran, wie eingehende elektronische Rechnungen weiterbearbeitet werden: 69 Prozent der befragten Unternehmen drucken die Rechnung dazu aus. Der Trend hin zur elektronischen Rechnungsbearbeitung ist jedoch nicht aufzuhalten. (haf)