Klassisch und agil

Die passende Projektmanagement-Methode auswählen

04.03.2024
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Sabine Frömling ist Autorin zahlreicher Beiträge rund um die Themen IT-Sicherheit, Projektmanagement, Providersteuerung/Outsourcing, digitale Transformation und diverse Managementinstrumente. Sie ist seit 15 Jahren in der Steuerung und dem Management von IT-Projekten, IT-Programmen und IT-Portfolios tätig.
Agiles Projektmanagement liegt im Trend. Aber ist es in der Praxis wirklich besser als das klassische Projektmanagement? Bilden Sie sich selbst ein Urteil.
Klassisches oder agiles Projektmanagement? In diesem Artikel lernen Sie die grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen kennen.
Klassisches oder agiles Projektmanagement? In diesem Artikel lernen Sie die grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen kennen.
Foto: astephan - shutterstock.com

Die Welt der Software-Entwicklung ist voller Tücken. Unternehmen müssen sich mit Ressourcenbegrenzungen, Qualitätsschwankungen der Produkte, Projektzeitbeschränkungen, Wartung und Kundenzufriedenheit auseinandersetzen. Selbst in dem einfachsten Software-Produkt steckt viel Arbeit. Daher ist das Projektmanagement ein wesentlicher Bestandteil der Herstellung von Qualitätssoftware innerhalb der gegebenen Zeit und des zur Verfügung stehenden Budgets.

Das Project Management Institute (PMI) definiert Projektmanagement als den Prozess der Anwendung von "Wissen, Fertigkeiten, Werkzeugen und Techniken", um die Projektanforderungen zu erfüllen. Der Projektmanagement-Prozess befasst sich mit verschiedenen Phasen eines Projekts, wie der Initiierung, Planung, Ausführung, Überwachung und dem Abschluss. Im Laufe der Jahre hat die Software-Industrie mit verschiedenen Methoden experimentiert, um ihre Projekte besser zu steuern. Im Allgemeinen lassen sich die Methoden in zwei große Bereiche unterteilen - klassische und agile Methoden.

Klassisches Projektmanagement

Die klassischen Projektmanagement-Methoden entwickelten sich aus den frühen Versuchen, an großen Projekten zu arbeiten. Sie folgt dem Wasserfallmodell. In einem Wasserfallmodell ist die Entwicklung linear. Das Management-Team plant das gesamte Projekt und teilt es in verschiedene Phasen ein.

Sobald ein Team eine Phase abgeschlossen hat, geht es zur nächsten Phase über. Es ist eine starre Art der Software-Entwicklung. Auch wenn klassische Methoden, wie das Wasserfallmodell heutzutage weniger beliebt sind, werden sie immer noch verwendet. PRINCE2 (PRojects IN Controlled Environments) ist eine weiterentwickelte Version des klassischen Projektmanagement-Prozesses.

Agiles Projektmanagement

Der agile Projektmanagement-Ansatz konzentriert sich auf Teamarbeit und Kundenfeedback. Anstatt das Endprodukt von Anfang an zu definieren, wird ein eher iterativer Ansatz verfolgt. Die Kunden sind stärker in den gesamten Entwicklungsprozess eingebunden. Auf der Grundlage der Kundenmeinungen versuchen die Projektmanager, Ziele zu setzen und die Richtung zu ändern. Die Testphasen sind stärker in den Entwicklungsprozess eingebunden. Scrum und Kanban sind weit verbreitete agile Projektmanagement-Methoden.

Eine Gegenüberstellung von klassischen/traditionellen Projektmanagement-Methoden (Wasserfall) und agilen Methoden.
Eine Gegenüberstellung von klassischen/traditionellen Projektmanagement-Methoden (Wasserfall) und agilen Methoden.
Foto: Sabine Frömling

Klassisch vs. Agile

Heutzutage werden agile Methoden in der Software-Entwicklung bei den meisten Unternehmen bevorzugt. Sie bieten eine Vielzahl von Vorteilen gegenüber dem klassischen Projektmanagement. Die klassischen Methoden sind jedoch nicht ganz ausgestorben. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, klassische Methoden zu verwenden. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Merkmale aufgeführt, die das klassische und das agile Projektmanagement unterscheiden.

