Das Thema HR Software wurde in viel zu vielen Unternehmen und Organisationen lange Jahre oft nur stiefmütterlich behandelt. Während Investitionen in moderne Fertigungssysteme oder Business-Intelligence-Tools dem Management oft leichter fielen, wurde der Mehrwert moderner Personalmanagementsysteme nur selten erkannt. Hinzu kam, dass die Personaler, da in der Mehrzahl oft weniger technikaffin, die notwendige Vehemenz vermissen ließen, sich für die kontinuierliche Modernisierung der HR-IT-Systeme einzusetzen.
Erst demografischer Wandel und Fachkräftemangel haben viele Unternehmen auf den Boden der Realität geholt. Die Erkenntnis, dass strategische, zukunftsorientierte Personalarbeit nicht ohne moderne HR-Systeme zu bewerkstelligen ist, setzt sich zunehmend durch. Doch stehen viele Unternehmen bei der Digitalisierung der Personalprozesse noch in den Kinderschuhen.
- Personal digital: Das Sonderheft
Ob Personalsuche und -auswahl, Führung, Weiterbildung oder Arbeitsbedingungen – Digitalisierung tangiert viele Felder, für die HR zuständig ist. Lesen Sie in unserem Sonderheft zur Messe Zukunft Personal, wie weit die Unternehmen schon sind und wo es noch hakt. - Digitalisierung der Personalarbeit nimmt Fahrt auf
HR Software zeichnet sich durch unterschiedlichste Disziplinen und ein mannigfaltiges Angebot der Softwarehersteller aus. Eindeutige Marktführer sind zumindest auf dem deutschsprachigen Markt kaum auszumachen. Doch was macht HR Software im Vergleich zu anderen Softwaresegmenten so besonders? Wie steht es um das Thema Cloud und wie sollte die Auswahl geeigneter HR-Lösungen erfolgen? - Der Chatbot gibt den Lernimpuls
Die IT-Beratung MaibornWolff setzt auf kürzere und situative Lernangebote, die sich die Mitarbeiter unkompliziert holen können – auch dank digitaler Helfer. - Chatbot verfeinert Suche nach Kandidaten
Wie finden Unternehmen Kandidaten, die nicht aktiv auf Jobsuche sind, aber zu der gesuchten Stelle passen? Eine Personalberatung hat dafür einen digitalen Weg entwickelt. - Jeder dritte Personaler hat sich noch nicht mit KI beschäftigt
KI-Software soll Personalern viel Arbeit abnehmen. Aber dafür müssen sie den Nutzen der intelligenten Maschinen für ihre Aufgaben erst einmal verstehen.
Softwareauswahl im Personalwesen
Viele Unternehmen, die sich mit der Neuausrichtung der HR-IT-Strategie befassen, stehen vor einer mittelgroßen Herausforderung. Der Markt ist kleinteilig, schwer überschaubar und von einem schnellen Wandel gekennzeichnet. Hinzu kommt, dass insbesondere die IT, die ja sonst mit Softwareauswahlprozessen schwerpunktmäßig betraut ist, sich mit Personalmanagement oft nur am Rande befasst.
Zur Veranschaulichung soll ein verbreitetes Beispiel aus der Beratungspraxis dienen: Oft melden sich Personalleiter, die von der Geschäftsleitung beauftragt wurden, nach einer modernen HR-Lösung Ausschau zu halten. Im Internet habe man etwas über Talentmanagement und die Vorzüge digitalisierter Personalarbeit gelesen. Die IT steckt knietief in einem SAP-Einführungsprojekt und möchte sich aus dem HR-Thema am liebsten heraushalten. Der IT-Leiter gibt aber noch den gut gemeinten Ratschlag, sich von Insellösungen fern zu halten und nach einer integrierten Lösung Ausschau zu halten, seinetwegen auch aus der Cloud. Eine erste Internet-Recherche schafft dann jede Menge Unklarheit und die ersten Verkäufer der Softwarehäuser blockieren die Telefonleitung -eine Vorgehensweise, die für kleinere Softwareauswahlprojekte wie etwa ein Bewerber-Managementtool noch funktionieren mag. Sie scheitert jedoch spätestens dann, wenn umfangreichere HR-Lösungen gefunden oder die IT-Strategie im Personalwesen insgesamt auf dem Prüfstand steht. Verschaffen wir uns zunächst einen Überblick über die Funktionsbereiche und den Markt an HR-Software.
Personalmanagement von A bis Z
Die Einsatzgebiete von HR Software sind enorm. Sie reichen von A wie Azubiverwaltung bis Z wie Zeitwirtschaft. Während noch vor zehn Jahren die meisten Systeme sich auf die Lohn- und Gehaltsabrechnung, rudimentäre Personalverwaltung sowie die Zeiterfassung beschränkten, sind die heutigen Anwendungsbereiche so komplex und vielfältig, dass es kaum einen Anbieter gibt, der alle Bereiche abdecken kann (siehe auch Kasten "Die HR-Software-Bereiche im Überblick").
Vergleicht man den Markt für HR Software mit dem anderer Geschäftsanwendungen wie ERP oder CRM-Systemen, dann fällt auf, dass der Anteil an Cloud-Lösungen hier viel höher ausfällt. SAP gibt an, dass sich mittlerweile über 90 Prozent der Kunden für deren HR-Cloud-Lösung SuccessFactors und gegen die klassisch on-premise bereitgestellte SAP HCM Lösung entscheiden.
