Cloud, SaaS und Hosting

ERP-Lösungen aus der Cloud

06.10.2012
Von 
Daniela Hoffmann ist freie IT-Fachjournalistin in Berlin.
ERP aus der Cloud wird hierzulande noch wenig genutzt. Wir stellen Lösungen von SAP, Lexware, myfactory, weclapp, Scopevisio und Netsuite vor.

Der Markt für echte ERP-Angebote auf Cloud- oder SaaS-Basis ist in Deutschland schwer zu erschließen. Den meisten Unternehmen ist die persönliche Note ihrer Prozesse zu wichtig. Doch der Standard hat auch seine guten Seiten. Die verfügbaren Online-Lösungen bieten professionelle Software zu überschaubaren Preisen, oft zum kostenlosen Test, schnell kündbar und damit wendig genug für kleine und mittelständische Unternehmen.

ERP-Hosting auf Cloud-Infrastruktur

Nur sechs Cloud-ERP-Anbieter nennt das Marktforschungsinstitut Experton Group in seiner Studie "Cloud Vendor Benchmark 2012", wobei es sich vor allem um Angebote für kleine Unternehmen handelt. Reine Cloud-Lösungen für ERP, das zeigt der Report, sind selten: Meist handele es sich um gehostete ERP-Angebote, die auf eine Cloud-Infrastruktur aufgelegt seien, erklärt Steve Janata, einer der Autoren der Studie. "Eine exakte Standardisierung, die für alle Unternehmen die gleichen Features bietet, widerspricht meist den Anforderungen in der Praxis. ERP ist ein sehr spezialisiertes Gebiet mit individuellen Ausprägungen", meint Marktanalyst Janata. Vor allem hapere es an der Anwenderakzeptanz, sich auf weitgehende Standards einzulassen. Deshalb, so der Experte, hinke beispielsweise SAPs Business ByDesign noch immer hinter den Zielen her.

Systemhäuser ignorieren Cloud-ERP

Obwohl die untersuchten Cloud-Lösungen bedenkenlos von Unternehmen mit zehn bis zwanzig Mitarbeitern eingesetzt werden könnten, steht ein praktischer Aspekt dagegen. "Kleine Unternehmen behelfen sich oft mit Bordmitteln wie Excel und sehen häufig nicht den Nutzen, Geld für eine professionelle Lösung in die Hand zu nehmen", so Janata. Eine weitere Hürde für ERP-Cloud in Deutschland liegt dem Marktforscher zufolge in der Nähe zum Systemhaus vor Ort, das als Partner für IT-Fragen das Vertrauen genießt. "Die meisten Systemhäuser haben noch nicht gesehen, wo bei Cloud-Lösungen ihr Platz in der Wertschöpfungskette liegen könnte", erläutert der Marktbeobachter. Dennoch könnte sich, eine gewisse Offenheit vorausgesetzt, Cloud-ERP für kleine Unternehmen lohnen und zur Professionalisierung beitragen.

Im Folgenden werden sechs ERP-Cloud-Lösungen vorgestellt:

Lexware

Der Klassiker: Lexware gibt es seit 1989, damals startete das Softwarehaus mit einem Programm für optimierte Reisekostenabrechnungen, das sukzessive in Richtung Buchhaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnung und Warenwirtschaft ausgebaut wurde. Vier Jahre später übernahm die Haufe-Gruppe das Unternehmen. Die Gruppe beschäftigt rund 1300 Mitarbeiter, in 2011 erwirtschaftete Haufe gut 200 Millionen Euro. Derzeit ist das Unternehmen an neun Standorten in Deutschland vertreten, geplant ist ein internationales Wachstum.

Das Online-Angebot der kaufmännischen Komplettlösungen richtet sich nach eigenen Angaben an alle Branchen, an Freiberufler, Selbstständige und Kleinunternehmer bis 50 Mitarbeiter. Erklärtes Ziel der Lösung ist, dass Anwender nahezu ohne Vorkenntnisse sämtliche unternehmerische Aufgaben mit den Programmen erfüllen können. Zum Cloud-Angebot der Mediengruppe mit Hauptsitz in Freiburg zählen: Lohn- und Gehaltsabrechnung mit "lexlohn" für eine monatliche Grundgebühr von sechs Euro und 3,50 Euro pro Gehaltsabrechnung sowie die Lösung "eCRM" mit einem Preis von 14,99 Euro pro Benutzerlizenz in der Basisversion. Ebenfalls erhältlich ist das kostenfreie Zeit-Management, Aufträge und Rechnungen mit "lexoffice" kosten 4,90 pro Monat.

