Unter dem Wort Ruhestand versteht SAP-Mitgründer Dietmar Hopp wohl etwas anderes: "Ich könnte mich nicht erinnern, dass ich mich mal hingesetzt und ferngesehen habe", sagt er: "Fußballspiele sehe ich meistens im Arbeitszimmer nebenher, wenn nicht gerade Hoffenheim spielt oder Deutschland bei der WM!"
Andere Menschen in seinem Alter geben sich vielleicht mit ihren Enkeln, Fußball schauen oder Golfspielen zufrieden. Hopp reicht das nicht: Der SAP-Gründer ist Mehrheitseigner des Bundesligisten 1899 Hoffenheim, hat den Golfclub in St. Leon-Rot ins Leben gerufen und fördert neben sozialen Projekten mit seinem Vermögen Biotech-Firmen.
"Vor fünf Jahren habe ich schon gesagt: 'Ich fange nichts Neues mehr an, was ich auch gemacht habe, sonst ginge gar nichts mehr'", sagte Hopp jüngst der Deutschen Presse-Agentur und räumt freimütig ein: "Das ist mein größter Fehler. Ich habe zu viel angefangen." Er feiert am Sonntag (26. April) seinen 75. Geburtstag.
Hopp ist in Hoffenheim aufgewachsen. Fußball ist seine große Leidenschaft. Er kickt als Jugendlicher bei 1899 Hoffenheim. Schon als junger Mann nimmt er sich aber auch vor, Millionär zu werden. "Ich habe zwar nicht schlecht Fußball gespielt", sagt er, "aber es hat nicht gereicht, damit Geld zu verdienen." Stattdessen verdient er sich das Studium der Nachrichtentechnik in Karlsruhe, indem er die "Badischen Neuesten Nachrichten" verpackt und Speicher ausräumt.
1972 schart er vier IBM-Kollegen um sich und gründet mit ihnen das Softwareunternehmen SAP. "Wir hatten Riesenglück und waren zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort", resümiert Hopp. "Wir hatten damals Zeit - unsere Startup-Phase dauerte etwa zehn bis 15 Jahre."
- 2016
Auf der Kundenkonferenz Sapphire kündigte SAP im Mai eine Kooperation mit Microsoft an. Beide Hersteller wollen künftig SAPs In-Memory-Plattform HANA auf Microsofts Cloud-Infrastruktur Azure unterstützen. Microsofts CEO Satya Nadella sagte: "Gemeinsam mit SAP schaffen wir ein neues Maß an Integration innerhalb unserer Produkte." - 2016
SAP und Apple wollen gemeinsam native Business-iOS-Apps für iPhone und iPad entwickeln. Experten sehen SAPs Festlegung auf eine mobile Plattform kritisch und monieren fehlende Offenheit. Anwendervertreter reagierten überrascht und verlangten Aufklärung was die neue Mobile-Strategie bedeutet. - 2015
Im Sommer verunglückt SAP-CEO Bill McDermott bei der Geburtstagsfeier seines Vaters. Er stürzt mit einem Glas auf der Treppe und verliert nach einer Operation ein Auge. Im Herbst meldet sich der US-amerikanische Manager als wieder voll einsatzfähig zurück. - 2015
Im Februar stellt SAP mit S/4HANA eine neue Generation seiner Business-Software und damit den Nachfolger für die Business Suite vor. SAP definiere damit das Konzept des Enterprise Resource Planning für das 21. jahrhundert neu, pries SAP-Chef Bill McDermott die Neuentwicklung. Für den Großteil der Unternehmen dürfte das Produkt noch Zukunft bleiben, konterte die Anwendervereinigung DSAG. Die Prioritäten vieler Kunden lägen eher auf klassischen Projekten rund um das ERP-System. - 2014
SAP-Technikchef Vishal Sikka gibt im Mai seinen Posten auf und wird CEO von Infosys. SAP sucht lange einen Nachfolger für Sikka, holt im November schließlich den langjährigen Microsoft-Manager Quentin Clark für diesen Posten. - 2012
Die Walldorfer setzen mit dem Kauf des amerikanischen Cloud-Computing-Anbieters SuccessFactors ihren Weg ins Cloud-Geschäft fort – nachdem kurz zuvor Wettbewerber Oracle RightNow übernommen hat. Der Kaufpreis lag mit 2,4 Milliarden Euro über die Hälfte höher als der aktuelle Marktwert. Cloud-Services werden mit der SuccessFactors-Lösung vor allem im Human-Ressources-Umfeld angeboten. Außerdem schnappt sich SAP den weltweit zweitgrößten Cloud-Anbieter für Handelsnetzwerke Ariba für 3,3 Milliarden Euro. - 2011
