Industrie 4.0

Die größten Hürden für Internet-of-Things-Projekte

22.02.2018
Von 
Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Zu hohe Investitionen, zu wenig qualifizierte Mitarbeiter – das blockiert das Internet of Things (IoT) in der deutschen Industrie. Wer auf Kostensenkungen abzielt, rechnet sich Einsparungen von mindestens fünf Prozent aus, zeigt eine Studie von EY und Bitkom Research.
  • 2015 haben 57 Prozent der Unternehmen digitale Abbilder in der Produktion eingesetzt, jetzt sind es nur noch 47 Prozent
  • Stärkster Nutzer von IoT-Lösungen ist Automotive, aber Konsumgüter und Elektrotechnik investieren am stärksten

Das Internet of Things (IoT), in Deutschland auch Industrie 4.0 genannt, verbreitet sich "eher schleppend", erklärt der Unternehmensberater EY (Ernst & Young) in seiner Studie "Industrie 4.0: Status Quo und Perspektiven". Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Zum einen beklagen fast sechs von zehn Entscheidern (59 Prozent) hohe Investitionskosten. Fast ebenso viele (57 Prozent) sprechen von einem Mangel an qualifizierten Mitarbeitern. Als weitere Hemmnisse gelten Sicherheitsbedenken (48 Prozent) und fehlende Standards (46 Prozent).

Als höchste Hürden auf dem Weg zum Internet of Things (oT) gelten die Investitionskosten und der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern.
Als höchste Hürden auf dem Weg zum Internet of Things (oT) gelten die Investitionskosten und der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern.
Foto: EY/Bitkom Research

Die Studie von EY und Bitkom Research basiert auf Angaben von rund 560 deutschen und 100 Schweizer Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe. Demnach arbeitet noch nicht einmal jede zweite Firma (45 Prozent) mit IoT-Lösungen. Gegenüber 2016 entspricht das einem Plus von vier Prozentpunkten. Weitere 43 Prozent planen oder diskutieren den Einsatz.

Dabei schreiben acht von zehn Befragten (80 Prozent) dem Thema eine hohe oder sehr hohe strategische Bedeutung zu, die in den kommenden Jahren noch wachsen wird. Lediglich einer von zwanzig (fünf Prozent) erklärt, das IoT habe für sein Unternehmen überhaupt keine Bedeutung.

Allerdings arbeiten heute weniger Anwender in der Produktion mit digitalen Abbildern als in den Umfragen aus den Jahren 2016 und 2015. Vor zwei Jahren haben 57 Prozent digitale Abbilder eingesetzt. Jetzt sind es nur noch 47 Prozent. Anders sieht es in der Qualitätskontrolle aus: Hier stieg die Nutzung digitaler Abbilder von 84 auf 97 Prozent.

Mittlerweile setzen weniger Firmen digitale Abbilder in der Produktion ein als noch vor zwei Jahren.
Mittlerweile setzen weniger Firmen digitale Abbilder in der Produktion ein als noch vor zwei Jahren.
Foto: EY/Bitkom Research

Wer in IoT-Lösungen investiert, verspricht sich mehr Flexibilität in der Produktion (72 Prozent). Außerdem geht es um schnellere Reaktionszeiten (52 Prozent) und mehr Effektivität der Gesamtanlage (47 Prozent). Weniger oft verbinden die Studienteilnehmer IoT mit mehr Kundenunterstützung (33 Prozent), dem Entwickeln von Innovationen (25 Prozent) und dem Erschließen neuer Märkte (22 Prozent).

Auch Kostensenkungen zählen mit 23 Prozent der Nennungen nicht zu den wichtigsten Treibern. Wer darauf abzielt, erwartet Einsparungen von mindestens fünf Prozent.

Das IoT-Budget fließt vor allem in Personal und Software

Die Unternehmen, die Geld für Industrie 4.0-Lösungen bereitstellen, geben es in erster Linie für Personal aus (43 Prozent) sowie für Software (38 Prozent). Die verbleibenden rund 20 Prozent des Budgets fließen in digitale Abbilder, mobile/smarte Endgeräte für die Produktion und Sonstiges. Im Schnitt liegt das IoT-Budget bei fünf Prozent des Jahresumsatzes.

Überdurchschnittlich stark (etwas sieben Prozent vom Jahresumsatz) investieren die Konsumgüter-Industrie und Unternehmen der Elektrotechnik. Stärkster IoT-Nutzer ist allerdings die Branche Automotive. Es folgen Konsumgüter (46 Prozent), Elektrotechnik (37 Prozent) und Maschinenbau (34 Prozent).

Gleichzeitig geben in der aktuellen Umfrage rund drei von vier Unternehmen (76 Prozent) an, 2018 in Industrie 4.0 investieren zu wollen. Das gilt vor allem für kleinere Firmen mit bis zu 500 Mitarbeitern.

Die strategische Bedeutung das Internet of Things (IoT) ist erkannt.
Die strategische Bedeutung das Internet of Things (IoT) ist erkannt.
Foto: EY/Bitkom Research

Anwender treten als IoT-Anbieter auf

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Elf Prozent der Unternehmen treten am Markt als Anbieter von IoT-Lösungen auf. Hier haben wiederum Automotive (15 Prozent) und Maschinenbau (14 Prozent) die Nase vorn. Sie offerieren meist Industrie 4.0-Produkte (62 Prozent), Wartungsverträge auf Basis von Monitoring/Predictive Maintenance (60 Prozent) oder technische Beratung beziehungsweise Bereitstellung von Prozess-Wissen rund um das IoT. 71 Prozent der Anbieter von Industrie 4.0-Lösungen erklären, sie könnten Produkte nach dem Verkauf identifizieren und zurückverfolgen.

Stefan Bley, Partner bei Ernst & Young, kommentiert den zögerlichen Einsatz von Industrie 4.0. Als positiven Impuls betrachtet er die Anfang September von mehreren Maschinenbauern und der Software AG gegründete Softwarefirma Adamos, die anderen Unternehmen Lösungen für Fernwartungen anbieten will. "Die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes profitieren von der vernetzten Produktion. Je mehr von ihnen an entsprechenden Lösungen arbeiten und vielleicht sogar Standards etablieren, desto schneller wird sich Industrie 4.0 auch bei den kleinen und mittelständischen Betrieben durchsetzen", sagt Bley.