Das Buch "Faktor V" bietet einen sehr guten Mix aus Erfahrungswissen, analytischer Präzision und theoretischer Fundierung. Damit steht es in einer Reihe mit dem Klassiker "Das Harvard-Konzept". Mit einigen wesentlichen Unterschieden: Die Beispiele sind aktueller, der Aufbau ist besser strukturiert. Wer allerdings einfache Tipps und Tricks erwartet, liegt falsch. Denn der Autor ist überzeugt, dass man Verhandlungen nicht mit Tricks gewinnt, sondern mit guter Vorbereitung und genauem Verständnis dessen, was in Verhandlungssituationen abläuft. Und genau dieses Verständnis vermittelt Friedhelm Wachs in "Faktor V".
Die Verhandlung beginnt nicht am Verhandlungstisch
Das Buch ist entlang der entscheidenden Phasen aufgebaut, die in jeder Verhandlung durchlaufen werden. Genau fünf wichtige Phasen unterscheidet Wachs:
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Das Verhandlungsprofiling: "Erfolgreich verhandeln bedeutet, auf der Sachebene zu gewinnen und die Beziehungsebene intakt zu halten." Ein Blick in die Zeitung reicht, um zu sehen, dass gegen dieses "Gebot" tagtäglich mit zum Teil niederschmetternden Folgen verstoßen wird. Dagegen hilft laut Wachs nur gnadenlose Recherche. Erst wenn Sie wissen, was Ihr Gegenüber antreibt, können Sie ihm wirklich entgegen kommen - und den Verhandlungsspielraum erkennen.
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Die Zieldefinition: Nur wer seine Ziele im Vorfeld klar definiert, kann sie hinterher auch erreichen. Klingt banal, wird aber interessant, wenn Wachs die vier Zieldimensionen aufzeigt (persönliche Ziele, Unternehmensziele, Umgebungsziele, Verhandlungsziele). Wichtig: immer eine Alternative in der Hinterhand haben - und bedenken, dass auch der Verhandlungspartner eine Alternative hat.
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Die Verhandlungsstrategie: Am Beispiel des Internet Explorers zeigt Wachs, wie sich ein Unternehmen (Microsoft) gegen einen Mitbewerber (Netscape) mit einem schlechteren Produkt, aber einer besseren Strategie durchsetzen kann. Hintergrund: Der "entscheidende Teil der Verhandlung findet jenseits des Verhandlungstisches statt." Indem zum Beispiel die "Umgebungsebene" gestaltet wird. So schafft man es, den Kuchen größer zu machen, anstatt den Kuchen zu teilen.
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Die richtige Verhandlungstaktik: Sitzen alle Beteiligten erst einmal alle am Tisch, bleiben die "Psychospielchen" natürlich nicht aus. Wachs präsentiert einprägsame Typologien, um schnell den Durchblick zu gewinnen. Und er zeigt die häufigsten Fallen auf, die sich Verhandler meist selbst stellen (zum Beispiel aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen, sich an Verluste klammern, statt sie abzuschreiben, nur sehen, was wir sehen wollen).
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Fixieren, bitte! Das beste Verhandlungsergebnis ist auf Sand gebaut, wenn die Ergebnisse nicht haargenau festgeklopft werden. Auch wenn der "Handschlag" noch so romantisch sein mag, Verträge regeln das, was in der Regel nicht eintreffen sollte, aber eintreffen kann. Wachs zeigt im Schnelldurchgang, an welche Themen Sie denken müssen.
Die Anatomie des Verhandelns
Wer die relevante Literatur zum Thema Verhandeln gut kennt, wird hier zwangsläufig auch Bekanntes entdecken. Besonders die in den Phasen vier und fünf behandelten Themen dürften mehr oder weniger geläufig sein, bilden aber ohne Zweifel wichtige Bestandteile von Verhandlungen. Wertvoll ist das Buch, weil es das komplexe Thema Verhandeln in einzelne logisch nachvollziehbare Phasen zerlegt und damit die Anatomie einer erfolgreichen Verhandlung offen legt. Und vor allem, weil es glasklar zeigt, dass die Verhandlung zum Großteil längst entschieden ist, wenn sich die Verhandlungspartner an den Tisch setzen.
Friedhelm Wachs: Faktor V. Die fünf Phasen erfolgreichen Verhandelns. Wiley 2012, ISBN: 3527506721
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