Das Intranet als digitaler Campus für Mitarbeitende, die Bereitstellung von Plattformen wie Microsoft Teams, Slack oder Zoom für die multilokale Zusammenarbeit, die Automatisierung und Digitalisierung von Prozessen und natürlich das richtige Zusammenspiel von Hard- und Software-Komponenten - alles Elemente, die einen modernen Digital Workplace ausmachen. Sollte doch auch genügen, um als Unternehmen für die digitale Zukunft gerüstet zu sein, oder? Die Wahrheit ist: Tut es nicht. Vielmehr ist der Cloud-basierte Digital Workplace nur die eine, eher technische Seite der "Digitale Fitness"-Medaille. Die zweite ist die organisatorische, sprich der Wandel hin zu einer neuen hybriden Arbeitsorganisation.
Denn zu einem Unternehmen, das digital fit ist, gehört auch eine Kultur des Vertrauens und der Stabilität, in der hybride Arbeitsmodelle ihre volle Wirkung entfalten können. Konkret heißt das: Management, Personal- und Kommunikationsabteilungen müssen nicht nur sicher im Umgang mit virtuellen Tools sein. Sie müssen vor allem auch fit in der Entwicklung hybrider Führungsmodelle und Kommunikationsmaßnahmen sein. Sie sollten zielgerichtet - über verschiedene Kanäle wie virtuelle und Präsenz-Meetings, Print-Medien, Videobotschaften oder Online Communities und Chats - die Unternehmenswerte, Ziele und Strategien transportieren. Was dabei nicht vergessen werden darf: Je nach Alter und Jobprofil sind Mitarbeitende durchaus unterschiedlich fit im Umgang mit digitalen Tools und haben individuellen Coaching-Bedarf.
Nur ein paar Beispiele: Laut einer Kantar-Umfrage im Auftrag von Hirschtec (PDF-Download) sind heute fast zwei Drittel (62 Prozent) der Berufstätigen unter 40 Jahren überzeugt von der langfristigen Produktivitätssteigerung durch digitale Tools. Bei den über 40-Jährigen ist es aber nicht einmal die Hälfte. Und wo bereits 45 Prozent der unter 40-Jährigen intern sehr häufig beziehungsweise häufig via Chat kommuniziert, ist es bei den über 40-Jährigen nur rund ein Viertel (24 Prozent). Ähnlich sieht es mit Blick auf das Bildungsniveau aus: Befragte mit Abitur beziehungsweise Universitätsabschluss (46 Prozent) nutzen im Arbeitsalltag deutlich häufiger Chat-Dienste als die mit mittlerem (28 Prozent) oder Haupt-/Volksschulabschluss (18 Prozent).
So gelingt organisatorischer Wandel
Die Zahlen zeigen: Wenn Führungskräfte sowie Personal- und Kommunikationsverantwortliche alle Mitarbeitenden erreichen und befähigen wollen, dann müssen sie auf die individuellen Bedarfe eingehen. Dann brauchen sie stets ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Mitarbeitenden, alters- und jobprofilspezifische Schulungskonzepte, einen richtigen Mix aus Präsenz- und Digitalformaten und sie müssen den persönlichen Kontakt befördern sowie Raum für persönlichen Erfahrungsaustausch und Innovation schaffen. Kein einfaches Unterfangen, das neben Technologiekompetenz vor allem auch das nötige Maß an Selbstkritik und Offenheit für Neues braucht. Werfen wir daher einen Blick in die Praxis von drei Unternehmen:
NEW - IT ist nicht alleiniger Digitalisierer
Als kommunales Dienstleistungsunternehmen für die Region am Niederrhein hat die NEW für und mit ihren rund 2200 Beschäftigten das Programm "Smart organisiert" ins Leben gerufen. Seit 2017 befindet sich das Unternehmen auf dem Weg zum Arbeiten ohne Drucker. Dabei handelt es sich nicht "nur" um die Entscheidung, ohne Drucker zu arbeiten. Vielmehr geht es um die Zukunftsfähigkeit der NEW und darum, mithilfe digitaler Abläufe die Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt zu rücken und interaktiver in der Zusammenarbeit zu werden. Ziel ist es, bis 2025 digitales Vorzeigeunternehmen zu werden.
