Es regnet immer wieder in Orlando, Florida, sonst um diese Jahreszeit eine sichere Schönwetterbank. Und in der General Session zur Eröffnung der Hausmesse, die früher einmal Lotusphere hieß, wird weder überzogen noch ein Feuerwerk an Produktneuheiten abgebrannt. Stattdessen präsentieren die IBM-Manager auf der Bühne eine durchgängige und integrierte Vision vom Business, das dank Social der Konkurrenz voraus ist.
Neuerungen und Neuheiten werden zwar gezeigt, aber nicht ausdrücklich oder gar nicht erwähnt. Anders ist auch, dass die IBM jetzt wieder über Messaging spricht, über Domino, Notes und ein kommendes "Mail Next". "Mail ist nicht tot, Notes ist nicht tot - wir erweitern E-Mail sogar", sagt Uffe Sorensen, Social Business Director, IBM Collaboration Solutions später im Gespräch mit Journalisten aus Europa.
Die Ansage ist klar - Domino ist und bleibt das Mail-Backend der IBM, sowohl für (i)Notes als auch für den neuen Webmail-Dienst Mail Next. Dessen Besonderheit: IBM nutzt die hauseigene Analytics-Software, um dem Nutzer statt der klassischen Inbox jeweils genau die Nachrichten anzuzeigen, die in einem bestimmten Augenblick und an einem bestimmten Ort seine Aufmerksamkeit oder (Re-)Aktion erfordern.
Craig Hayman delivering the Big Blue vision at #IBMConnect pic.twitter.com/ojoi1Sr5tO
— COMPUTERWOCHE (@COMPUTERWOCHE) 27. Januar 2014
Mail Next ist allerdings noch ein bisschen Zukunftsmusik - Mitte des Jahres soll es eine Art öffentliche Beta geben und gegen Ende 2014 dann die General Availability. Mail Next ist zunächst ein Cloud-Service, soll sich später aber auch on-premise betreiben lassen. Sorensen betonte, dass die Ankündigung von Mail Next ein signifikantes Commitment der IBM zum Thema E-Mail und Messaging darstelle - eine neue Version bedeute schließlich mindestens acht Jahre lang (sprich bis 2021) Support.
Domino gibt es künftig auch aus der SoftLayer-Cloud - zum einen als Platform-as-a-Service (PaaS) für Domino-Anwendungen von Kunden und IBM-Partnern, aber auch als Infrastructure-as-a-Service (IaaS), um das Messaging-Backend in der Cloud statt im eigenen Rechenzentrum zu betreiben.
IBM hat gerade erst angekündigt, die SoftLayer-Cloud mit einem Milliarden-Investment deutlich auszubauen - allein in diesem Jahr sollen 15 neue Data-Center neu entstehen. Ein zentrales Element der SoftLayer-Infrastruktur ist die Option, dass Kunden auf Wunsch ihre Anwendungen und Daten dort in einer komplett privaten Instanz vorhalten können, auf der ausschließlich sie zugreifen können.
IBM arbeitet übrigens auch weiter daran, neben Notes, dessen Web-Interface iNotes und dem kommenden Mail Next auch das konkurrierende Outlook 2013 vom Rivalen Microsoft als Client für Domino zu unterstützen. Der Pilottest mit ausgewählten Kunden läuft weiter, offiziell gab es dazu aber keine neuen Ankündigungen oder Termine.
IBM rebrands all communications Connections - and puts Domino apps into the Softlayer cloud. #IBMConnect pic.twitter.com/BKHKwyovhg
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Generell fasst "Big Blue" ab dem Jahr 2014 alle Angebote in den Bereichen Mail, Chat, Meetings, Office-Produktivität und Content unter der Dachmarke Connections zusammen - inklusive HD-Video auf der technischen Grundlage von Sametime 9. Das nächste Major Release "Connections Next" wird sich auch in der DMZ betreiben lassen, um Konflikte bei der Verbindung firmeninterner und externer Netzwerke zu vermeiden.
Eröffnet wurde die erste General Session der Connect 2014 mit drei ordentlich kracherten Songs der Indie-Kapelle American Authors aus New York. Danach gehörte die Bühne zunächst für eine Viertelstunde dem Star-Komiker Seth Meyers ("Saturday Night Live"), der demnächst eine eigene Late-Night-Show bekommt und unter anderem berichtete, wie er einen Gagschreiber aus Illinois dafür über Twitter fand.
IBM präsentierte dann seine Neuheiten dann relativ ausführlich anhand der fiktiven Bank Greenwell - flankiert durch Berichte prominenter Social-Kunden wie Pepsico, Performance Bicycle, Petrobras oder Sika (aus der Schweiz). Relativ viel Platz in der Greenwell-Demo nahmen die Bereiche Digital Experience sowie die neue "Talent Suite" des HCM-Zukaufs Kenexa ein. Die soll durch die Kombination von Social, Verhaltensforschung und Analytics in der Cloud Firmen die Möglichkeit geben, das Meiste und Beste aus ihren Mitarbeitern herauszuholen, wird Craig Hayman, General Manager, Industry Cloud Solutions, in einer IBM-Pressemitteilung zitiert.
Die Talent Suite besteht aus Modulen für Talent Acquisition, Talent Optimization sowie Social Networking und lässt sich auf Wunsch auch noch mit "Watson Foundations" für beispielsweise Sprach- und Sentimentanalysen von über die Belegschaft gesammelten Big Data kombinieren - das bietet enormes Potenzial beispielsweise bei der "integrierten Weiterbildung", ist allerdings in Märkten wie Deutschland mit Betriebsräten und Mitbestimmungspflicht auch ein fraglos heikles Thema.
"Powerful, powerful stuff", klatschen sich die IBM-Präsentatoren auf der Connect-Bühne mehrmals ab während der Eröffnung. Die unter dem Motto "Energizing Life´s Work" ausgebreitete Vision vom Social Business ist in der Tat eine ziemlich runde und überzeugende. Allerdings sollte auch klar sein, dass sie der Realität in den allermeisten Anwenderunternehmen um (Licht)Jahre voraus ist.
Die Connect 2014 läuft noch bis zum 30. Januar. Unter www.ibm.com/connect kann man die Social-Business-Konferenz auch im Livestream mitverfolgen.