Wenn Unternehmen den Einsatz von Cloud-Services ausweiten wollen, stoßen sie schnell an Grenzen. Keine der heute verfügbaren Plattformen kann alle Anforderungen von Entwicklern und IT-Verantwortlichen gleichermaßen abdecken, argumentiert Dave Bartoletti, Principal Analyst beim Marktforschungs- und Beratungshaus Forrester. In einer internationalen Befragung hätten fast zwei Drittel der IT Professionals angegeben, mehr als eine Public oder Private Cloud gleichzeitig zu nutzen. Was einige Marktbeobachter schon seit Jahren prognostizieren, scheint sich damit zu bestätigen: Die Hybrid Cloud ist zum dominierenden Deployment-Modell geworden. Immer mehr Organisationen kombinieren Public-Cloud-Ressourcen mit Private-Cloud-Infrastrukturen; viele nutzen mehrere Public- oder auch Private-Cloud-Plattformen.
Um all diese Assets noch kontrollieren zu können, sollten Unternehmen eine Management-Software-Schicht einziehen, rät Bartoletti. Vor diesem Hintergrund hat er die führenden Anbieter im Markt für Hybrid Cloud Management unter die Lupe genommen - mit durchaus überraschenden Ergebnissen, denn es sind nicht üblichen Verdächtigen, die im Ranking ganz oben stehen.
Der Analyst unterteilt den Markt für Hybrid Cloud Management Solutions (HCMS) in zwei Kategorien. Zum einen gibt es eine Reihe relativ neuer Anbieter, die vor allem auf plattformunabhängige Management-Frameworks setzen. Dazu gehören etwa Tools von RightScale, CliQr, Dell (Cloud Manager) und Scalr. Sie sind nicht an der Infrastruktur eines Cloud-Anbieters ausgerichtet und nach Einschätzung der Forrester-Experten besonders dafür geeignet, viele unterschiedliche Clouds zu managen. Im Gesamt-Ranking schneiden Produkte dieser vier Unternehmen mit Abstand am besten ab. Zur zweiten Gruppe gehören etablierte Anbieter wie VMware, Red Hat und IBM, die ihre bestehenden Virtualisierungs-Management-Systeme um Cloud-Management-Features erweitert haben.
Zwei der ganz großen Cloud-Player im IaaS-Segment (Infrastructure as a Service), Amazon Web Services und Google mit seiner Cloud Platform, stehen interessanterweise gar nicht auf der Liste; Microsoft schafft es mit Azure nur ins Mittelfeld. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass diese Anbieter derzeit wenig Interesse haben dürften, ihren Kunden Management-Software für konkurrierende Cloud-Dienste zu verkaufen.
Hybrid Cloud Management - zwei Use Cases
Bartoletti sieht für die Hybrid-Cloud-Softwarepakete zwei grundsätzliche Einsatzszenarien. Im ersten Fall geht es um die Verwaltung von Multi-Public-Cloud-Umgebungen. In der Praxis komme es beispielsweise häufig vor, dass eine Organisation Amazon Web Services in einigen Abteilungen oder Entwickler-Teams einsetze. Wenn etwa die Marketing-Abteilung eine neue Mobile- oder Java-App schnell skalieren möchte, sei AWS eine gute Wahl. Auf der anderen Seite gebe es womöglich Entwickler, die an die Arbeit in einer Windows-Umgebung gewöhnt sind und deshalb Azure bevorzugen. Ein einheitliches Cloud-Management-System könne in dieser Konstellation beiden Cloud-Plattformen virtuelle Maschinen und Storage zur Verfügung stellen. Zugleich würden IT Verantwortliche in die Lage versetzt, die Cloud-Nutzung transparent zu machen und zu kontrollieren.
Ein zweiter Use Case für Hybrid-Cloud-Software entsteht aus Sicht von Forrester, wenn mehrere Teams innerhalb einer Organisation dieselbe Public Cloud nutzen, beispielsweise AWS. In diesem Fall könne die Management-Software als zentrales Portal für den Zugang zu AWS-Ressourcen dienen und der IT Monitoring-Funktionen zur Verfügung stellen.
