Bei den Drohnen handelt es sich laut einem Beitrag von Politico um Modelle für den Privatgebrauch, die vom chinesischen Marktführer DJI hergestellt wurden. Zwar sind die Drohnen mit Geofencing-Einschränkungen versehen, um sie von sensiblen Orten fernzuhalten. Doch Nutzer können die Flugkörper offenbar mit relativ einfachen Methoden so manipulieren, dass sie auch die Sperrzonen der US-Hauptstadt durchfliegen.
Nach Informationen der zum Axel-Springer-Konzern gehörenden Website sollen US-Beamte und lokale Drohnenexperten bereits die US-amerikanischen Senatsausschüsse für Innere Sicherheit, Handel und Geheimdienste alarmiert haben. Politico bezieht sich dabei auf anonyme Informationen von Regierungsbeamten, Kongressmitarbeitern und Vertretern der Legislative.
Beobachter glauben an Privatpiloten, nicht an Spione
Die Informanten glauben allerdings eher nicht, dass die chinesische Regierung hinter den Drohnenflügen steckt. Bei dem Phänomen handele es sich wohl eher um eine Folge der starken Verbreitung relativ preiswerter, aber dennoch technisch zunehmend ausgefeilter Drohnen, die Privatbürger in ihrer Freizeit einsetzten. Politico zitiert dazu Rachel Stohl, Vice President für Forschungsprogramme am Stimson Center und Beobachterin des globalen Drohnenmarktes. Sie erkennt einen Trend zum Einsatz kommerzieller Drohnen "aus potenziell ruchlosen Gründen".
"Wahrscheinlich geht es in diesem Fall nur darum, sich ein bisschen umzusehen und herauszufinden, was passiert", vermutet Stohl. Das wäre dann kein "systematischer Einsatz." Andererseits sei aber auch nicht auszuschließen, dass die Drohnenplage irgendwann zu einer echten Gefahr werde. Dem Bericht zufolge zeigt sich der Kongress in seinem Vorgehen bislang unentschlossen. Es seien bereits mehrere Gesetzesentwürfe eingebracht worden, die meisten hätten es aber nicht über die Ausschussebene hinaus geschafft.
Sensible Daten - einfach zugreifbar?
Auch wenn die Informanten von Politico keine gezielten Angriffe vermuten lassen, erinnern sie doch daran, dass DJI Technology als weltweit führender Drohnenanbieter auf Geld von Investment-Gesellschaften angewiesen sei, die sich in chinesischem Staatsbesitz befänden. DJI versuche das zu verbergen. Zudem gebe es auch dann ein Risiko, wenn China nicht hinter den Flugmanövern stecke: Wenn Freizeitnutzer die Flugbeschränkungen für Drohnen so einfach umgehen könnten, bedeute das, dass sie auch über ihre hochauflösenden Kameras oder über Sensoren sensible Daten sammeln könnten. Wenn es Geheimdiensten gelinge, in die privaten Rechner der Drohnenbesitzer einzudringen, könnten sie an diese Daten gelangen.
Arianne Burrell, Kommunikationsmanagerin bei DJI Technology, sagte dem Nachrichten- und Informationsdienst: "Obwohl DJI alles unternimmt, um Kunden darüber zu informieren, dass sie in bestimmten Bereichen nicht fliegen dürfen, können wir ihr Verhalten leider nicht kontrollieren." Man unternehme alles, damit sich die Freizeitpiloten an die Vorschriften hielten.
In den USA haben sich zuletzt immer mehr Kritiker zu Wort gemeldet, die fürchten, dass Drohnen für Industriespionage oder Cyberangriffe eingesetzt werden könnten. Positioniere man eine Drohne über einem Gebäude, ließen sich darüber die drahtlosen Informationen erfassen, die von dort über WLAN oder Mobilfunk gesendet werden, argwöhnt ein besorgter Insider. "Das Gleiche könnte man mit einem Bundesgebäude, einem Stromversorger oder anderer kritischer Infrastruktur machen."
DJI bekommt keine Regierungsgelder
DJI ist als größter Drohnenhersteller aus Sicht der Amerikaner ein Unternehmen, das in China unter staatlicher Kontrolle steht. Burrell bestreitet allerdings jegliche finanzielle Verbindung zur Regierung. "Wir sind ein privates Unternehmen. Wir nehmen kein Geld von der chinesischen Regierung an", sagte sie. Man werde sich weiterhin an alle US-Gesetze und -Vorschriften halten.
Für den Hersteller sind die USA ein wichtiger Markt, nach Angaben der Federal Aviation Administration sind dort insgesamt mehr als 870.000 Drohnen registriert. Die Behörde schätzt, dass bis 2024 in den Vereinigten Staaten 2,3 Millionen unbemannte Flugsysteme angemeldet sein werden - davon 1,5 Millionen Drohnen und Modellflugzeuge für den Freizeitbereich sowie 800.000 kommerzielle Drohnen.
Die amerikanischen Geheimdienste sehen das zusehends als Bedrohung. Seit 2018 sollen Hunderte von Drohnen Flugverbote ignoriert haben, weil die Piloten meinten, den US-Präsidenten beschützen zu müssen. Mindestens ebenso sehr fürchten sie aber Übergriffe ausländischer Geheimdienste, die spionieren und geistiges Eigentum stehlen könnten. Deshalb wird das Auftauchen zahlreicher Drohnen "made in China" über der US-Hauptstadt durchaus als Bedrohung gesehen. (hv)