Zumeist werden Mittelständler gemäß dem Statistischen Bundesamt als "Unternehmen mit 20 bis 500 Mitarbeitern" definiert. Dies ist aus Sicht der Experton Group für eine Betrachtung des IT-Services-Marktes in diesem Segment nicht adäquat. Die Experton Group segmentiert den deutschen Mittelstand branchenübergreifend wie folgt:
Hier lesen Sie ...
-
dass Outsourcing auch für den Mittelstand interessant wird;
-
was dabei beachtet werden muss;
-
wie sich die Rolle der CIO dadurch verändern wird.
-
"Oberer Mittelstand" - Unternehmen mit mehr als 500 IT-Arbeitsplätzen. In Deutschland gibt es zirka 950 solche Anwenderfirmen.
-
"Mittlerer Mittelstand" - Unternehmen/Organisationen mit mehr als 250 IT-Arbeitsplätzen, Zirka 5000 bis 6000 solche Anwenderfirmen existieren in Deutschland.
Langfristig planen
Unternehmen mit weniger als 250 IT-Arbeitsplätzen gehören sicher auch noch zum "unteren Mittelstand", stehen aber nicht im Fokus dieser Analyse, die sich in erster Linie den verschiedenen Dienstleistungsarten widmet.
Die Outsourcing-Angebote waren bisher überwiegend auf größere Unternehmen zugeschnitten, da sich der Aufwand für kleinere Firmen kaum lohnte. Inzwischen haben aber sowohl große Unternehmen als auch der obere Mittelstand Erfahrungen gesammelt, von denen jetzt der mittlere Mittelstand profitieren kann.
Aus den bisherigen Erfahrungen können folgende Regeln und "Best Practices" abgeleitet werden: Das Argument "Kosten sparen" greift immer zu kurz.
Versprechungen wie beispielsweise "Der IT-Betrieb wird unter sonst gleichen Rahmenbedingungen 30 Prozent günstiger" sind unseriös und sollten weder für Anwender noch für Anbieter eine Diskussionsgrundlage darstellen.
Qualitätsverbesserung und Entlastung von Standardaufgaben müssen die Ziele sein.
Relativ einfache, hoch standardisierte IT-Aufgaben können in der Regel von IT-Dienstleistern erheblich besser und effektiver erbracht werden als im eigenen Haus. Dazu gehören Desktop-Management, LAN- und Server-Betrieb. Nach einer anfänglichen Investitionsphase, in der Geräte und Services standardisiert werden, steigt meistens die Qualität, während sich Kosten und Risiko reduzieren.
Der IT-Dienstleister ist der Partner in einer langfristigen Geschäftsbeziehung. Seine Auswahl ist relativ schwierig, entsprechende Ressourcen müssen dafür eingeplant werden.
Preis-Dumping lohnt sich nicht
Die Geschäftsbeziehung sollte langfristig angelegt sein (fünf Jahre Vertragslaufzeit mit Zwischen-Benchmark nach 30 Monaten), und beide Seiten sollten sich auf faire, marktkonforme Preise einigen. Preis-Dumping führt immer zu erheblichen Qualitätseinbußen und sollte daher vermieden werden. Komplett-Outsourcing ist zu abzulehnen. Die Nutzung von IT für bessere und flexiblere Geschäftsprozesse sowie zu einer schnellen Einführung von Innovationen im Unternehmen wird immer wichtiger. Daher wäre es fatal, die IT komplett nach außen zu geben. Ein relativ kleines, hoch qualifiziertes Team zur Steuerung des IT-Dienstleisters und (zumindest) Projektleitung bei Innovationsprojekten sollte immer im Unternehmen verbleiben. Diese Mitarbeiter zu finden, zu halten und zu motivieren wird in der Zukunft immer schwerer fallen.
Die immer noch gültige Grundregel lautet: "So viel wie möglich outsourcen, so viel wie nötig intern leisten." Gezieltes Outsourcing/Outtasking ist aktuell also auch für Unternehmen ab 250 IT-Arbeitsplätzen ein angemessenes Instrument, die IT-Leistung insgesamt zu verbessern.
Unter dem Begriff Application-Service-Providing (ASP) scheiterte dieser Ansatz vor einigen Jahren kläglich. Mittlerweile zeigen die Analysen der Experton Group, dass sowohl das Angebot wie auch die Anwender erheblich reifer geworden sind und der Service eine zweite Chance verdient. Die Zielapplikationen sind zum einen relativ standardisierte (SAP Basis, Exchange, Notes, ...), zum anderen relativ alte Systeme. Für die erste Gruppe gestaltet sich das Application-Management-Angebot sehr vielfältig; für die Legacy-Systeme ist die Auswahl eines geeigneten Dienstleisters eher schwierig.