Daher werden Fachbereiche, Führungskräfte und Mitarbeitende aufgefordert, Prozesse radikal neu zu denken und dafür auch die Verantwortung zu übernehmen. Kurzum: Für NEW ist nicht die IT-Abteilung der "Digitalisierer" der Prozesse, sondern sie setzt Gedanken und Ideen in Systeme um - und gibt dabei Anregungen. Um auch in der Coronakrise den Austausch innerhalb der Belegschaft zu "Smart organisiert" zu fördern, hat sich NEW daher zum Beispiel entschieden, das Mitarbeiterforum "Gibt es ein Leben ohne Drucker?" online über das Kollaborations-Tool Microsoft Teams abzuhalten. Und apropos: Über die ausrangierten NEW-Drucker und -Monitore freuen sich inzwischen Schulen und Vereine aus der Region.
NTT Data Business Solutions - Topmanagement meldet sich wöchentlich
Das global agierende SAP-Beratungshaus NTT Data Business Solutions (vormals itelligence) ist ebenfalls mitten auf seinem Weg zur digitalen Fitness. Innerhalb einer Woche wurde im März 2020 unternehmensintern Microsoft Teams - inklusive OneNote, Planner, Stream und OneDrive - eingeführt und so die schnelle, standortübergreifende virtuelle Kommunikation und Zusammenarbeit erleichtert. Jetzt geht das Unternehmen noch einen Schritt weiter und hat eine moderne Kollaborationsarchitektur definiert, die anhand von Personas aufzeigt und eingrenzt, welche Services aus dem Microsoft-365-Baukasten für welche Anwendungsfälle im Arbeitsalltag genutzt werden sollten.
Beim Bielefelder SAP-Beratungshaus nutzt das Management virtuelle Tools für seine Führungsaufgaben und die Kommunikation an die und mit den Mitarbeitenden. So gibt es monatlich ein interaktives "Talk to the management"-Live-Ereignis in Microsoft Teams mit der deutschen Geschäftsleitung oder auch einen CEO-Blog im Social Network Yammer, in dem der CEO ungefähr zweimal pro Woche News zur Geschäftsentwicklung postet und der den Mitarbeitenden als Feedback-Kanal dient.
Weleda - Resilienz im Fokus
Auch bei Weleda, einem weltweit führenden Hersteller von ganzheitlicher Naturkosmetik und anthroposophischen Arzneimitteln mit rund 2500 Mitarbeitenden, ist viel in Bewegung. So wurden neue Regelungen für das mobile Arbeiten bei Weleda in Deutschland und der Schweiz verabschiedet und im Intranet publiziert. Zu den Regelungen gehören etwa, dass es keine Ober-/Untergrenze beim mobilen Arbeiten gibt (50 Prozent mobile Arbeit wird aber empfohlen) und dass eine freie Ortswahl innerhalb der Landesgrenzen existiert. Darüber hinaus liefert die Intranet-Themenseite "Corona-Infos" nicht nur aktuelle Corona-News, -Zahlen und -Risikogebiete, sondern auch die wichtigsten Fragen und Antworten zu Themen wie "Krankheit, Symptome, Quarantäne, Kontaktperson", "Homeoffice und IT" oder auch "Hilfe durch HR".
Ein besonderes Augenmerk legt Weleda zudem auf die Themen Wohlbefinden und Resilienz, die in der neuen digitalen Arbeitswelt enorm an Bedeutung gewinnen: Auf der Intranet-Themenseite "Nimm dir Zeit: Für Körper, Seele & Geist - Für dich" finden die Mitarbeiter zum Beispiel Resilienz-Trainingsvideos, gesunde Rezeptideen, "Bewusst durchatmen"-Tipps und vieles mehr.