weclapp

Do it yourself: Ertan Özdil, weclapp-Geschäftsführer und -Gründer, sollte 2005 als Abteilungsleiter Systementwicklung im 3-U-Konzern, zu dem auch die weclapp GmbH gehört, Business-Lösungen von Drittanbietern einkaufen und implementieren. Weil die Kompatibilität der Anwendungen untereinander nicht überzeugte, entstand die Idee, eine eigene, Cloud-basierende Softwaresuite zu entwickeln. Rund 50 Mitarbeiter beschäftigt der Marburger Anbieter; Umsatzzahlen werden nicht genannt. Für die App-Entwicklung und Qualitätssicherung ist eine Niederlassung in Indien zuständig, iPhone- und Android-Apps werden in Kooperation mit einem Partner in Vietnam entwickelt. Auf der Agenda steht auch eine starke internationale Ausrichtung, daher gibt es die Software bereits in Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch und Türkisch. Das Angebot richtet sich branchenübergreifend an Kleinstunternehmen bis hin zu mittelständischen Betrieben mit bis zu 1000 Mitarbeitern.

Zu den Anwendungen gehören Vertrags- und Projekt-Management, Warenwirtschaft und CRM. Mit einer Helpdesk-App können interne und externe Kunden Fehler-Tickets erstellen, die zum passenden Servicemitarbeiter geleitet werden. Das Mobile-Device-Management soll helfen, alle mobilen Geräte und damit verbundene Verträge, Tarife und User zu verwalten. Weitere Geschäftsanwendungen sind in Planung. In Kürze soll eine App vorgestellt werden, die sich auf Adressverwaltung, Termine, E-Mail, Aufgaben und Kalender konzentriert. Der Anbieter verspricht Kosteneinsparungen von bis zu 70 Prozent gegenüber klassischer Software. Apps wie CRM und Projekt-Management sind in der Einstiegsversion kostenlos, die Preise für zahlungspflichtige Applikationen oder erweiterte Versionen liegen zwischen 4,95 und 49,95 Euro pro User im Monat. Bis Ende 2012 gibt es ein Suite-Bundle zum Vorzugspreis von 79,95 Euro, das alle verfügbaren Business Apps umfasst. Alle Angebote können einen Monat lang unverbindlich getestet werden, die Server stehen in Deutschland.

Scopevisio

Von Haus aus Cloud: Nachdem die Scopevisio-Gründer Jörg Haas und Rüdiger Wilbert mit einer erfolgreichen Krankenhaussoftware abgeschlossen hatten, wollten sie etwas ganz Neues machen - eine Unternehmenssoftware, die "kompromisslos benutzerfreundlich und 100 Prozent Cloud" sein sollte. Das 2007 gegründete Bonner Unternehmen, das heute 42 Mitarbeiter beschäftigt, stieg mit dem Baustein Finanzen für Buchhaltung und Analysen ein und vervollständigt nach und nach das geplante Komplettsystem. Umsatzauskünfte werden nicht erteilt.

Die Anwendungen werden online und über ein Partnernetzwerk vertrieben, größter Partner ist die Deutsche Telekom, die Scopevisio im Business Market Place vermarktet. Zielgruppe sind kleine und mittlere Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor. Aktuell stehen die Module CRM, Abrechnung (Auftragsabwicklung) und Finanzen (Buchhaltung) zur Verfügung. Ähnlich wie bei Open-Source-Lösungen haben die Bonner zwei Editionen im Angebot: Die Smart-Edition für Gründer, Freiberufler und kleine Unternehmen und die Business-Edition für kleine bis mittlere Unternehmen. Die Kosten für die Produkte der Smart-Linie belaufen sich auf jeweils 9,95 Euro pro Monat und Benutzer bei einer Laufzeit von 24 Monaten. In der Business-Edition sind es 19,95 Euro. Ergänzend wird als Dienstleistung zum Beispiel ein Buchhaltungsservice ab 59,00 Euro pro Monat angeboten, für das mit einem bundesweiten Partnernetz von Steuerberatern und Buchhaltern zusammengearbeitet wird. Weitere Services sind die Einrichtung der Software, die Vorlagenerstellung für den Anwender und anwenderorientierte Schulungen.