Tatsächlich ist die in Deutschland stark verbreitete Skepsis gegenüber Cloud Computing bei Lösungen für das Personalwesen am schnellsten gewichen. Vorreiter waren hier oft Lösungen für das E-Recruiting. Ketzerisch gesprochen hatte man offenbar bei der Auslagerung von Bewerberdaten auf externe Rechenzentren weniger Bauchschmerzen als mit Daten aus der Finanzbuchhaltung.
Entscheidend für die Akzeptanz der Cloud war und ist jedoch der Innovationsvorsprung, den die Cloud-Pioniere ihren Kunden bieten. Die Cloud-Lösungen überzeugen mit hoher individueller Anpassbarkeit und schafften neue Standards, was intuitive Bedienbarkeit und Workflow-Automatisierung betrifft. Mittlerweile kann es sich kein Anbieter mehr erlauben, ohne externes Hosting-Angebot (SaaS, ASP, Private Cloud) auszukommen.
Die Innovationsfreude der Softwarehersteller ist ungebrochen. Neben Bewerber-Management- werden vor allem Talent-Management-Lösungen sehr stark nachgefragt. Aufgrund der verringerten Anzahl an fähigen Bewerbern tun Unternehmen gut daran, die eigenen Mitarbeiter weiterzuentwickeln, um Vakanzen auch intern zu besetzen. Talent-Management-Software unterstützt dabei, Mitarbeiter gezielter zu fördern und langfristig an das Unternehmen zu binden. Insgesamt erhält die Personalentwicklung einen immer höheren Stellenwert und wird zu einem entscheidenden Faktor für die Zukunftsfähigkeit der Organisation.
Einen besonders hohen Mehrwert für die Personalarbeit liefern darüber hinaus Employee Self Services (ESS). Mithilfe der ESS-Portale haben Mitarbeiter beispielsweise stets den Überblick über ihre Stundensalden, können Urlaube beantragen, Bescheinigungen herunterladen oder die sie betreffenden Zielvereinbarungen einsehen. Dies steigert nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern entlastet vorrangig die Personaladministration.
Kleine und mittelständische Softwarehäuser dominieren
Der Markt ist gekennzeichnet von einer Fülle an Softwareherstellern und Systemhäusern. Allein in Deutschland tummeln sich schätzungsweise rund 300 HR-Lösungen auf dem lukrativen Geschäftsfeld. Trotz Konzentrationsbemühungen der großen Softwarehersteller wie SAP, Oracle oder Sage, dominieren kleinere, mittelständische Softwareunternehmen oftmals mit nur 50 bis 100 Mitarbeitern das Geschehen. Ein weiterer Faktor, der zur Zerstückelung des Marktes beiträgt, ist das Fehlen von wirklichen Alleskönnern. Selbst Anbietern wie SAP mit SuccessFactors gelingt es nicht, alle Personalprozesse in einer integrierten, umfassenden HR-Suite abzubilden. Die Anforderungen an moderne HR-Systeme sind schlichtweg zu vielfältig und komplex.
Der sogenannte Best-of-Breed-Ansatz ist daher bei HR-Software überaus populär. Nischenanbieter punkten mit oftmals weitaus funktionaleren, leichter zu bedienenden und überdies günstigeren Speziallösungen wie zum Beispiel für das Recruiting oder die Zeiterfassung. Es ist daher kein Wunder, dass in vielen Unternehmen und Organisationen über die Jahre ein Sammelsurium von vier oder mehr Lösungen für die Personalarbeit entstanden ist.
Auffällig sind auch die höchst unterschiedlichen Preise, die von den Softwarehäusern aufgerufen werden. In unseren Auswahlprojekten kommen bei den Kostenschätzungen für die Gesamtbetriebskosten nicht selten Preisunterschiede mit einem Faktor von drei oder höher zustande.
Cloud-Lösungen setzen sich durch
HR Software erlebt seit etwa zehn Jahren einen regelrechten Boom. Fachkräftemangel und der gestiegene Wert systematisierter Personalentwicklung haben zu einer hohen Nachfrage insbesondere nach Recruiting- und Talentmanagementlösungen geführt. Die größtenteils aus dem Ausland kommenden Cloud-Anbieter haben den deutschsprachigen Markt gehörig durcheinandergewirbelt. Sie setzten neue Maßstäbe, was Usability und Prozessunterstützung betrifft. In keinem anderen Business-Software-Segment konnten sich Cloud-Lösungen so schnell etablieren. Kennzeichnend für den HR-Software-Markt sind zudem das Fehlen eindeutiger Platzhirsche und das kaum überschaubare Angebot von kleinen und mittelständischen Softwarehäusern. Den Softwareherstellern ist es dabei noch nicht gelungen ist, die vielen Teildisziplinen der Personalarbeit zufriedenstellend in einer umfassenden HR-Suite abzubilden. Daher sind Unternehmen und Organisationen oft gezwungen, auf mehrere spezialisierte Lösungen zurückzugreifen.
Die HR-Software-Bereiche im Überblick:
Bewerbermanagement / Recruiting
Digitale Personalakte
HR Self Services / Mitarbeiterportal
Payroll / Lohn- und Gehaltsabrechnung
Personaleinsatzplanung / Workforce Management
Personalentwicklung / Weiterbildung
Personalkostenplanung / HR Analytics
Personalmanagement
Skill- und Kompetenzmanagement
Talentmanagement
Zeitwirtschaft
Zum Autor
Dominic Daubenberger ist Geschäftsführer der Consult-HR Unternehmensberatung. Sie ist spezialisiert auf IT-Lösungen für das Personalwesen und HR Software und berät unabhängig Unternehmen und Organisationen bei der Auswahl der geeigneten HR-Systeme und bei der Findung einer zukunftsfähigen IT-Strategie.