Für viele Unternehmen in Deutschland ist das Internet der Dinge das Thema, mit dem sie sich zurzeit intensiv beschäftigen. So sagen diverse Studien voraus, dass die zunehmende Vernetzung von intelligenten, internetfähigen Produkten und den daraus abgeleiteten Erkenntnissen zu erheblich höherer Produktivität und Effektivität führt. Doch wie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle konkret realisiert wird, ist Sache innovativer Köpfe in den Unternehmen, die mit den Software-Herstellern zusammenarbeiten. In einer Zeit umfassender digitalen Transformation sind erfolgreiche neue Geschäftsmodelle, die losgelöst von Fragestellungen der IT entwickelt werden, praktisch nicht mehr vorstellbar. Co-Innovation ist der Weg in die Zukunft. Doch wie kann dieser Weg gelingen?
Hilfreich ist hier eine Reduzierung der Herausforderung auf das Wesentliche: Letztlich handelt es sich bei der allgegenwärtigen Digitalisierung und Vernetzung im Kern um eine Erweiterung der Datenbasis für Business Intelligence (BI). Unternehmen kombinieren heute viel mehr unterschiedliche Informationsquellen. Der Trick besteht darin, aus diesem Datenwust sinnvolle und aussagekräftige Erkenntnisse zu ermitteln. Theoretisch könnte hierfür eine kleine App ausreichen, die jedoch einerseits die notwendige Kapazität und andererseits die entsprechenden Analyseprozesse besitzen müsste. Dann würde aus Daten Wissen generiert, um Entscheidungen zu unterstützen.
Dicke Softwarepakete sind out
Dies verdeutlicht, dass wir heute eine grundsätzlich andere Applikationsarchitektur benötigen als bisher. Gefragt sind nicht mehr riesige Softwarepakete mit unübersichtlich vielen Funktionen, die bis zum nächsten großen Versionsupdate mehrere Jahre lang unverändert bleiben. Um die heutigen Anforderungen an Agilität, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit zu erfüllen, muss die Applikationsarchitektur aus vielen kleinen, voneinander unabhängigen Objekten bestehen, die jedoch miteinander vernetzt sind und reibungslos zusammenarbeiten. Eine auf solchen Teilobjekten oder "Microservices" basierende Architektur bietet unter anderem:
Bessere Skalierbarkeit, da sich die Kapazitäten für jeden Teilservice eigenständig anpassen lassen
Höhere Verfügbarkeit, da der Ausfall eines Teilobjekts nicht das ganze Netzwerk betrifft
Optimierte Agilität, da sich kleine Teilobjekte schnell und einfach ändern lassen, ohne dass die Funktionsweise anderer Objekte gestört wird
Einfachere Wiederverwendung, da sich ein Teilobjekt an verschiedenen Stellen nutzen lässt
IoT basiert auf "kleinen" Services
Auf solchen Teilobjekten basiert auch das Internet der Dinge. Doch welche Bestandteile sollte eine entsprechende Architektur besitzen? Dies hängt vom jeweiligen Einsatzszenario ab, zum Beispiel ob es für die vorausschauende Wartung, intelligente Versorgungsnetze oder Produktion, Vernetzung mit Kunden oder Smart Logistics genutzt wird. Mögliche IoT Services sind Agile Business Process Management, Predictive Analytics & Machine Learning, Complex Event Processing, In-Memory Data Management, Ad-hoc Historical Analytics, Visual Analytics sowie Enterprise Integration & Enrichment. Diese sind mit den verschiedenen Collection Tools für Daten von Maschinen, Systemen oder Sensoren zu vernetzen, aber auch mit Backend-Lösungen wie SAP, Salesforce und Oracle sowie mit Partnernetzwerken und Lieferketten. Um hier den Überblick zu bewahren, ist eine möglichst einfache und flexible Architektur zu wählen, die sich leicht anpassen lässt.
Unternehmen haben diese Notwendigkeit erkannt und versuchen bereits, erste Lösungen umzusetzen. Dazu benötigen sie aber die Hilfe von IT-Experten. Denn die Rolle der IT hat sich längst von einer rein unterstützenden Funktion zu einer wichtigen Instanz der Wertschöpfung gewandelt. Entsprechend ist eine enge Zusammenarbeit zwischen IT-Herstellern und Unternehmen gefordert, um die Geschäftslogik erfolgreich zu digitalisieren. Die Hersteller besitzen das notwendige IT-Know-how, der Kunde dagegen kennt sein Geschäft und die Prozesse. Die Verbindung beider Welten wird in Zeiten der Digitalisierung immer stärker zur zentralen Anforderung.
IoT-Beispiel Car Sharing
Entsprechend sieht beispielsweise ein Automobilhersteller sein Carsharing-Angebot recht realistisch als ersten Schritt auf dem Weg zum Internet der Dinge. Immerhin vernetzt der Service bereits die physische mit der virtuellen Welt, indem sich online die verfügbaren Fahrzeuge orten, reservieren und buchen lassen. Die GPS-Daten der Mietautos werden in einen Online-Kartendienst integriert und der Mieter kann sich per Smartphone App zum nächsten verfügbaren Auto navigieren lassen.
Auch eine Einzelhandelskette ist schon relativ weit. Sie hat ihre Lieferkette so stark integriert und automatisiert, dass die bestellte Ware teils schon am gleichen Tag ausgeliefert wird. Dazu wird im Fünf-Minuten-Rhythmus der genaue Standort der Produkte geprüft. Ein deutscher Discounter harmonisiert den Datentransfer zwischen Filialen und Zentrale durch eine entsprechende Integrationsplattform. Das zentrale Data Warehouse ermöglicht den vollvernetzten Austausch und die Analyse der Warenwirtschaftsdaten in Echtzeit durch direkten Zugriff von jedem der rund 10.000 Standorte in aktuell 26 europäischen Ländern.
Trotz solcher Leuchtturmprojekte ist das Internet der Dinge heute hauptsächlich noch eine technische Lösung für die weitgehend automatische Verbindung von Daten und Anwendungen. Wirklich neue Geschäftsmodelle sind derzeit noch eine Ausnahme. Diese zu entwickeln ist auf absehbare Zeit die wahre Herausforderung für Geschäftsführer und Unternehmen. Gelingen kann dies nur, wenn alle zusammenarbeiten. IT wird zum Business - Business ist IT. (wh)