Noch vor der ersten Einführung einer Touchscreen-Version von Office für Windows 8 präsentiert Microsoft Word-, Excel- und PowerPoint-Apps für das iPad. Auch wenn hierdurch zahlreiche Windows-Anwender verärgert werden dürften, ist die Signalwirkung von besonderer Bedeutung. Es ist zwar eigentlich keine Besonderheit mehr, dass etablierte Software- und Serviceanbieter eine App für die Plattform präsentieren. Allerdings wird mit dieser Veröffentlichung der Wille - beziehungsweise der Zwang - von Microsoft sichtbar, Services auf allen wichtigen Pattformen bereitzustellen.
Freilich gibt es schon zahlreiche Services wie OneDrive, OneNote oder Skype, die auf Android, iPad und Co. genutzt werden können. Aber mit einer Bevorzugung des iPads gegenüber dem hauseigenen Surface oder Produkten von Partnern wie Lenovo oder Fujitsu wird die Seriosität der plattformübergreifenden Servicestrategie untermauert.
Kostenlose und bezahlpflichtige Funktionen
Microsoft vermarktet die Office-Apps für das iPad in Form eines "Freemium"-Modells. Der Begriff "Freemium" bezieht sich auf ein Konzept für mehrstufige und mehrseitige Geschäftsmodelle. Die Idee dahinter basiert auf der Annahme, ein großes Kundensegment mit einem kostenlosen Angebot versorgen zu können. Aus dieser Anwendergruppe lässt sich ein Cluster segmentieren, der bereit ist, für mehrwertige Leistungen zu bezahlen.
- Microsoft Excel for iPad
- Microsoft Powerpoint for iPad
- Microsoft Word for iPad
- Microsoft Word for iPad
Mit simultaner Bearbeitung - Microsoft Word for iPad
Mit Office 365 und One-Cloud-Integration
Die Monitarisierungskomponente für die iPad-Apps ist Office 365. Doch die für "touch-first" entwickelten Apps ermöglichen in der kostenlosen Variante kein umfassendes Bearbeiten und Gestalten. Um Dokumente zu bearbeiten, ist ein kostenpflichtiges Abonnement von Office 365 notwendig. Qualifizierte Servicepläne sind unter anderem Office 365 Midsize Business, Office 365 Enterprise E3 und E4 oder Office 365 ProPlus.
Die Zukunft von Microsoft Office
Mit der aktuellen On-Premises-Office-Generation Office 2013 hat Microsoft sein traditionelles Geschäftsmodell noch nicht aufgegeben. Der Office-2013-Client selbst wird noch mit einer entsprechenden (unbefristeten) Lizenz angeboten. Gleiches gilt für Office-Server-Exchange, SharePoint, Lync und Project. Die einzelnen Serverprodukte können einzeln betrieben und genutzt werden. Ein Support wird bis in das nächste Jahrzehnt angeboten.
Es ist allerdings zu erkennen, dass die Innovationen zukünftig stärker aus der Integration der Server kommen und sich der Entwicklungsschwerpunkt klar in Richtung Cloud-Bereitstellung verlagert - mit entsprechenden Abrechnungsmodellen. Die Bereitstellungsintervalle werden immer kürzer. Bereits heute stehen alle paar Wochen neue Funktionen oder kleinere Anpassungen zur Verfügung.
Innovationen kommen aus der Cloud - oder werden für Cloud-Szenarien entwickelt. Sie sind ausgelegt auf Zeitersparnis, Produktivität und Personalisierung. Ziel ist das digitale Unternehmen, in dem sich Mitarbeiter vernetzen und aus Daten und Informationen Wissen generieren. Ein aktuelles Beispiel ist die unter dem Projektnamen "Oslo" vorgstellte App, die auf Office Graph basiert. Office Graph ist eine selbstlernende Suche, die über Dokumente, Personen und Beziehungen das finden soll, was Anwender im Alltag und für ihre individuellen Arbeitsabläufe benötigen. Anwendungen wie "Oslo" sollen automatisch alle Beziehungen zu Kollegen, Terminen, Inhalten aus Blogs, Teamsites und Dateien zusammenführen. Konzepte wie "Oslo" sind eine Erfindung von Enterprise Search und Grundlage für die nächste Generation von Portalen im Unternehmen. Es ist ein Verkleben und Zusammenwachsen von sonst getrennten Produkten.
Das Zusammenwachsen der Serverprodukte im Rechenzentrum der Anwender und die Möglichkeiten der Cloud-Bereitstellung führen dazu, dass sich die Wahrnehmung und Bedeutung der Office-Produktivitätslösungen von Microsoft in Zukunft ändern werden. Wollen Unternehmen ihre Investition schützen, müssen sie Arbeitsweisen und Prozesse anpassen. Prozesse von gestern und heute passen nicht zu den Office-Lösungen von morgen. Da ein solcher Anpassungsprozess nicht von heute auf morgen realisiert werden kann, muss frühzeitig mit einer Umstrukturierung begonnen werden.
Unternehmen, die eine solche Umstellung nicht forcieren - oder aktiv unterstützen wollen -, müssen ihr Engagement in Microsoft-Office-Lösungen überprüfen.
Einschätzungen und Empfehlungen
• Mit den Apps für das iPad liefert Microsoft neuentwickelte und ausgereifte Lösungen für diese Geräteklassen. Unternehmen bekommen eine weitere Möglichkeit, Office-Produktivitätslösungen auf mobilen Geräten einzusetzen. Hierdurch ergeben sich neue Möglichkeiten, Arbeitsszenarien zu entwickeln. Die Kombination mit den Angeboten der Office-365-Familie ist nur ein logischer Schritt. Er verstärkt den Druck auf Anwenderunternehmen, sich stärker mit diesem Bereitstellungsmodell zu beschäftigen.
• Bevor Sie zukünftig pauschal Office kaufen oder lizenzieren, sollten Sie im Vorfeld eine eingehende Bedarfsprüfung durchführen. Hierzu gilt es zu ermitteln, welche Komponenten benötigt und auf welchen Endgeräten diese genutzt werden.
• Der Einsatz von Office-Produktivitätslösungen erfolgt immer häufiger in mobilen Szenarien. Validieren Sie, in welchem Umfang Ihre Mitarbeiter Office bzw. Daten aus Office in mobilen Szenarien nutzen können oder wollen. Entwickeln Sie Ansätze für die Bereitstellung von Inhalten auf unterschiedlichen Formfaktoren. (mje)
Eine umfassende Analyse über die Zukunft von Microsoft Office sowie Empfehlungen zum Umgang mit dem Lieferanten Microsoft finden IT-Entscheider in der neuen Monatsausgabe des MSFTbriefing, die wir Lesern gratis zur Verfügung stellen. MSFTbriefing ist der herstellerunabhängige Wissens- und Informationsdienst für Microsoft-Software, -Services und -Geräte der Beratungs- und Analystenhäuser techconsult & Avispador.