Spannend dabei auch: Um die Mitarbeiter aktiv einzubeziehen, sie noch mehr mit den eigenen Produkten vertraut zu machen und die Bindung ans Unternehmen zu stärken, wurde Ende 2020 der Weleda-Adventskalender gestartet. Hinter allen Adventskalender-Türchen fanden sich Angebote beziehungsweise Aktionen von Mitarbeitenden für Mitarbeitende - etwa besondere Rezepte, im Homeoffice produzierte Videos von musizierenden Kollegen oder von Mitarbeitern, die eine kurze Geschichte vorlasen.
Ein weiteres Highlight des Kalenders: das Gewinnspiel zum Online-Wellness-Webinar "Granatapfel-Verwöhnabend". Über die Gewinner entschied das Los und nun erhalten 30 Mitarbeiter ein Weleda-Produktpaket, Materiallisten und eine Anleitung für die Teilnahme am Online-Webinar und können beim Online-Gesichtspflege-Workshop via Microsoft Teams Spannendes über den Granatapfel und seine Wirkweise erfahren.
Das Fundament für die digitale Arbeitswelt
Ob also Weleda, NEW oder NTT Data Business Solutions - diese Beispiele zeigen: Wer auf dem Weg zur digitalen Fitness voranschreiten möchte, der muss sie auch wirklich "anpacken" und die technische und organisatorische Seite in Einklang bringen. Nur so haben Organisationen ein starkes Fundament, das sie erfolgreich durch die digitale Arbeitswelt trägt. (hk/fm)
- Helmut Freytag, Placetel - Cisco Systems
Das Tempo der Entwicklung zum Smart Workplace hängt davon ab, wie lange die Pandemie noch dauert. Generell werden Unternehmen die Transformation fortsetzen, allein wegen der positiven Effekte. Mittelfristig kommt es zu einer Konsolidierung der Kommunikationskanäle – Video und Messaging werden weiter zunehmen, während die E-Mail zurückgeht. Mit 5G, Sprachassistenten und KI sind dann der Fantasie des Remote Workplace keine Grenzen gesetzt. Dann kann man nicht nur im Auto telefonieren, wenn es fährt, sondern stabil arbeiten. - Julia Haas, Dell Technologies
Die Chancen von Smart Workplaces liegen auf der Hand: Unternehmen können deutlich Kosten reduzieren, sowohl bei Büros als auch bei Reisen. Zudem wird das Anheuern von Toptalenten erleichtert – während früher die Arbeitsstelle zu großen Teilen vom Wohnort abhängig war, erweitert sich der Pool der Kandidaten. Auch die Förderung von Gesundheit und Work-Life-Balance, Familienfreundlichkeit und eine gestärkte Mitarbeiterloyalität bieten großes Potenzial. - Gregor Knipper, Jabra
Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter in Entscheidungen zum Smart Workplace einbinden. Das reicht von der Hardware über die flexible Gestaltung des Arbeitsorts und der Arbeitszeit nach dem eigenen Bio-Rhythmus bis hin zu nötigen Trainings für neue Tools. Hier ist Flexibilität gefragt: Welche Wünsche hat der individuelle Mitarbeiter, welche Aufgaben erfüllt er und wie lassen sich Kompromisse finden, die für alle Seiten optimal sind? - Jan-Michael Sunkel, Telefónica
Die Entscheidung für die Transformation hin zum modernen Arbeitsplatz muss aktiv und bewusst getroffen werden. Denn nur so werden Mitarbeiter auf den Weg mitgenommen und akzeptieren die Veränderung. Besonders wichtig sind zudem Ressourcen für die Implementierung, eine konsequente Unterstützung durch das Management sowie Impulse von erfahrenen Partnern. Mit ihrem Spezialwissen und Erfahrungsschatz können sie den Transformationsprozess begleiten und entscheidend vereinfachen.