In Teil 1 dieser Artikelserie wurde bereits der Status Quo der Energiebetreiber und die Herausforderungen, die an die Netzbetreiber gestellt werden, erörtert.
IT als Wegweiser der dezentralen Verteilung
Wenn die Aussicht auf neue Claims gering ist, muss die Verteilung der vorhandenen in den Fokus rücken." Im Energiesektor tritt zusätzlich die Regulierungsbehörde auf den Plan, sie nimmt Einfluss auf die Erträge, indem sie die Art und Weise, mit der die Stromprodukte im Energiemarkt gehandelt werden, vorschreibt und kontrolliert.
Intelligente Stromnetze, so genannte Smart Grids, sind ein wichtiger Kernbestandteil der Energiewende. Die verschiedenen erneuerbaren Energiequellen fügen sich nicht in die bisherige Verteilstruktur ein, da sie Energie an bisher nicht dafür vorgesehenen Orten erzeugen beziehungsweise die Einspeisung fluktuiert.
Bislang konnten die EVUs das Energieangebot und die -nachfrage aufgrund von jahrelangen Erfahrungswerten über Bedarf und Verbrauch in ein Gleichgewicht bringen. Erzeugungsanlagen mit geringen Anlaufzeiten wie etwa Gasturbinenkraftwerke wurden bedarfsgerecht zu- und abgeschaltet, um Lastspitzen abzufedern. Die Grundlast lieferten oft Kern- und Kohlekraftwerke. Zudem folgte die Stromlieferung immer vom Erzeuger über die Transport- und Verteilnetze zum Verbraucher. In der IT ist dies mit dem Prinzip eines Content-Distribution-Download-Netzwerks vergleichbar.
Dieses Prinzip des Strom(verteil)netzes funktioniert mit erneuerbaren Energiequellen nicht mehr ausreichend. So fließt etwa der auf den Dächern gewonnene Strom entgegen der eigentlich vorgesehenen Richtung durch das Transport(Verteil-)netz. Die Anlagen erzeugen zunehmend an Stellen Strom, wo entweder leistungsstarke Trassen fehlen, zum Beispiel offshore und/oder keine Verbraucher angesiedelt sind. Hier fließt die Energie somit zwischen Erzeuger, Verbraucher und Speichersystemen in allen erdenklichen Kombinationen und Richtungen (siehe Abbildung 2). Das neue Energienetz gleicht daher dem Internet mit seinen unzähligen Knoten und wechselnden Transportwegen, es wird zur Up- und Download-Infrastruktur.
In Zeiten der Energiewende rücken daher die auf die traditionellen Erzeugungsanlagen gestützten Geschäftsmodelle in den Hintergrund, um dezentralen Anlagen Platz zu machen. Zusätzlich führt auch die Energieerzeugung aus Sonne und Wind zu höheren Fluktuationen im Stromnetz. Die Sicherstellung der Netzstabilität ist dabei den Netzversorgen auferlegt. Neben der Erzeugung von Strom wird somit auch die potenzielle Flexibilität im Abruf von Strom zu einem ökonomisch handelbaren Gut. Die Steuerung der Energieflüsse wird somit mehr und mehr zu einer enormen Aufgabe, die nur unter verstärktem und effizienterem Einsatz von IT zu bewältigen ist.
Gilt bei vielen EVUs die Nutzung von sogenannten virtuellen Kraftwerken, also von einem dezentralen Verbund von Erzeugungsanlagen wie Blockheizkraftwerke und Nachtspeicheröfen zu einem großen "virtuellen Kraftwerk", so ist dies nur die eine Seite der Medaille. Messdaten liefern Angaben über Zustand, Auslastung und Kapazität der kleinen Systeme sowie der gesamten virtuellen Anlage.
Auf der anderen Seite steht das Flexibilitätspotenzial in der Stromabnahme, um eine schwankende Stromerzeugung auszugleichen. Es wird in der Industrie seit Jahrzehnten als Lastmanagement praktiziert und liegt in möglichen, dezentralen Steuersignalen für zum Beispiel Druckluftspeicher, Wasserpumpen oder anderen industriellen Prozessen. Die Verbindung dieser beiden Themenfelder durch intelligente IT-Systeme wird als Demand-Response-Management bezeichnet. Unternehmen, die sich hier anschließen, können einerseits durch Lastmanagement mit übergeordneten energiewirtschaftlichen Zielen an den Erlösen aus der Teilnahme am Energie- und Regelenergiemarkt partizipieren und andererseits zusätzlich Preisspitzen in der Energieabnahme abfedern.
