Wenn Unternehmen sich heute mit Social Media beschäftigen, dann ist Facebook gleich Thema Nummer eins. Für knapp 80 Prozent von 146 Teilnehmern, die im Rahmen des "TrendMonitors" vom Computerwoche-Herausgeber IDG Business Media GmbH befragt wurden, ist eine Präsenz auf der Social-Network-Plattform des US-Unternehmens Pflicht. Dass Unternehmen Sichtbarkeit im Social Web anstreben und sich dort mit einer eigenen Firmenseite präsentieren, war erwartbar, weil Facebook nach wie vor als Pionier und Platzhirsch im Social-Media-Geschäft gilt.
Bemerkenswert ist dagegen die relativ große Bedeutung der B2B-Plattform Xing für hiesige Unternehmen. Fast drei Viertel der Befragten gaben an, dass ihr Arbeitgeber auch auf dieser vor allem in Deutschland genutzten Kontaktbörse aktiv ist. Die international bekanntere Alternative LinkedIn spielt in den Social-Media-Planungen hiesiger Firmen keine besonders wichtige Rolle. Die Frage nach einer dort gepflegten Präsenz bejahten aber immerhin auch 39,1 Prozent der Teilnehmer. Hinter Facebook und Xing sind Youtube (47,1 Prozent) und Twitter (42,5 Prozent) die Social-Plattformen, auf denen sich deutsche Firmen zeigen. Nur Google+ bleibt mit 23 Prozent noch hinter LinkedIn zurück.
- Risiken durch Social Media
Nichts fürchten die Befragten im Social Web mehr als unkontrollierbare Schimpftiraden und geschwätzige Mitarbeiter. - 41,9 Prozent fürchten:
Fehlende Vorkehrungen gegen einen „Shitstorm“ <br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor - 37,6 Prozent fürchten:
Interna dringen nach außen<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor - 34,2 Prozent fürchten:
Private Social Media verschwenden Arbeitszeit<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor - 23,1 Prozent fürchten:
Es entsteht ein falsches Unternehmensbild<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor - 22,2 Prozent fürchten:
Gefahren für die Unternehmens-IT<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor - 18,0 Prozent fürchten:
Social Media werden überschätzt<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor
Was Social Media tatsächlich bringt, wissen nur wenige
Vielen geht es in ihren Social-Media-Bemühungen darum, bestehende (76,5 Prozent) und potenzielle Endkunden (73 Prozent) zu erreichen sowie Fachkräfte zu rekrutieren (51,8 Prozent). Dafür gelten Facebook beziehungsweise Xing als prädestiniert. "Xing ergibt für die Personalsuche auf jeden Fall Sinn, weil Unternehmen dort sehr einfach ein gutes Branding erreichen können", bestätigt Klaus Eck, Geschäftsführer des Social-Media-Beratungshauses Eck Kommunikation.
"Die Unternehmen können sich dort einschließlich ihrer Mitarbeiter zeigen. Das Ganze lässt sich mit aktuellen Unternehmensnachrichten anreichern - alles ohne großen Aufwand." Schwieriger gestalte es sich, die Stakeholder via Facebook zu erreichen. Dort müsse man regelmäßig neue Inhalte präsentieren und viel Geld in Werbung investieren, um eine hohe Reichweite zu erzielen. Eck erachtet auch Twitter und Corporate Blogs als wichtige Social-Media-Standbeine für PR-Abteilungen, um Multiplikatoren wie Journalisten und Blogger anzusprechen.