Die Experton Group empfiehlt besonders Anwendern, die ihre Systeme im reinen Hosting-Betrieb haben, das Angebot von Application- Management-Services intensiv zu prüfen. In den vergangenen Jahren waren die Versprechen von Dynamik und Flexibilität zumeist zu optimistisch, dies ändert sich aber kräftig. Die Experton Group hält Application-Management für den oberen Mittelstand immer und für den mittleren Mittelstand vereinzelt für attraktiv.
Offshoring
Nach Jahren, in denen insbesondere Großunternehmen Offshoring-Services zur Applikationsentwicklung genutzt haben und das Angebot für den Mittelstand eher unattraktiv war, zeichnet sich auch hier ein Wandel ab.
Zwar empfiehlt die Experton Group nur wenigen mittelständischen Unternehmen, direkten Kontakt zu einem Offshoring-Anbieter in Indien, China und anderen weit entfernten Ländern aufzunehmen. Trotzdem werden solche Services zur Normalität. Dies liegt besonders daran, dass viele lokale Servicesanbieter gezwungen sind, Offshoring-Elemente in das eigene Angebot einzubauen und auch die führenden in Deutschland ansässigen indischen IT-Dienstleister die Spezifika dieses Marktes besser verstehen.
Auch mittelständische Anwender sollten die Scheu vor Offshoring-Services aufgeben und diese gezielt nutzen. Dabei steht neben dem Kostenargument (Stundensätze) immer mehr die Qualitäts- und Prozessverbesserung im Vordergrund.
Managed Desktop Services
Desktop-Services gehören zu den hoch standardisierten Commodity-Angeboten, die jeder mittelständische Anwender, der auslagern will, in Betracht ziehen sollte. Oft wird diesem Bereich kein besonderer Wert beigemessen und das billigste Angebot gesucht. Dabei werden aus Sicht der Experton Group zwei wichtige Parameter oft ignoriert:
-
Das "Endgerät" ist die Schnittstelle zum Anwender und die Visitenkarte des IT-Betriebs. Wird hier gespart und zu wenig auf Qualität geachtet, sinkt sofort die "Kundenzufriedenheit" der Mitarbeiter.
-
Das Thema wird durch steigende Mobilität, neue Applikationen und Einführung neuer Prozesse in der Zukunft wieder deutlich komplexer.
Daher sollte dem Betrieb der Endgeräte und Clients (Desktop-PC, Notebook, Smartphone etc.) die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet werden. Eine billige, unflexible Basislösung greift in den allermeisten Fällen zu kurz.
Mittlerweile gibt es ausgereifte, flexible und trotzdem kostengünstige Angebote in diesem Bereich auch für den mittleren Mittelstand ab zirka 250 IT-Arbeitsplätzen. Nicht unterschätzen darf man allerdings eine in den meisten Fällen notwendige Anfangsinvestition in die Standardisierung der Client-Landschaft und die Einführung von adäquatem System-Management. Eine schlechte Client-Infrastruktur auszulagern führt immer zu Chaos und Unzufriedenheit.
Die Rolle des CIO im Mittelstand
Der CIO - sowohl im oberen wie im mittleren Mittelstand - wird immer mehr zum intelligenten Sourcing-Fachmann und internen Business-Innovator, der sich durch Kontrolle und Übersicht auf der einen Seite und Weitblick hinsichtlich technologischer Innovationen auf der anderen Seite auszeichnet. Damit verändern sich klassische Rollenbilder stark, und die Anforderungen an einen CIO, aber auch seine Wertschätzung wachsen erheblich. Lösen muss sich der CIO auf jeden Fall von der Vorstellung, dass viele interne IT-Mitarbeiter ein Zeichen seiner Macht sind.
Zeit für die Suche einplanen
Viele CIOs im Mittelstand sind schon sehr weit auf diesem Weg, ihre Rolle und Bedeutung im Unternehmen kontinuierlich auszubauen. Das intelligente Sourcing schafft hier die Grundlage, sich auf die wichtigen, zukunftsgerichteten Themen konzentrieren zu können.
Eine große Herausforderung im Bereich Sourcing ist für den CIO die Auswahl der richtigen Partner. Hier können keine pauschalen Ratschläge gegeben werden, außer dem Hinweis, dass für diese Suche genug Zeit und Kapazität eingeplant werden müssen. (ciw)
Fazit
Gemessen am Pro-Kopf-An- teil an den gesamten IT-Aus- gaben nutzte der Mittelstand bisher wesentlich weniger IT-Services als Großunternehmen. Hier deutet sich derzeit (2006/2008) ein deutlicher, Wandel an, da das Angebot wesentlich besser auf die Zielgruppe Mittelstand zugeschnitten wurde und auch die Sourcing-Affinität der dortigen CIOs zugenommen hat.
Jetzt müssen beide Seiten zeigen, dass mit IT-Dienstleistung ein nachweisbarer Mehrwert für die Kundenfirmen zu erzielen ist.