Diese gesamtheitliche Betrachtung ergibt Sinn aufgrund der sogenannten Residuallast im Stromnetz. Die Residuallast ist die "Last", die nach Abzug der (bevorzugten) Einspeisung aus erneuerbaren Energien und wärmegeführten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) durch konventionelle Kraftwerke gedeckt werden muss (siehe Abbildung 3). Sowohl die Steuerung als auch die Verarbeitung und Erhebung von notwendigen Messpunkten durch Aktoren und Sensoren stellt die IT vor große Herausforderungen.
Die Digitalisierung bis zum Endverbraucher
Die Idee des Smart Grid basiert auf der Annahme, den Kunden durch hohe oder niedrige Strompreise zu motivieren, sein Verbrauchsverhalten an die wetterabhängige Erzeugungslage anzupassen. Diese Preisanpassungen haben zum Ziel, das Stromnetz stabil zu halten. Beispiele dafür sind flexible Preismodelle mit stundengenauen Tarifen. In Zukunft wird sich das Smart Grid bis in die Haushalte, Büros und Unternehmen erstrecken. Eine wichtige Komponente wird der digitale Stromzähler beziehungsweise das Smart Meter sein, wobei der Begriff streng genommen auch die intelligente Messung des Gas- und Wasserverbrauchs umfasst.
Überträgt man den zur Netzsteuerung in der Energiebranche üblichen 15-Minuten-Takt auf die Smart Meter-Erhebung, müssten die EVUs künftig mehrere tausend Datensätze pro Jahr und Konsument verarbeiten. So wird man in Zukunft mit noch kürzeren Tariftakten weitere Daten aus dem Stromverbrauch ermitteln können. Die heutigen IT-Systeme vieler EVUs sind auf diesen Umfang der Massendatenverarbeitung nicht vorbereitet. Auch haben die EVUs oft nicht die Kompetenzen, diese Daten systematisch zu analysieren, oder nicht die notwendige Unternehmenskultur, auch datengetriebene Entscheidungen zu treffen.
Im Mobilitätssektor lockt die Idee, dass Millionen Fahrzeuge durch bidirektionales Laden wie eine große Batterie aggieren könnten. Dieses Szenario obstruiert das Smart-Grid-Modell jedoch zusätzlich. Der Besitzer eines Elektroautos müsste also motiviert werden, das Smart Grid über seine beabsichtigte Fahrleistung zu informieren, um errechnen zu können, welcher Teil der Speicherkapazität seines E-Autos für die Netzstabilität nutzbar wäre. Ein finanzieller Anreiz, der den Elektromobilisten bei für die Offshore-Windparks günstiger Wetterlage (niedriger Strompreis) zum Laden und bei Bewölkung mit Flaute (höherer Strompreis) zur teilweisen Bereitstellung seines Ladestroms anregte, ist dafür die Voraussetzung.
Der durchschnittliche Verbraucher ist in der Regel preissensibel. Nur über attraktive Preismodelle mit Echtzeittarifen wäre eine effektive Lastverschiebung durch Änderung des Kundenverhaltens im großen Maßstab möglich. Um diese umzusetzen, wäre eine Echtzeitkommunikation auf der Basis leistungsfähiger IT-Infrastruktur die notwendige Voraussetzung.
Trotz aller ungelösten Fragen und Herausforderungen geht McKinsey davon aus, dass Smart Grids schon sehr bald zu einer 50-prozentigen Effizienzsteigerung der Stromnetze führen werden und fossile Energieträger dabei eine immer geringere Rolle spielen werden.