- Chancen durch Social Media
Marketing-Überlegungen prägen das Social-Media-Engagement: Man hofft, das Unternehmen zeitgemäß präsentieren zu können. - 46,0 Prozent hoffen auf:
Modernes Image für das Unternehmen<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor - 30,4 Prozent hoffen auf:
Präsentation von Neuheiten<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor - 30,4 Prozent hoffen auf:
Motivation für Mitarbeiter<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor - 27,0 Prozent hoffen auf:
Schnellere Kommunikation mit Partnern und Kunden<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor - 26,1 Prozent hoffen auf:
Neukundengewinnung<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor - 22,6 Prozent hoffen auf:
Intensivierung des Kundenkontaktes<br><br>Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen; Quelle: IDG Business Media/TrendMonitor
Ob sich das Engagement auszahlt, ist noch unklar. Die Frage nach einer vorläufigen Bilanz zum Social-Media-Engagement deutscher Unternehmen führte zu keinem eindeutigen Ergebnis. Einige Unternehmen sind sehr zufrieden (8,2 Prozent), wenige äußern sich unzufrieden (1,2 Prozent). Die meisten Antworten changieren zwischen "eher zufrieden" (29,4 Prozent), "zufrieden" (23,5 Prozent) und "eher unzufrieden" (17,7 Prozent). Das mag auch daran liegen, dass die Anwender selten ein konsequentes Monitoring der Kanäle betreiben. Zwar gibt es dafür Tools wie Radian6, Lithium oder Simplify360, doch häufig sind sie in den Unternehmen nicht zu finden. Weit über die Hälfte der Befragten gab an, kein solches Werkzeug zu nutzen. Nur gut jeder fünfte Teilnehmer lässt das Social Web definitiv mit technischer Hilfe beobachten.
Nichts tun ist fahrlässig
Die Sorglosigkeit überrascht angesichts der häufig geäußerten Furcht vor einem Shitstorm. 42 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Arbeitgeber nicht darauf vorbereitet sei, eine Flut negativer Wortmeldungen im Social Web zu erkennen, geschweige denn darauf zu reagieren. Laissez-faire, das bestätigt Berater Eck, kann sich im Social Web böse rächen. Meistens baut sich erst dann eine Welle der Entrüstung in sozialen Netzen auf, wenn die betroffenen Firmen nichts tun oder wenn das Community-Management versagt oder komplett fehlt, beobachtet Eck. Dennoch rät er zur Gelassenheit: "Unternehmen sollten sich eher sorgen, wenn keine Beschwerden sie erreichen. Die Kunden, die sich melden, haben ganz offensichtlich ein Anliegen und wollen eine Lösung", betont der Consultant. "Beschwerden machen Marken bekannter, man kann sie positiv nutzen."
- 5 Tipps für den Umgang mit Social Media
Social Media Guidelines, ein funktionierendes Monitoring und ein Krisenplan sollten in keinem Unternehmen fehlen. - 1. Social Media Guidelines:
Die Guidelines betrachtet Ansaldo als Basis jedes Social Media Governance Modells. Sie verfolgen zwei Ziele: Zum einen gibt man so den Mitarbeitern eine Anleitung für den Umgang mit Social Media an die Hand und zum anderen schützt man das Unternehmen und seine Kunden vor Risiken. 68 Prozent der Unternehmen gaben in der oben erwähnten Umfrage an, dass sie auf Social Media-Plattformen aktiv sind. Doch Social Media Guidelines sollten Unternehmen auch dann formulieren, wenn sie selbst nicht aktiv auf den Plattformen agieren. Auf Facebook sind fast eine Milliarde Menschen registriert, darunter sicherlich auch Angestellte, Kunden und Wettbewerber. - 2. Social Media Training:
In Zeiten von Social Media kann theoretisch jeder Mitarbeiter zum Sprachrohr seines Arbeitgebers werden. Da kann bereits ein einziger unüberlegter Tweet oder Facebook-Eintrag dem Unternehmens-Image Schaden zufügen. Social Media Guidelines allein reichen nicht aus, Mitarbeitertrainings sind ein wichtiger Bestandteil eines Social Media Governance Modells. - 3. Social Media Monitoring:
Auch wenn ein Unternehmen sich vielleicht offiziell nicht aktiv bei Facebook, Twitter und in Blogs engagiert - über die Marke oder einzelne Produkte wird im Netz sicherlich gesprochen. Social Media Monitoring ist heute ein besonders wichtiges Instrument, um das Gesagte zu beobachten und bei Bedarf einzuschreiten, zum Beispiel um eine Imagekrise zu verhindern oder bei Gerüchten gegenzusteuern - 4. Plan für Krisenmanagement:
Wie man mit einer Krise im Social Web umgeht, sollte man sich unbedingt vorab überlegen und nicht erst dann, wenn sich auf Twitter. Facebook und in Blogs Negativ-Einträge anhäufen. Ansaldo nennt als Beispiel Toyota: Als der Automobilhersteller 2009 zahlreiche Autos zurückrufen musste, verbreiteten sich Gerüchte und panische Einträge im Netz. Das Unternehmen reagierte damals nur langsam, nutzte dann aber Social Media für den Kundendialog. Deshalb: Wer Krisenmanagement plant, sollte sich unbedingt überlegen, wie man im Falle einer Krise zügig und angemessen auf Situationen reagieren kann. - 5. Regelmäßige Updates:
Ist das Social Media Governance Modell einmal in Kraft, ist die Arbeit nicht getan. Denn gerade der Bereich Social Media entwickelt sich so rasant, dass die einzelnen Bestandteile des Modells regelmäßig angepasst werden sollten. Um dies zu gewährleisten rät Ansaldo, ein Social Media Governance Team im Unternehmen zu etablieren, das regelmäßig alle Punkte überprüft und sie gegebenenfalls anpasst.
Die Ergebnisse des TrendMonitors zeigen, dass vieles im Umfeld der sozialen Plattformen noch ungeklärt ist. Die Unternehmen sehen, dass ein bedeutendes Thema auf sie zukommt, haben in zahlreichen Bereichen aber noch keine genauen Vorstellungen, wie sie sich verhalten sollen. Die Unsicherheit im Umgang mit den sozialen Kommunikationskanälen ist dem insgesamt recht schmalen Erfahrungsschatz geschuldet. Nahezu 80 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Unternehmen sich erst seit weniger als drei Jahren im Social Web tummelt, jeder Dritte hat seine Aktivitäten sogar erst im Lauf des vergangenen Jahres gestartet. Interessanterweise ist dennoch oft so etwas wie eine Strategie vorhanden: Nur ein Drittel der Befragten gibt an, keine zu haben, alle anderen verfügen über einen Fahrplan oder bereiten diesen gerade vor. Sie haben sich also Gedanken darüber gemacht, was und wohin sie mit ihrem Engagement wollen.
Policies sind noch die Ausnahme
Nicht ganz so gut sind die Firmen mit Richtlinien ausgestattet, die den Umgang der Mitarbeiter mit den sozialen Netzen regeln. Knapp 44 Prozent haben bislang keine Leitlinien aufgestellt, weitere 13,8 Prozent verzichten eigenen Angaben zufolge bewusst darauf. Dagegen gibt gut ein Drittel der Firmen seinen Mitarbeitern exakte Anweisungen oder wenigstens unverbindliche Empfehlungen für die Streifzüge durch die Weiten des Social Web aus.
Dabei sein ist Pflicht
Warum sich Firmen trotz aller Unwägbarkeiten bei Facebook und Co. zeigen, hängt mit den Chancen zusammen, die nahezu alle erkennen: Ein adäquater Auftritt kann dem Unternehmen ein junges, modernes Image verleihen. "Social Media verbessert die Reputation und rückt das Unternehmen näher an die Kunden", argumentiert Eck. "Unternehmen können zudem die Bedürfnisse der Kunden erkennen und so ihre Produkte und Services verbessern. Im Marketing kann Social Media die Werbung durch Storytelling ersetzen."