Die Tools stecken noch in der "Reifephase"
Die einschlägigen Tools befinden sich allesamt noch in der "Reifephase", gibt Bartoletti zu bedenken. Der Idealzustand wäre für ihn erreicht, wenn Unternehmen mit einem einzigen System multiple Clouds managen und Workloads dynamisch zwischen den Clouds hin- und herschieben könnten. Bis dahin aber ist es noch ein weiter Weg. Eine dynamische Verteilung von Workloads funktioniere heute typischerweise nur in homogenen Umgebungen. So bietet etwa "vMotion" einige solcher Features, solange sich Nutzer in einer reinen VMware-Umgebung bewegen, die vSphere mit vCloudAir verknüpft. Ungleich schwieriger wird es, wenn etwa Anwendungen auf AWS und Azure verteilt sind.
Trotz solcher Defizite bringen Hybrid-Cloud-Management-Tools schon heute viele Vorteile, resümiert der Analyst: "Im Grunde sind es Automation- und Orchestration-Plattformen." Nutzer können damit etwa manuelle oder per Script beschriebene Aufgaben automatisieren, beispielsweise das Anfordern, Verändern oder Einrichten standardisierter Cloud-Services. Darüber hinaus ermöglichten es viele Tools, die Ausführung solcher "Tasks" über verschiedene Cloud-Plattformen hinweg zu orchestrieren. Dabei binden sie häufig andere Automation-Tools etwa für das Configuration Management oder das Provisioning mit ein. Wie breit das Funktionsspektrum aktueller Hybrid-Cloud-Management-Tools heute ist, verdeutlicht Forrester an einem Referenzmodell (siehe Grafik).
Hybrid Cloud Management: Die Studienergebnisse im Einzelnen
In der Studie vergleicht Forrester elf führende Anbieter von Hybrid-Cloud-Management-Lösungen anhand von 32 Einzelkriterien. An die Spitze schafft es eine Gruppe aus vier Unternehmen: RightScale, CliQr, Dell und Scalr. Die Analysten loben vor allem eine klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse von Softwareentwicklern (GUI Designs, APIs etc.) sowie die Self-Service- und Verwaltungsfunktionen über Cloud-Plattformen hinweg.
Knapp dahinter, aber noch im Bereich "Leaders", platzieren sich IBM, VMware und Red Hat. Diese Anbieter konkurrieren seit Jahren im Markt für Infrastruktur- und Virtualisierungs-Management. Im Segment Hybrid Cloud Management geht es für sie nun vor allem um eine klare Differenzierung. Forrester beschreibt deren Angebote als "sehr starke Lösungen". Eingesetzt würden sie vor allem von IT-Profis, die eine Cloud-Infrastruktur sowohl aufbauen als auch managen wollen und die in der Hybrid Cloud eher eine Erweiterung bestehender Private-Cloud-Ressourcen sähen.
Microsoft, HP und BMC landen im Mittelfeld
Nicht ganz so gut schneiden die Management-Produkte von Hewlett-Packard Enterprise (HPE), BMC und Microsoft ab. Die Forrester-Experten positionieren sie in der Gruppe "Strong Performers". So habe etwa BMC seine Admin-Portal-, Cost-Monitoring- und Conifguration-Management-Features stark verbessert. Vor allem für Unternehmen, die bereits viel in BMC-Produkte investiert haben, eigneten sich die Lösungen. HPE hingegen verfolge eher den Ansatz, Kunden den Aufbau einer OpenStack-basierten Private Cloud zu ermöglichen. Dabei spielt das HPE Helion CloudSystem eine zentrale Rolle. Microsoft schließlich kombiniere in seinem Windows Azure Pack gute Entwickler-Features mit Configuration-Management- und Automation-Tools. Noch nicht berücksichtigt hat Forrester dabei den erst kürzlich als Technical Preview vorstellten Azure Stack.
Etwas abgeschlagen im Segment der Herausforderer ("Contender") landet Citrix mit seinem Produkt "Lifecycle Management". Das visuell ansprechende Tool für das Multi-Cloud-Management sei vor allem auf die Verwaltung von Citrix´ eigener "CloudPlatform"und anderer Citrix-Applikationen ausgelegt. (wh)
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