Neben den erwähnten Smart Grids sind ebenfalls seit geraumer Zeit Smart Homes in aller Munde. Es ist meine Überzeugung, dass diese den Immobilienmarkt in den kommenden Jahren massiv verändern werden. Die hier zunehmend angebotene Intelligenz verspricht Bequemlichkeit, Komfort und Sicherheit durch kluge Helfer in den eigenen vier Wänden: "Intelligentes" Licht, Klima und Sicherheitseinrichtungen bieten dem technisch interessierten Bürger verschiedene, leider jedoch noch sehr komplizierte und überwiegend untereinander inkompatible Lösungen an. Möglich wird dies durch Embedded Systems, also mikroelektronische Systeme, die über eine eigene Rechenfähigkeit, Sensorik und Aktorik verfügen.
Durch das Aufkommen von Lösungen, die gegenwärtig noch überwiegend aus dem amerikanischen Raum kommen, zeichnen sich mutmaßliche Änderungen ab: Die Systeme passen sich immer mehr an die Nutzungsweisen und ökologischen Bedürfnisse der Bewohner an. Die Steuerung erfolgt dabei durch benutzerfreundliche Interfaces oder gar in semantischer Form, etwa durch die Eingabe per Stimme und Spracherkennung. Egal ob Apple HomeKit oder Google Nest, das Zusammenspiel aus Aktoren und Sensoren im Haus wird durch intelligente (Cloud-)Dienste ermöglicht. Die Sicherstellung sowohl von IT-Security als auch Datenschutz führt dabei zu Vertrauen und Markenbindung. Die bisherige Wahrnehmung von EVUs mit dem Image: sicher, vertrauensvoll und prüfend, kann hier eine marktentscheidende Chance sein.
Insgesamt hängt Cloud Computing jedoch nicht zwingend nur mit der Digitalisierung zusammen. Auch die Flexibilisierung von Arbeitslasten zum Beispiel für die monatliche Berechnungen und Jahresabrechnung können zu einer Kosteneinsparung durch Cloud-Einsatz führen. Der Vorteil aus dem Besitz eigener Rechenzentren löst sich durch die extrem niedrigen Kosten von Cloud-Lösungen auf.
So erwarten beispielsweise die Berater von Deloitte, dass bis 2017 in Europa allein 1,6 Milliarden Euro in Smart-Home-Lösungen investiert werden. Da ist es verständlich, dass beinahe wöchentlich neue Anbieter aus dem Boden schießen, um ein Stück vom Kuchen zu bekommen.
- digitalStrom Smart Home
IP-gestützte und per Smartphone-App gesteuerte Systeme ebenen den Weg für neue Anwendungen und Player. - Beacon-Testlauf
... Mobile Marketing, - Paypal Beacon
Aktuell liegt das Hersteller-Interesse an (i)Beacons noch stärker bei den Themen Mobile Payment ... - Qualcomm Gimbal
... und Mobile Shopping. - (i)Beacon von Estimote
Die Sendemodule für Bluetooth Low Energy werden von Hersteller wie Estimote angeboten. - digitalStrom und iBeacon
Von kontextbezogener Gebäudesteuerung mit iBeacon meint digitalSTROM, dass je nach Abstand vom Sendesignal unterschiedliche Aktionen definiert werden können, Licht ein und Licht aus zum Beispiel. - Intel Puma 6 Plattform
Intel hat auf der CeBIT 2014 die neue Puma-6-Plattform vorgestellt ... - Hitron Box auf Basis von Puma 6
... und demonstriert, wie mit entsprechenden Multi Service Gateways verschiedene Smart-Home-Anwendungen zur Heimsteuerung, Heimsicherheit, Energieeffizienz und Unterhaltung gleichzeitig betrieben werden können. - Mehr Komfort durch RWE SmartHome
Der Energieriese RWE gehört mit RWE SmartHome sicherlich zu den führenden Anbietern nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. - Heimsteuerung via NFC-Tag
Auch mit NFC ist es möglich, bestimmte Befehle auszulösen oder Daten auszutauschen. - Samsung Smart Home
Samsung will mit einer eigenen Plattform Fernseher, Kühlschränke, Waschmaschinen, PC-Systeme, Tablets und Smartphones alle unter das Dach von Smart Home stellen. - Nest
Das Design der Nest-Thermometer verrät die Handschrift des ehemaligen Apple-Designers und Mitgründers Tony Fadell. - Nest
Kurz nach der Übernahme von Nest Labs durch Google im Januar 2014 mussten die Protect genannten Rauchmelder wegen fehlerhafter Software vorübergehend vom Markt genommen werden. - Nest
Die Thermostate sind vorerst auch nur auf Nordamerika und Großbritannien beschränkt. - digitalStrom: Das Haus und die Cloud
digitalStrom verbindet das vernetzte Zuhause mit der Cloud ... - digitalStrom: Das vernetzte Haus
... setzt aber innerhalb des Hauses auf Verkabelung. - digitalStrom Klemmen
Was hier aussieht wie Lüsterklemmen, sind in Wirklichkeit Mikrocomputer von digitalSTROM für die relativ günstige Einrichtung und Nachrichtung von Smart Home. - Tobit Puppenstuben-GPS
Tobit spricht bei Apples iBeacon von "Puppenstuben-GPS" und hat so auf der CeBIT 2014 den Einzug in die eigene chayns-App angekündigt.