- Gartner-Tipps für Social Media
Die Kunst aber ist es, a) diese Kultur der Kommunikation zu fördern und b) die in ihr entstehenden Informationen herauszufiltern und in bestehende Business-Intelligence-Systeme zu integrieren. Zwölf Schritte gilt es laut Gartner für den CIO zu befolgen. - Aufmerksam schärfen:
IT und Business müssen sich bewusst werden, dass in den Informationen aus Sozialen Netzwerken ein Wert für das Business steckt. Das Sammeln und Interpretieren dieser Erkenntnisse - Social Analytics - muss darauf ausgerichtet sein, nach ihnen zu handeln. - Know-How ausbilden:
Ist das Wissen einmal da, sollte der CIO Entwicklungs-Pläne für wichtige Rollen in der Social-Media-Strategie gestalten. - Verständnis wecken:
Der CIO muss dem Business vermitteln, wie wichtig und hilfreich es ist, Menschen aus verschiedenen Abteilungen zu vernetzen und sie an Probleme zu setzen. - Vorleben:
Der CIO muss selbst in Sozialen Netzwerken aktiv sein - und dies auch kommunizieren. Nur wer diese Tools nutzt, kann sie auch glaubwürdig vertreten. Einmal die Woche sollte der IT-Chef mit den Kollegen, die am aktivsten sind in Sachen Social Media, Gedanken austauschen. - Loslegen:
Der CIO sollte sowohl Gruppen mit Leuten aus dem ganzen Unternehmen zusammenbringen als auch bestehende Gruppen an die Möglichkeiten heranführen, die in Social Media stecken. - Motivieren:
Mit Anreizen, und sei es öffentlicher Anerkennung, kann der CIO die Kollegen aus IT und den Fachabteilungen dazu bringen, selbst Social Media Projekte auf die Beine zu stellen. - Ziele stecken:
Social Media soll Business Value generieren, und deswegen auf Kern-Bereiche des Business zielen: Time to Market, Kundenbindung oder die Produktivität der Mitarbeiter. - Die IT-Governance überdenken:
Das Ziel muss das effektive und flexible Management von Informationen sein, nicht Kontrolle der Technologie. Das Auge der Security aber muss sich auf die neuen Technologien einstellen. - Social Media in die Architektur einbinden:
Dazu gehört, Tools und Prozesse zu gestalten, mit denen sich die Informationen zielführend verarbeiten lässt. Das Ziel ist, dass die Business-Entscheider nur die richtige Frage stellen müssen, um schnell Informationen für nachhaltige Entscheidungen zu bekommen. - Eine Strategie festlegen:
Sie sollte enthalten, wer die Adressaten und Teilnehmer der kollaborativen Kommunikation sind, wie weit das Engagement gehen soll - und wohin es das Unternehmen führen soll. - Zurückziehen:
Die IT sollte sich alsbald von der Kontrolle über die Social-Media-Ressourcen verabschieden und sich darauf konzentrieren, Verbindungen zwischen den Menschen herzustellen.
Viele der Befragten sind sich darüber im Klaren, dass die virtuelle Welt das Kommunikationsmedium der Jugendlichen und Berufseinsteiger ist. Wer diese Klientel ansprechen oder beschäftigen will, muss sich heute im Social Web engagieren. Doch dieses "Muss" ist oft ein zentrales Problem: Vielen Firmenauftritten in den sozialen Medien ist der Zwangscharakter noch deutlich anzumerken.
Die höchste Zustimmungsrate gaben die Befragten im Rahmen der TrendMonitor-Erhebung der Aussage: "Die Bedeutung von Social Media wird zunehmen." Die meisten Unternehmen haben demnach erkannt, dass der Trend unumkehrbar ist. Nun geht es darum, die Welle so gut wie möglich zu reiten. (mhr)
TrendMonitor Social Media
Die ausführlichen Ergebnisse der Umfrage finden Sie im TrendMonitor „Social Media 2013". Er ist im Online-Shop der COMPUTERWOCHE zu finden und enthält neben einer Analyse der Daten weitere vertiefende Beiträge zum Thema.