SAP

Der ERP-Gigant: 59.420 Menschen arbeiten weltweit für SAP, in 2011 wurden 14,26 Milliarden Euro erwirtschaftet. SAP Business ByDesign - eine SaaS-Lösung, mit deren Entwicklung der Walldorfer Hersteller sich lange schwer tat - ist in 15 Ländern erhältlich und von Preis und Funktionsumfang der "Rolls Royce" unter den ERP-Cloud-Lösungen. SAP veranschlagt einen Implementierungszeitraum von vier bis acht Wochen. Die Lösung enthält Funktionen für Compliance-Management, Financial-Management, Executive-Management-Support, Supplier-Relationship-Management, CRM, Human-Resources-Management, Supply-Chain-Management und Projekt-Management.

Ausgelegt ist die Cloud-Software für Unternehmen mittlerer Größe aller Branchen mit 100 bis 500 Mitarbeitern. Das Einstiegspaket CRM gibt es ab 79 Euro, das Einstiegspaket ERP/Finanzen mit Funktionen in den Bereichen Projekt-Management, Liquiditäts-Management, Finanz- und Rechnungswesen und Personalwesen ist ab 133 Euro pro Monat und User zu haben. Für Dienstleister gibt es ein eigens zugeschnittenes Paket ab 133 Euro. Die Vollversion enthält auch Features für Einkauf, Produktentwicklung, SCM, Fertigung, Lager und Logistik und kostet ab 133 Euro. Alle Preise gelten pro User und pro Monat. Im produzierenden Umfeld, in dem SAP stark vertreten ist, tut sich der Anbieter mit der Cloud-Lösung jedoch nach wie vor schwer.

myfactory

ERP als Service: Die myfactory International GmbH beschäftigt aktuell 20 Mitarbeiter in Deutschland. 2002 trat das Unternehmen mit der Idee einer über das Web zu nutzenden, kompletten ERP-Applikation für den Mittelstand an. Basis der "myfactory.BusinessWorld" ist Microsofts .Net-Technologie. Als Early Bird bot der Münchener Hersteller seit 2007 die ERP-Palette von myfactory im SaaS-Modus an.

Die Software umfasst Groupware mit dem "BusinessManager", ERP, CRM, Produktionsplanung- und -steuerung "PPS", ein Finanz-Management-System und ein Management-Informationssystem. Hinzu kommt das Human-Resource-Management, B2B, ein mobiles Front-end für Tablet und Mobile und die Entwicklungsplattform "DEV". Einführungen erfolgen in der Regel über den Partnerkanal aus rund 40 IT-Systemhäusern und -Beratungen. Die Software kann im Lizenz- oder Mietmodell beim Kunden betrieben oder eben alternativ als SaaS, der in einem deutschen Rechenzentrum betrieben wird, genutzt werden. CRM kostet monatlich ab 19 Euro pro User, "Business.ON" ab 49 Euro. Zusätzliche Module der Software sind kostenpflichtig. Zielgruppe sind kleine und mittlere Unternehmen aus Produktion, Handel oder Dienstleistung, etwa 1600 Unternehmen nutzen die myfactory-SaaS-Lösung.

Netsuite

Die deutsche Website des 1998 als NetLedger gegründeten US-amerikanischen Anbieters Netsuite muss um 2009 aufgegeben worden sein, Pressefragen werden auf Englisch beantwortet. Wer einen Partner finden möchte, muss zunächst ein Formular ausfüllen. Zu den deutschen Partnern zählen beispielsweise Ontect oder SBS SPL Business Solutions GmbH. Das deutsche Partnernetz wird dem Anbieter zufolge über die britische Niederlassung und die globalen Support- und Development-Teams unterstützt. Um die 1000 Mitarbeiter des im Silicon Valley ansässigen Anbieters sind in weltweit neun Niederlassungen tätig. Zur Zielgruppe gehören insbesondere Unternehmen mit Internationalisierungsstrategie und vielen Niederlassungen.

Das Angebot umfasst ERP mit Financial-Management, SCM, Bestands-Management und HR sowie CRM, E-Commerce, Global-Business-Management und Projekt-Management. Klare Preisangaben waren nicht erhältlich, Kunden zahlen nach jeweils benötigter Funktionalität. Netsuite gibt an, dass Anwender 50 Prozent der IT-Kosten eines klassischen On-Premise-ERP-Systems einsparen können. Rund 12.000 Kunden verschiedener Branchen setzen Netsuite ein, die Unternehmensgrößen variieren von Mittelständlern bis hin zu Konzernen. (pg)