In Anbetracht dieser Entwicklungen müssen sich EVUs sowohl mit eigenen Lösungen positionieren als auch mit den Partnern zusammenarbeiten, die bereits Know-how in diesem Bereich besitzen, um die Kundenbeziehung nicht an die internationalen IT-Konzerne wie Google, Amazon und Apple zu verlieren. Áuf Grundlage ihrer energiewirtschaftlichen Kompetenz sind Geschäftsmodelle denkbar, bei denen die EVUs IT-Konzernen mittels ihrer Daten - zum Beispiel Ermittlung eines intelligenten Vorheizzeitpunktes für eine Heizung - die Chance geben, einen Mehrwert generieren zu können.
Interkonnektivität des Energie- und Verkehrssektors
Die Energiewende sowie bestehende Umweltvorgaben in Verbindung mit der Digitalisierung haben eine bahnbrechende Auswirkung sowohl auf die Mobilitäts- und Infrastrukturaufgaben der Städte, Länder und Kommunen als auch auf die EVUs. Die aktuell anzutreffende Infrastruktur ist nicht für diese Effekte zukunftsorientierter Städte und Kommunen ausgelegt.
Das heutige Infrastrukturbild des Verkehrssektors ist beispielsweise geprägt von geschlossenen Ladeinfrastrukturen, bei denen quasi erst eine Mitgliedschaft erworben werden muss. In vielen Regionen ist eine Ladeinfrastruktur nicht einmal in ausreichender Menge vorhanden. So ist es verständlich, dass auch dies dazu beiträgt, dass die Elektromobilitätsziele der Bundesregierung nicht erreicht werden können.
Die Kunst liegt nun darin, die bestehende Infrastruktur kostengünstig, effizient und auf die Zukunft ausgerichtet umzurüsten. So existiert beispielsweise das SM!GHT-Konzept, das mit innovativen Technologien und Services die bestehende Straßenbeleuchtung ersetzt beziehungsweise ergänzt und so die Region als eigenständigen Lebens- und Wirtschaftsraum fördert. Damit wird aus der als notwendig empfundenen Muss-Infrastruktur des Straßenbeleuchtungsnetzes eine Basisinfrastruktur für Kommunikation und Information (siehe Abbildung 4). Modulare Nutzungen etablierter Techniken wie Public-WLAN, Umweltsensorik, Verkehrsleittechnik, Bewegungssensorik und E-Ladepunkte erweitern derartige Konzepte und schaffen die Basis für neue Lösungen für Bürger und Unternehmen.
Kontextsensitivität in Supportprozessen
Wenn Ressourcen immer knapper und somit teurer werden, ist es unerlässlich, Prozesse in Gang zu setzen, die um ein Vielfaches intelligenter und damit effizienter ablaufen als bisher. Gerade im Außendiensteinsatz von Monteuren in Erzeugungsanlagen ist die Steuerung der Abläufe vor Ort auf die Unterstützung durch kontextbezogene Supportinformationen angewiesen oder sogar durch Automatisierungen zu prüfen.
Erhobene Echtzeitdaten können, durch Algorithmen definiert, die Zukunft abschätzen helfen. Nach Erhebung der Daten können zum Beispiel Mängel an Windparkanlagen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden. Einsatzkräfte können so zielgerichtet zur Wartung geschickt werden, bevor der Defekt eintritt. Der Aufbau dieses kalkulierbaren Wissens fällt ebenfalls in den Bereich Big Data und -Analytics.
