"Wir brauchen Cloud-ERP" oder "Wir wollen unsere ERP-Lösung in die Cloud migrieren" - so oder so ähnlich beginnen mehr als die Hälfte aller Gespräche zwischen Kunden und den ERP-Analysten von Gartner. Den Hintergrund dafür bilden zwei typische Szenarien:
Business-Vertreter sind frustriert, weil die aktuellen ERP-Systeme nicht ausreichend geschäftsrelevant und nutzerfreundlich sind oder sich zu langsam entwickeln.
IT-Manager klagen über die hohen Kosten von ERP-Systemen und darüber, dass sich neben der Haupt-IT-Organisation eine "Schatten-IT" gebildet hat oder dass die Systeme so stark angepasst wurden, dass sie nun nicht mehr modernisiert werden können.
ERP ist eine Strategie - kein System
Beide Gruppen sind meist der Meinung, sie könnten mit einer cloudbasierten ERP-Lösung all ihre Probleme überwinden - und gehen deshalb mit einer vorgefassten Meinung in die Auswahl eines neuen ERP-Systems. Allerdings vergessen viele dabei, dass es per se gar kein "Cloud-ERP" gibt.
Denn ERP ist kein einzelnes System, sondern eine Strategie, die unterschiedliche geschäftsrelevante Funktionalitäten miteinander verbindet. Cloud-Technologien können dazu nur begrenzt beitragen. Postmoderne ERP-Systeme bestehen statt aus einer ERP-Megasuite aus einem komplexen Portfolio spezialisierter Lösungen. Einige davon, wie Operational ERP und Enterprise Asset Management eignen sich nicht gut für die Cloud und werden deshalb meist on-premise oder gehostet betrieben.
Zudem kann auch die Auslagerung in die Cloud ERP-Lösungen nicht komplett verändern. Einige Herausforderungen bleiben auch beim Betrieb von ERP-Lösungen in der Cloud erhalten - oder sie kommen neu hinzu.
CIOs und IT-Manager, die ihre ERP-Systeme in die postmoderne Ära bringen wollen, sollten deshalb drei Empfehlungen beachten:
1. Unternehmensstrategie als Ausgangspunkt
Sie sollten verstehen, welche Funktionalitäten das Unternehmen benötigt, um mit ERP erfolgreich zu sein. Allzu häufig fehlt der IT-Organisation das Verständnis für die nötigen Funktionen - obwohl genau die Unterstützung der Business-Funktionen die Daseinsberechtigung für ERP-Systeme bildet. Dabei ist vor allem der Blick auf die künftige Unternehmensstrategie unabdinglich. Kennzahlen sollten sich an den Geschäftszielen orientieren und bilden die Basis für die Entwicklung der ERP-Strategie.
2. Nicht nur in eine Richtung blicken
Weil ERP-Systeme Geschäftsprozesse automatisieren und unterstützen, sollten die Business-Funktionalitäten das wichtigste Auswahlkriterium für die entsprechenden Lösungen sein. Wer von vornherein nur auf Cloud-Lösungen schaut, verliert eventuell Lösungen aus dem Auge, die noch besser zu den eigenen geschäftlichen Anforderungen passen.
3. Passendes Bereitstellungsmodell
Erst an zweiter Stelle folgt dann die Wahl des passenden Bereitstellungsmodells. Ist die Wahl auf eine cloudbasierte Lösung gefallen, gibt es immer noch zahlreiche Varianten der Bereitstellung - von Cloud-Hosting über Managed Cloud und Private Clouds bis zu Public Cloud SaaS-Modellen.
Die größte Aufmerksamkeit gehört zur Zeit Public Cloud SaaS-Modellen, diese bringen aber gleichzeitig auch eigene Herausforderungen mit sich. Um eine solche Lösung erfolgreich einzusetzen, müssen daher einige Voraussetzungen erfüllt sein: So muss das Unternehmen in der Lage sein, eine hoch standardisierte Lösung einzusetzen. Testing und Qualitätssicherung sollten hoch automatisiert sein, um sicherzustellen, dass die Lösung auch nach automatischen Upgrades korrekt funktioniert. Zudem sollte das Unternehmen darauf achten, dass die Hosting-Standorte alle branchenspezifischen oder gesetzlichen Anforderungen erfüllen.
Sind diese und weitere Voraussetzungen gegeben, kann eine Public Cloud SaaS-Lösung gerade für service-zentrierte Unternehmen und eher administrative ERP-Anforderungen eine gute Entscheidung sein. Gartner erwartet jedoch, dass Public Cloud SaaS-Modelle sich in produktgetriebenen oder anlageintensiven Unternehmen wesentlich langsamer durchsetzen werden.