Ein großer Flughafen ist heutzutage auch ein Einkaufszentrum. Die Fraport AG, Betreiberin des Frankfurter Airports, sah sich von Einzelhändlern, Passagieren, Fluglinien und anderen Flughäfen unter Druck gesetzt, auf das zunehmend digitalisierte Verhalten aller Beteiligten zu reagieren.
CIO Roland Krieg und seine Mitarbeiter taten das mit dem Projekt "Frankfurt Airport Multichannel Retail Platform". Stationäre und digitale Vermarktung sollten je für sich verbessert, aber auch intensiver verzahnt werden. Für die Kunden neu geschaffen oder stark verändert wurden ein Online-Shop, ein Loyalty-Programm, eine Einkaufs-Homepage und eine Flughafen-App. Fraport will damit natürlich auch Kundendaten gewinnen und auswerten. Das geschieht, wie Krieg versichert, durchweg nach europäischen Datenschutzbestimmungen.
Krieg und seine etwa 40 internen Projektmitarbeiter, die je zur Hälfte aus der IT und aus Fachabteilungen kamen, arbeiteten mit vielen Open-Source-Plattformen, aber auch mit Standardprodukten etwa von SAP und SAS. Sieben externe Firmen aus Deutschland, den USA und Indien wurden mit ungefähr 60 Mitarbeitern ins Team eingebunden. Eine andere Herausforderung war die Sammlung der Daten entlang der "Customer Journey".
Erste Klinik in der Cloud
"Cloud Live - Digitale Transformation zur Klinik 4.0" nennt Gerald Götz sein wichtigstes Projekt der letzten zwei Jahre. Mit durchschnittlich drei bis fünf Projektmitarbeitern hat der Leiter Technologiemanagement die Patientendaten des Städtischen Klinikums München (StKM) in eine Private Cloud gestellt. Alle Berechtigten können mit jedem beliebigen Endgerät darauf zugreifen. Spezialisten können schwierige Operationen überall unterwegs vorbereiten. Das kann lebensrettende Zeit sparen. Das StKM ist die erste deutsche Großklinik, die Cloud-Technik umfassend für klinische Zwecke nutzt. Technische Betreiber sind zwei getrennte Rechenzentren der StKM.
Die Endgeräteunabhängigkeit ist in Götz' Konzept zentral. Zum einen sorgt sie für die notwendige Sicherheit: Die Daten aus der Private Cloud werden nicht auf PC, Thin Client, Notebook, Tablet oder Smartphone des Berechtigten übertragen, sondern dort nur in einer Sandbox angezeigt. Es ist nicht möglich, durch Manipulationen am Endgerät Daten zu stehlen. Zum anderen finden es viele Ärzte benutzerfreundlich, kein Dienstgerät mehr, sondern nur noch ihr privates Smartphone bei sich haben zu müssen, und zwar egal welches: Die Daten werden ja nicht dort verarbeitet, sondern in der Cloud. Der Klinik spart das viel Geld: Sie muss keine mobilen Endgeräte mehr kaufen, und statt PCs genügen Thin Clients. Die Stromrechnung fällt im Jahr um 250.000 Euro niedriger aus.
Mehr als ein IT-Projekt
Mit der bisher größten Übernahme in der Firmengeschichte hatte es Robert Leindl, Corporate Vice President & CIO des Halbleiterherstellers Infineon, zu tun: Ihm oblag in seinem Projekt "Post-Merger-Integration (PMI) - 'A Powerful Combination'" die Einbindung von International Rectifier (Hauptsitz El Segundo in Kalifornien). Um die Wertschöpfung bestmöglich zu steigern, war von vornherein eine vollständige Integration geplant, die für beide Seiten große Veränderungen mit sich bringen würde. Das ging weit über ein reines IT-Projekt hinaus. Beteiligt waren etwa 200 IT-Mitarbeiter und 500 bis 600 weitere Mitarbeiter aus sämtlichen Bereichen beider Unternehmen.
Das Projekt begann offiziell am 1. Januar 2015, als die beiden Unternehmen formal verschmolzen. Zunächst einmal galt es, die Kunden wie gewohnt weiter zu bedienen. Zugleich wurde an der neuen Strategie gearbeitet: Alle Werte, Prozesse und Angebote, die International Rectifier einbrachte, wurden von Infineon integriert, separat aufrechterhalten oder aufgegeben. Die Diskussionen darüber konnten nicht einfach sein, weckten Befürchtungen und verlangten ein intensives Change-Management. Der gemeinsame neue Auftritt gegenüber den Kunden wurde schließlich an einem einzigen Wochenende im Mai 2016 freigeschaltet. Nicht oft wird ein CIO mit einem so weitreichenden Business-Vorhaben beauftragt. Leindl wird im Unternehmen bescheinigt, die Doppelrolle glänzend gemeistert zu haben.
Neue Gesetze
Damit Stefan Krebs, Beauftragter der Landesregierung für Informationstechnologie, die "Digitalisierung der Landesverwaltung Baden-Württemberg" in Angriff nehmen konnte, musste die Regierung zwei neue Gesetze einführen. So trat die Landesoberbehörde IT Baden-Württemberg (BITBW) ins Leben, die nun die Informationstechnik des Bundeslandes zentralisiert und standardisiert. Bis zu 40 Millionen Euro jährlich sollen dadurch eingespart werden. Krebs und seine rund 40 Projektmitarbeiter brachten die Landes-IT auch auf den Sicherheitsstand, ohne den keine EU-Fördermittel ausgezahlt würden. Das Portal www.service-bw.de gestalteten sie zur E-Government-Plattform um, die auch kleinere Kommunen einfach in ihre Internet-Auftritte integrieren können. Es beruht ausschließlich auf quelloffener Software, so dass keine Lizenzgebühren anfallen. Die "Elektronische Akte BW" wird in fast allen Ressorts der Landesverwaltung eingeführt.
