Die Unternehmens-IT ist seit jeher eine Art Morast widersprüchlicher Infrastrukturentscheidungen - und die jüngsten technologischen Fortschritte haben es nicht besser gemacht. Mit der Cloud etwa sollte alles besser und einfacher werden. Nach über zehn Jahren Cloud-nativer Investments ist das Gegenteil der Fall, ein oft undurchdringliches Dickicht von Microservices, APIs und anderen "Cloud-native Best Practices" in vielen Fällen Realität.
Wenn Sie jetzt hoffen, dass künstliche Intelligenz demnächst schon alles irgendwie auflösen und zum Guten wenden wird, müssen Sie stark sein: Kein vernünftiger IT-Profi wird ChatGPT mit dem CRM- oder ERP-System verbinden - dem akuten Governance-Mangel sei Dank. Verharren und an übermäßig komplexen (Legacy-) Reglern drehen, ist allerdings auch keine Option - zumindest nicht auf Dauer.
Doch es gibt Hoffnung. Sie heißt "Supergraph" und baut auf einer Technologie auf, die Entwicklern vertraut sein dürfte: GraphQL. Die quelloffene Datenabfragesprache einzusetzen, sollte übrigens auch auf der Prioritätenliste des IT-Managements ganz oben stehen. Schließlich kann das entscheidend dazu beitragen, die Entwicklerproduktivität zu erhöhen. "Supergraph" stellt quasi eine neue Art und Weise dar, GraphQL zu implementieren. Entwickelt wurde die Architekturform beim API-Plattformspezialisten Apollo - mit Fokus auf drei grundlegende Prinzipien:
einen einheitlichen Kompositions-Layer,
eine modulare Architektur, und
einen agilen Ansatz.
Netflix macht's vor
Warum ist das wichtig? Selbst in der Enterprise-IT-Welt kann sich kaum jemand den Luxus leisten, eine Applikation mit dem sogenannten Greenfield-Ansatz zu entwickeln. RedMonk-Analyst James Governor erklärt, warum: "Wenn neue Technologien auf den Markt kommen, müssen sie mit bestehenden Funktionen und Stacks koexistieren und darauf aufbauen."
Das ist auch der Grund, warum Cobol neben Java und Rust existiert. Oder warum Unternehmen auf AWS setzen, aber weiterhin Azure verwenden. Ganz zu schweigen von HP-UX, Windows NT und anderen technischen Dinosauriern. Die Unternehmens-IT kennt quasi keine Subtraktionen - nur Additionen. Und an dieser Stelle kommt GraphQL ins Spiel: Die flexible Abfragesprache ermöglicht Entwicklern, disparate Services miteinander zu verknüpfen. Eine Aufgabe, die zuvor manuell erledigt werden musste. Doch selbst dieser Ansatz greift noch zu kurz.
Nicht so der "Supergraph": Er schafft für Unternehmen eine Plattformansicht über Microservices sowie interne und externe Datenquellen. Unternehmen wie Netflix nutzen GraphQL und Supergraph schon seit einigen Jahren und haben damit erhebliche Vorteile erschlossen: "Der Supergraph löst viele Herausforderungen wenn es um Konsistenz und Entwicklungsgeschwindigkeit geht - bei minimalen Auswirkungen auf Skalierbarkeit und Operationalität", schreibt Netflix in seinem Tech-Blog. Der Wechsel zu einer zusammensetzbaren "Supergraph"-API-Schicht hilft vor allem auch den Entwicklern dabei, die Unternehmensinfrastruktur für sich und nicht gegen sich arbeiten zu lassen. Das funktioniert auch mit KI-Infrastruktur - etwa Large Language Models (LLMs).
Ein föderierter Supergraph löst zwar nicht alle noch vorhandenen LLM-Probleme - Stichwort Prompt Injection. Die Technologie sorgt aber für Optimierungen: Mit der Abfrageplanung und der Richtlinien-Engine von GraphQL wird es zu einer echten Option, um LLMs mit den Daten und Services zu verbinden, die die nächste Generation von personalisierten Benutzererlebnissen verwirklichen. Diverse Entwickler beschäftigen sich derzeit damit, LLM-Abfragtern
Und viele Entwickler tüfteln an Möglichkeiten, LLM-Abfragen in GraphQL zu integrieren. Diesbezüglich gibt es noch einiges zu tun - aber die Perspektive ist vielversprechend. Dazu kommt, dass Devs und ihre Führungskräfte für einen Supergraph auf GraphQL-Basis nicht erst ihre bestehende API-Strategie verwerfen müssen. Sie könnten also Ihre HP-UX Legacy-Infrastruktur sinnvoll mit Ihren Google-Gemini- oder Amazon-Bedrock-Modellen verknüpfen - und profitieren dabei von einer optimierten Governance. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.