Reform des EU Urheberrechtsgesetzes

Digitalisierung verlangt Urheberrechtsreform

19.09.2018
Von    und
Christian Kuss ist Rechtsanwalt der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Köln. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt auf IT- und Datenschutzrecht.
Markus Heins, LL.M. ist Legal Counsel für digitale Produkte bei Wolters Kluwer in Deutschland. Zuvor arbeitete er als Wirtschaftsjurist für Medienrecht und Medienwirtschaft bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft in Köln.
Texte, Bilder, Musik oder Filme werden im Netz geteilt. Doch hinter den meisten der Plattform-Uploads steckt ein Künstler, der diesen Inhalt geschaffen hat. Die Reform des Urheberrechts soll die Rechte der Kreativen besser schützen.

Selten wurde über ein Gesetzesvorhaben der Europäischen Union so kontrovers debattiert, wie über die neue Urheberrechtsrichtlinie. Nachdem das Europäische Parlament bereits im Juli den ersten Entwurf der Europäischen Kommission erstmals auf Grund zahlreicher Kritiken abgelehnt hatte, stimmte es nun erneut über die neue EU-Urheberrechtsrichtlinie ab und nahm den überarbeiteten Entwurf an.

Urheberrechtliche geschützte Inhalte wie Musik sollen künftig nicht mehr so einfach auf Internetplattformen hochgeladen werden können. Das sieht eine Neufassung der EU-Urheberrechtslinie vor.
Urheberrechtliche geschützte Inhalte wie Musik sollen künftig nicht mehr so einfach auf Internetplattformen hochgeladen werden können. Das sieht eine Neufassung der EU-Urheberrechtslinie vor.
Foto: antoniodiaz - shutterstock.com

Für Diskussionen sorgten im Vorfeld vor allem die drohenden Upload-Filter der Plattformen und die Schaffung eines neuen Leistungsschutzrecht. Die folgenden Änderungen treten nun in Kraft:

Warum wird das Urheberrecht reformiert?

Die Überarbeitung der Richtlinie dient der Anpassung des Urheberrechts an die geänderten Rahmenbedingungen der Digitalisierung und des Internets. Im Fokus stehen dabei vor allem die Plattformbetreiber und Videoportale, die als große Gatekeeper einen wesentlichen Einfluss auf die Inhalte haben. Ihr Geschäftsmodell beruht zu großen Teilen darauf, dass auf Ihnen Inhalte zwischen den Nutzern geteilt werden. Dies können Texte, Bilder oder auch Musiktitel sein.

Die Plattformbetreiber partizipieren, weil sie den Nutzern ihrer Plattform Werbung anzeigen und so Werbeeinnahmen generieren. Durch die Urheberrechtsreform sollen die Rechte der Urheber gestärkt werden, wenn ihre Werke auf den Plattformen verwendet werden.

Werden alle Plattformen Upload-Filter einsetzen müssen?

Bei dieser Frage geht es um den Art. 13 des Richtlinienentwurfs. Danach sollen gem. Art. 13 die so genannten User-Uploaded-Content-Plattformen (UCC-Plattformen), wie YouTube und Facebook, bereits vor dem eigentlichen Upload sicherstellen, dass kein Urheberrechtsverstoß vorliegt. Dies zwingt die Plattformen zunächst mit den Urhebern über die Inhalte zu verhandeln und eine Lizenz zu erwerben.

Kommt es allerdings zu keiner Einigung muss der Plattformanbieter mit Hilfe "effektiver und verhältnismäßiger Mittel" verhindern, dass nicht lizenzierte Inhalte auf die eigene Plattform geladen werden. Dies könnten die Plattformen nach Ansicht vieler Kritiker nur mit Upload-Filtern erreichen, die vor allem die Gefahr des Overblockings beinhalten. Die Filter könnten nicht zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Inhalten unterscheiden, etwa wenn es sich beispielsweise um ein legales Zitat oder eine Parodie handelt. Und es besteht das Risiko, dass es so zu einer Zensur und der Einschränkung der Kunstfreiheit und Meinungsfreiheit kommt. Damit könnten beispielsweise auch die beliebten Memes zukünftig der Vergangenheit angehören.

Vor allem YouTube hat als große Plattform allerdings mit seinem Content-ID System derartige Upload-Filter längst erfolgreich etabliert. Dagegen können die Filterpflichten gerade kleinere Plattformen und Webseiten in Schwierigkeiten bringen, da sie sich eine technische Umsetzung nicht leisten können. Dies könnte sogar dazu führen, dass sie ihre Dienste einstellen müssen und so in ihrer Berufsfreiheit und Meinungsfreiheit eingeschränkt werden.

Welche Folgen hat das neue Leistungsschutzrecht?

Nach Art. 11 der Richtlinie soll ein neues Leistungsschutzrecht (LSR) für Presseunternehmen eingeführt werden. Demnach soll die Nutzung digitaler Medieninhalte der Lizenzpflicht unterliegen. Das hätte zur Folge, dass bereits für kurze Texte und kleine Ausschnitte ("snippets") von Artikeln eine kostenpflichtige Lizenz erworben werden müsste. Relevant kann dies bereits bei einer Verlinkung werden, auch wenn lediglich die Überschrift des Artikels angezeigt wird. Zwar soll diese Regelung nicht für die private und nicht-kommerzielle Nutzung gelten, allerdings kann die Grenze beispielsweise bei einem Blogger fließend sein.

Obwohl das LSR In Deutschland bereits existiert, gab es in der Vergangenheit immer wieder Streitigkeiten darüber. Etwa führte die VG Media als Vertreter zahlreicher Presseunternehmen bereits einen Rechtsstreit mit Google. Darin ging es um die Darstellung von Texten und Bildern im Rahmen der Google Suche und von Google News. Letztere hat Google bereits mit einer Zustimmungspflicht versehen, sodass die Autoren nun die Genehmigung erteilen müssen, ob ihre Artikel mit einer Überschrift und kurzen Inhaltsbeschreibung bei Google News angezeigt werden. Eine Vergütung gibt es von Google dafür allerdings weiterhin nicht. Dies könnte sich durch die neue Urheberrechtsrichtlinie ändern, wenn sich das Leistungsschutzrecht zukünftig auch europaweit durchsetzt.

Ab wann gelten diese Änderungen?

Nachdem das Europäische Parlament den ersten Entwurf der Richtlinie nun angenommen hat, geht dieser jetzt in die Trilog-Verhandlungen. Im Rahmen dieser Verhandlungen kann sich an den aktuell vorliegenden Vorschriften allerdings noch einiges ändern, sodass die derzeitigen Vorschriften noch nicht in Stein gemeißelt sind. Erst wenn die Richtlinie nach ihrer Verabschiedung in nationales Recht umgesetzt wurde, entfalten die Vorschriften unmittelbare Wirkung.