In 2011 ist das Formtief vergessen, die Walldorfer fahren die besten Ergebnisse ihrer Geschichte ein. Die Innovationsstrategie geht auf, auch wenn zwischendurch gezweifelt wurde, ob SAP seinen Kunden nicht davon-sprintet: 2011 implementieren die ersten Kunden die In-Memory-Plattform HANA, immer mehr Kunden nutzen die mobilen Lösungen, die aus dem Sybase-Deal entstanden sind. - 2010
Der Paukenschlag: Hasso Plattner reißt mit dem Aufsichtsrat das Ruder herum. Der glücklose Léo Apotheker, der zuvor mit der Erhöhung der Wartungsgebühren viele Kunden vor den Kopf gestoßen hatte, muss gehen. Die neue Doppelspitze aus Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe verspricht den Anwendern wieder mehr Kundennähe. CTO Vishal Sikka wird Vorstandsmitglied und SAP übernimmt Sybase, einen Anbieter für Informationsmanagement und die mobile Datennutzung, zum Preis von etwa 5,8 Milliarden Dollar. - 2008
Mit der Erhöhung der Wartungsgebühren von 17 auf 22 Prozent und den Modalitäten des „Enterprise Support“, die viel Aufwand für die Anwender bringen, verärgert SAP seine Kunden massiv. Trotz intensiver Auseinandersetzung auf dem DSAG-Kongress bleibt SAP bei seiner Linie. Mittlerweile ist Léo Apotheker zweiter Vorstandssprecher neben Kagermann. Ende des Jahres beugt sich SAP dem Kundenwiderstand. - 2008
Die größte Übernahme in der Unternehmensgeschichte: 2008 kauft SAP den Business-Intelligence-Spezialisten Business Objects für 4,8 Milliarden Euro und wird damit der bisherigen Strategie untreu, aus eigener Kraft zu wachsen. Die Integration mit der eigenen SAP-BI-Palette gestaltet sich aufwendig und wird sich über mehrere Jahre hinziehen. Die 44.000 BO-Kunden sollen dabei helfen, die Kundenzahl bis 2010 auf 100.000 zu steigern. - 2007
Über viele Jahre hinweg entwickelt SAP an der SaaS-ERP-Lösung Business byDesign für kleinere Unternehmen. Rund drei Milliarden Euro wurden laut „Wirtschaftswoche“ im Entstehungsprozess versenkt. Trotz der Arbeit von 3000 Entwicklern kommt die Software Jahre zu spät. Obwohl innovativ, hat es die Lösung schwer im deutschen Markt. 2013 wird byDesign ins Cloud-Portfolio überführt. - 2006
Mit „Duet“ bringen SAP und Microsoft eine gemeinsame Software auf den Markt, mit der sich MS Office einfach in SAP-Geschäftsprozesse einbinden lassen soll. 2006 wird auch die Verfügbarkeit der neuen Software SAP ERP angekündigt, die auf dem SOA-Prinzip (Service oriented Architecture) basiert. - 2003
Abschied des letzten SAP-Urgesteins: Hasso Plattner zieht sich aus dem Vorstand zurück und geht in den Aufsichtsrat, Henning Kagermann wird alleiniger Vorstandsprecher. SAP stellt die Integrationsplattform NetWeaver vor, die Basis für künftige Produkte sein soll. Die Mitarbeiterzahl liegt jetzt bei 30.000. - 2002
Der ERP-Hersteller will das bisher vernachlässigte Feld der KMUs nicht mehr dem Wettbewerb überlassen. Auf der CeBIT 2002 stellt SAP mit Business One eine ERP-Lösung für kleine bis mittelständische Unternehmen mit rund fünf bis 150 Mitarbeitern vor. Doch einfach haben es die Walldorfer in diesem Marktsegment nicht. Zu stark haftet der Ruf an den Walldorfern, hauptsächlich komplexe und teure Lösungen für Konzerne zu bauen. - 1999
Die New Economy boomt und der E-Commerce hält Einzug bei SAP: Plattner kündigt die neue Strategie von mySAP.com an. Die Software soll Online-Handels-Lösungen mit den ERP-Anwendungen auf Basis von Webtechnologie verknüpfen. Im Vorjahr hatten die Walldorfer ihr Team um die Hälfte verstärkt, jetzt arbeiten 20.000 Mitarbeiter bei SAP. Weil die Kunden beim Umstieg mehr zahlen sollen, gibt es längere Zeit Gegenwind, schließlich werden die Internet-Schnittstellen auch im Rahmen der R/3-Wartung geboten. Derweil ist die Zentrale gewachsen. - 1997
Die SAP-Anwender organisieren sich in der Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe e.V. (DSAG), um ihre Interessen gemeinsam besser vertreten zu können. Laut Satzung ist das Ziel des Vereins die „partnerschaftliche Interessenabstimmung und Zusammenarbeit zwischen SAP-Softwarebenutzern und SAP zum Zweck des Ausbaus und der Verbesserung der SAP-Softwareprodukte“. - 1997