CIO und CDO
Dass alle wichtigen IT-Kennzahlen an die BITBW gehen, die nach und nach auch über den IT-bezogenen Einsatz von Personal und Geld entscheiden soll, kratzt an der Ressorthoheit der Ministerien und rief dort wenig Freude hervor. Krebs hat lange Verhandlungen vor und hinter sich und muss sicher auch viel Grundsätzliches zur Digitalisierung sagen.
Überzeugungsarbeit
Jörg Brinkmann war zur Zeit der Bewerbung CIO des Industrie-Dienstleisters Bilfinger SE und Geschäftsführer der Bilfinger Global IT GmbH. Diese Doppelrolle drückt aus, worum es in seinem "Projekt Excellence - Teilprojekt Global IT" ging. Die Global IT ist der zentrale Inhouse-IT-Dienstleister des Konzerns in Deutschland, es gibt sie erst seit November 2014, und Brinkmann hat sie, zusammen mit seinem Co-Geschäftsführer Wilfried Hübl, aufgebaut.Bilfinger ist durch Übernahmen gewachsen und besteht aus etwa 500 Unternehmenseinheiten. Fast alle betrieben eine eigene IT. Das hatte Freiheits- und Flexibilitätsvorteile, war aber intransparent und teuer. Die Global IT war als Restrukturierungsmittel gedacht. Sie sollte die IT-Prozesse und Systeme vereinheitlichen und dabei viel Geld sparen. Nach Verhandlungen mit den Sozialpartnern gingen 300 Mitarbeiter in die neue GmbH über. Dann begann der Aufbau einer übergreifenden Servicestruktur. Mit Hilfe einer zentralen Identity-Management-Plattform können alle IT-Prozesse für die 15.000 Anwender gesteuert werden.
Brinkmann und Hübl waren auf fast permanenter Werbetour, um Geschäftsführer und Mitarbeiter der lokalen Gesellschaften von den Vorzügen einer zentralen IT-Organisation zu überzeugen. Mittlerweile bereitet Global IT sich darauf vor, auch die IT von Bilfinger-Gesellschaften in anderen Ländern zu zentralisieren. Darauf wird sich Brinkmann künftig als Geschäftsführer der Bilfinger Global IT noch stärker konzentrieren. Den Posten des CIO bei Bilfinger SE hat er zum 1. Oktober 2016 aufgegeben.
Fusion in der Baumittelbranche
LafargeHolcim mit Hauptsitz in Rapperswil-Jona (Schweiz) ist der größte Baumittelhersteller der Welt. Einen Großteil seines Geschäfts macht der Konzern mit Zement, Zuschlagstoffen und Transportbeton. Von den rund 115.000 Mitarbeitern in 90 Ländern arbeiten nach Angaben von Group-CIO Khushnud Irani 60.000 mit IT. Der Konzern entstand im Jahr 2015 durch die Fusion von Holcim und Lafarge, einen Zusammenschluss unter Gleichen durch Aktientausch. Irani war 2006 bei Holcim eingestiegen und 2012 zum CIO ernannt worden. Sein Projekt "Foundation for a worldclass IT at LafargeHolcim" deckte die IT-Aspekte der Fusion ab.
Mit seinen Projektmitarbeitern verfolgte Irani vier grundsätzliche Ziele: der laufende Geschäftsbetrieb sollte störungsfrei aufrechterhalten werden; die IT der Ausgangsfirmen sollte nahtlos integriert werden; die IT sollte es ermöglichen, die Synergieziele mehr als zu erfüllen; zugleich wollte der CIO die Gelegenheit nutzen, die gesamte IT-Organisation so umzugestalten, dass sie einen wertvollen Geschäftsbeitrag leisten kann. Bis zum Jahr 2018 sollen weitere ambitionierte Synergieziele erreicht werden. Der Kapitaleinsatz für das Projekt soll sich durch Business- und IT-Synergien binnen drei Jahren amortisieren.
Always online
Die für die Versicherungskammer Bayern tätigen Vermittler sollen nicht nur in den Agenturen mit allen wichtigen Informationen arbeiten können, sondern auch bei den Kunden. Das ist das Ziel des Projekts "Always online Anwendung (AloA)", das Vorstandsmitglied Stephan Spieleder zusammen mit 120 Projektmitarbeitern betreibt. Der Vermittler kann auch unterwegs auf die Vertrags- und Akquisedaten zugreifen, die im zentralen Rechenzentrum über ihn gespeichert sind, und Angebote mit Hilfe von Tarifierungsmodulen berechnen. Auf Wunsch können die Agenturen auch infrastrukturelle Dienstleistungen (Notebooks, Netz, Internet-Zugang) über AloA beziehen. Auf dem platten oder bergigen Land kämpft das Projekt stellenweise mit unzureichender Funkabdeckung. Wie jedes langlaufende Vorhaben mit erheblichem Budget ist AloA organisatorisch anspruchsvoll.
Preisgekrönt
Die Bayerische Versicherungskammer hat 6670 Mitarbeiter, unterhält mehr als 4000 Beratungsstellen und kam 2015 auf 7,62 Milliarden Euro Umsatz. Es gibt wenig, wogegen man sich bei ihr nicht versichern kann. Dass kundenbezogene IT-Projekte prämiert werden, ist Spieleder gewohnt. Einen Preis gewann zum Beispiel die "Elektronische Versicherungsbestätigung (eVB)". Kunden der Bayerischen Versicherungskammer können sich die zur Fahrzeugzulassung nötige eVB-Nummer von einem Sprachcomputer schicken lassen, rund um die Uhr und ohne Warteschleife.