Reaktionsfähigkeit auf Änderungen

Klassische Methoden beginnen mit einem gut definierten und detaillierten Plan für die Herstellung des Endprodukts. Wenn sich die Anforderungen ändern, kann die Änderung des Plans viel Zeit in Anspruch nehmen. Alles hat einen Kaskadeneffekt. Im Vergleich dazu konzentriert sich die agile Vorgehensweise auf die Erstellung kleinerer Projekte mit Blick auf das Erreichen des Endergebnisses. Sie versuchen so schnell wie möglich ein praktikables Produkt zu erstellen und die aufeinander folgenden Iterationen zu verbessern. Das Ergebnis ist ein anpassungsfähigerer Entwicklungsprozess.

Umfang der Projekte

Klassische Methoden können bei kleinen Projekten gut funktionieren. In einigen Fällen können sie sogar schneller sein als agile Methoden, weil der Aufwand für das Management geringer ist. Aber je größer und komplexer die Projekte werden, desto größer ist das Risiko, dass bei einer klassischen Methode etwas schief geht.

Wenn bei einer agilen Methode etwas schief geht, können Sie es schnell beheben, weil die Probleme in den kleineren Sprints oder WIP-Aufgaben (Work in Progress) lokalisiert werden und nicht in einem Arbeitspaket, wofür eine Risk- und Issue-Analyse erstellt und dann ein Change-Antrag eingereicht werden muss. Man sieht also, dass beim klassischen Projektmanagement viel Zeit reinvestiert werden muss, um die Pläne für die gesamte Projektpipeline zu ändern.

Fokus auf Kunden

Ein klassisches Projektmanagement-Team sammelt zu Beginn die Kundenanforderungen, plant das Produkt und treibt dann die Ausführung voran. Das Problem bei diesem Ansatz ist, dass sich die Kundenanforderungen während der Entwicklungszeit ändern können. So können die Methoden am Ende zu Produkten führen, die die Kunden nicht mehr wollen. Bei der agilen Methode ist der Entwicklungsprozess kundenorientierter. Ein agiles Entwicklungsteam versucht, das Produkt frühzeitig in die Hände der eigentlichen Kunden zu bekommen und die Anforderungen und Ziele entsprechend dem Kundenfeedback zu ändern.

Team-Dynamik

Bei klassischen Methoden teilen sich die Teams die Verantwortung in einer Hierarchie. Während die Entwicklung weitergeht, übergibt ein Team das Produkt an das nächste Team. Das kann eine Menge interner Konflikte verursachen. Häufig kann es zu Verwirrung darüber kommen, wer für Änderungen oder Fehler verantwortlich ist. Im agilen Bereich geht es darum, eine reibungslosere Teamdynamik zu erzeugen und zu versuchen, alle Disziplinen in jeden Entscheidungsfindungsprozess einzubringen.

Sammeln von Anforderungen und Testen

Klassische Methoden verwenden das Lifecycle-Model. Es wird mehr Wert daraufgelegt, die Anforderungen der Benutzer vor jeder Code-Implementierung richtig zu erfassen. Die Erfassung der Benutzeranforderungen nimmt zu Beginn des Projekts viel Zeit in Anspruch. Das Testen erfolgt nach Abschluss der Codierungsphase. Agile Methoden verwenden einen evolutionären Entwicklungsstil. Teams müssen die Anforderungen nicht von Anfang an richtig erfassen. Stattdessen nutzen sie das Kunden-Feedback, um das Produkt öfter zu testen und die Komplexität zu erhöhen.

11 Fragen aus 4 Gebieten, die man sich stellen kann, um zu erfahren, welche Projektmanagement-Methode sich für sein Projektvorhaben am Besten eignet.
11 Fragen aus 4 Gebieten, die man sich stellen kann, um zu erfahren, welche Projektmanagement-Methode sich für sein Projektvorhaben am Besten eignet.
Foto: Sabine Frömling

Die Wahl der richtigen Projektmanagement-Methode

Agiles Projektmanagement sorgt für eine bessere Zusammenarbeit im Team, Kundenzufriedenheit, Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit. So laufen Projekte effizienter, was zu Kostenreduzierungen führt. Herkömmliche Methoden haben jedoch eine strukturierte, strenge Hierarchie, die schnellere Ergebnisse für kürzere Projekte mit klaren und festen Zielen liefern kann. Wenn diese Projekte jedoch wachsen, haben die klassischen Methoden ein höheres Ausfallrisiko. Wenn Sie also wissen, dass Ihr Projekt das Potenzial hat, größer und komplexer zu werden, ist es besser, mit agilen Projektmanagement-Methoden zu beginnen.