Der ERP-Hersteller feiert sein 25. Jubiläum, zum Gratulieren kommt Bundeskanzler Helmut Kohl, der im Jahr darauf von Gerhard Schröder abgelöst wird. Der Umsatz liegt bei über sechs Milliarden Mark, das Geschäftsergebnis erstmals über der Milliarden-Grenze. Mehr als zwei Drittel werden im Ausland erwirtschaftet. SAP beschäftigt knapp 13.000 Mitarbeiter und geht an die die Börse in New York (NYSE). - 1995
1995 versucht der ERP-Anbieter erstmals, in Zusammenarbeit mit Systemhäusern den Mittelstandsmarkt zu beackern. Es sollte noch einige Jahre dauern, bis sich mehr mittelständische Unternehmen auf die komplexe Software einlassen wollten. Mit knapp 7.000 Mitarbeitern erwirtschaftet SAP einen Umsatz von 2,7 Milliarden Mark, mehr als doppelt so viel wie noch zwei Jahre zuvor. Rudolf Scharping, damals noch SPD-Parteivorsitzender, kommt zu Besuch. - 1993
Shake-Hands zwischen Plattner und Gates. SAP schließt ein Kooperationsabkommen mit Microsoft ab, um das System R/3 auf Windows NT zu portieren. SAP kauft zudem Anteile am Dokumentenmanagement-Anbieter IXOS. Zum ersten Mal überschreiten die Walldorfer die Milliardengrenze beim Umsatz. - 1992
Seit 1992 wird R/3 ausgeliefert. Die Walldorfer hatten die Software für die AS/400 von IBM konzipiert, nach Performance-Problemen wich man auf Unix-Workstations mit Oracle-Datenbank im Client-Server-Prinzip aus. Das internationale Geschäft wächst: 1992 verdient die SAP im Ausland schon knapp die Hälfte von dem, was sie in Deutschland einnimmt. Der Gesamtumsatz beläuft sich auf 831 Millionen Mark. 3157 Mitarbeiter sind jetzt für SAP tätig. - 1991
In diesem Jahr steigt Henning Kagermann (rechts im Bild), der seit 1982 die Entwicklungsbereiche Kostenrechnung und Projektcontrolling verantwortet, in den Vorstand auf. - 1990
SAP übernimmt das Softwareunternehmen Steeb zu 50 Prozent und das Softwarehaus CAS komplett, um das Mittelstandsgeschäft zu verstärken. Die Mauer ist gefallen und die Walldorfer gründen gemeinsam mit Siemens Nixdorf und Robotron die SRS in Dresden. Die Berliner Geschäftsstelle wird eröffnet und SAP hält seine erste Bilanzpressekonferenz ab. - 1988
SAP geht an die Börse: Hasso Plattner am ersten Handelstag der SAP-Aktie. - 1987
Der erste Spatenstich: Dietmar Hopp startet 1987 den Bau der SAP-Zentrale in Walldorf. - 1983
1983 zählt das Unternehmen 125 Mitarbeiter und erwirtschaftet 41 Millionen Mark im Jahr. Nach der Fibu adressiert SAP auch das Thema Produktionsplanung und -steuerung. Beim Kunden Heraeus in Hanau wird zum ersten Mal RM-PPS installiert. Im Jahr zuvor hatten die Gründer von SAP (v.l.: Dietmar Hopp, Hans-Werner Hector, Hasso Plattner, Klaus Tschira) zehnjähriges Jubiläum gefeiert. - 1979
SAP setzte sich mit dem Datenbank- und Dialogsteuerungssystem der IBM auseinander: Das war der Auslöser eine die Neukonzeption der Software und Grundstein für SAP R/2. Aus den Realtime-Systemen entstand in den 70iger Jahren das Online Transaction Processing (OLTP). So sahen Anfang der 80iger Jahre die Arbeitsplätze bei SAP aus. - 1976
Die Software sollte Lohnabrechnung und Buchhaltung per Großrechner ermöglichen. Anstatt auf Lochkarten wurden die Daten per Bildschirm eingegeben – das nannte sich Realtime und das „R“ blieb über Jahrzehnte Namensbestandteil der Lösungen. Weil die Software erstmals nicht nur für ein Unternehmen entwickelt wurde, sondern universeller einsetzbar war, gilt SAP als Miterfinder des Standardsoftware-Ansatzes. Aber auch der Fußball kam nicht zu kurz: Das Computerteam mit Hasso Plattner und Dietmar Hopp auf dem Feld. - 1972
1972 gründen die fünf ehemalige IBM-Mitarbeiter Claus Wellenreuther, Hans-Werner Hector, Klaus Tschira, Dietmar Hopp und Hasso Plattner das Unternehmen „SAP Systemanalyse und Programmentwicklung“. Sie wollen eine Standardanwendungssoftware für die Echtzeitverarbeitung schaffen, die sich für unterschiedliche Unternehmen nutzen lässt und die Lochkarten ablöst.
Hopp hat die Softwarefirma bis zu seinem Rückzug aus dem Aufsichtsrat im Jahr 2005 geprägt. "Vadder Hopp" nennt ihn die Belegschaft noch heute. "Wäre die Mitarbeiterzufriedenheit damals in mein Gehalt eingeflossen, wie das neuerdings bei einem Konzern geplant ist, hätte ich gutes Geld verdient", schmunzelt er.
Obwohl er als Übervater gilt, ist er nahbar. Seine Tür steht immer offen, er spielt mit der Belegschaft Fußball. Gern lassen er und Mitgründer Hasso Plattner ihre Teams gegeneinander antreten. Die beiden Charaktere sind gegensätzlich. "Bei Dietmar war das Besondere, dass er das Machbare erkannte aus den Entwicklungsvorhaben von Hasso Plattner", sagt Hopps Freund und SAP-Mitarbeiter Rainer Kaiser. "Das gipfelte in den legendären Tennismatches von 'HoppPla'. Mittlerweile vergleichen sich die beiden beim Golfen."
Und seine erste Million? Das weiß Hopp, der heute mit seiner Familie laut US-Magazin "Forbes" auf einem Vermögen von 7,3 Milliarden Dollar (6,7 Milliarden Euro) sitzt, gar nicht mehr so genau. "In dem Moment als wir an der Börse waren, war das sicherlich der Fall", sagt er.
Sein Geld steckte er nicht nur in Biotechnologie. Einen Großteil seiner SAP-Aktien brachte Hopp 1995 in die nach ihm benannte Stiftung ein. Sie fördert Projekte in den Bereichen Jugendsport, Medizin, Soziales und Bildung - vorwiegend im Rhein-Neckar-Gebiet. "Ich habe es als ungerecht empfunden, dass ich so viel Geld habe", sagt er.
Im Gegensatz zu Hasso Plattner ist Hopp in der Region geblieben. Seinem Heimatverein 1899 Hoffenheim ermöglichte der Milliardär einen unvergleichlichen Aufstieg in die Bundesliga. Im ersten Erstliga-Jahr 2008 war der Dorfclub sogar Herbstmeister im Oberhaus. Bei den Kraichgauern ist er jetzt Mehrheits-Anteilseigner. "Damit ist der Bestand und die Zukunft des Clubs gesichert", sagt Hopp. Sein Sohn Daniel soll eines Tages sein Werk weiterführen.
Bisher hat er rund 350 Millionen Euro in seinen Verein investiert. Hopp will aber, dass 1899 Hoffenheim wirtschaftlich möglichst bald auf eigenen Beinen steht. Bei gegnerischen Fans muss Hopp oft als Hassfigur des Fußball-Kapitalismus herhalten, er selbst sagt, er unterstütze seinen Club bereits seit 61 Jahren. Verantwortliche wie Sportchef Alexander Rosen betonen zwar immer wieder, dass der Mäzen kein Interesse daran habe, sich ins Alltagsgeschäft einzumischen, ohne sein Okay läuft aber kein größerer Transfer. Nach wichtigen Heimsiegen marschiert Hopp in die Kabine, um mit den Profis das eher altmodische "Zicke zacke zicke zacke hoi hoi hoi!" anzustimmen.
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Doch obwohl Hopp kürzlich bemängelte, das Joseph Blatter als Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA mit 79 "viel zu alt" sei, um wiedergewählt zu werden, kann er selbst nicht loslassen: "Ich würde das gerne noch mit 85 machen", sagte er jüngst über seine Rolle als Macher bei Hoffenheim. "Ich will das, was ich eingegangen bin an Verpflichtungen, gut zu Ende bringen", begründet er seine Unrast.
Zumindest an seinem Geburtstag wird Hopp sich Zeit zum Golfspielen nehmen, wenn auch nicht wie ein normaler Rentner: Er veranstaltet ein Turnier auf seinem Platz in St. Leon-Rot. Dann wird Hopp auch wieder einmal Gelegenheit haben, gegen Hasso Plattner anzutreten, der eigens anreist. (dpa/tc)