Big Data bedeutet dabei aber weit mehr als nur das Sammeln großer Datenmengen, denn es kann selbstverständlich nicht darauf ankommen, mit seiner IT die größten Daten(-leichen-)berge zu sammeln. Vielmehr besteht das lohnende Ziel darin, durch die Anwendung moderner Prognosealgorithmen und automatisierter Entscheidungsfindung auf die aus vielen verschiedenen und vor allem heterogenen Quellen bezogenen Daten an dieses vorhersehbare Wissen zu gelangen. Anschließend lässt es sich - um am Beispiel der EVUs zu bleiben - als netznahe Dienstleistungen für andere kommerzielle, aber auch private Betreiber von Erzeugungsanlagen unter Beachtung von Datenschutz und Kundenvertrauen vermarkten.
Im "Power Diagnostics Center" in Mülheim an der Ruhr kontrollieren Experten von Siemens die Sensordaten von Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerken in aller Welt. Sie sehen die virtuellen Messdaten vieler Anlagen, stellen Korrelationen her, analysieren Muster und verhindern proaktiv, dass ein Alarm ausgelöst wird. Kurz: Sie machen Smart Data aus Big Data und sorgen dafür, dass die Verfügbarkeit der Anlagen steigt.
Diese Beispiele zeigen exemplarisch, dass zugleich mit der Erschließung neuer Erlösquellen eine Kostenreduktion durch Einsatzoptimierung im eigenen Haus möglich ist. Gerade dann, wenn diese Kostenreduktion am regulatorischen Markt auch entsprechend Anerkennung findet, kann davon ausgegangen werden, dass die EVUs dies aufgreifen werden.
Kollektive Intelligenz der Konsumenten
Oftmals wird bei den anstehenden Herausforderungen der Digitalisierung das Crowdsourcing als unterschätzten Faktor betrachtet. Wenn ein Unternehmen externe Firmen mit ursprünglich intern verrichteten Tätigkeiten beauftragt, heißt das Outsourcing. Ist der Auftragnehmer die allgemeine Öffentlichkeit oder der Konsument des Unternehmens ("Crowd"), so wird daraus "Crowdsourcing". Crowdsourcing stellt damit eine neue Form der Mitarbeit dar und beschreibt die Nutzbarmachung von Ideen und Arbeitskraft der Crowd für die Optimierung beziehungsweise Erstellung eigener Produkte. Dabei erhält die Crowd in vielen Fällen auch eine Art Entlohnung, zum Beispiel in Form von Sachpreisen, Vergünstigungen oder Ähnlichem.
Eine solche Arbeitsleistung kann sowohl bewusst als auch unbewusst erfolgen: Beispielsweise nutzt der Hauptbahnhof in Stockholm die Körperwärme der täglich 250.000 Besucher, um ein Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu heizen. Durch Ventilationssysteme wird Körperwärme zur Wassererhitzung genutzt. Ein weiteres Beispiel stellt "PowerLEAP" dar. Hier wird die Bewegungsenergie von Bodenplatten genutzt, um Ticketschranken bei öffentlichen Verkehrsmitteln mit Energie zu versorgen.
- Volvo Connected Cars kommunizieren über die Cloud
Volvo präsentiert auf der MWC in Barcelona die Technologie "Slippery Road Alert ". - Volvo Connected Cars kommunizieren über die Cloud
Das Fahrzeug erkennt eine glatte Fahrbahn und meldet es in die Volvo-Cloud. - Volvo Connected Cars kommunizieren über die Cloud
Die Technologie zum Reagieren auf Glatteis ist schon in aktuellen Fahrzeugen mit ASR und ESP vorhanden. Durchdrehende Räder oder ein Ausbrechen des Autos soll so verhindert werden. - Volvo Connected Cars kommunizieren über die Cloud
Der "Slippery Road Alert" meldet dieses Ereignis nun eben der Volvo-Cloud. - Volvo Connected Cars kommunizieren über die Cloud
Kommen andere Volvos mit Cloud-Anbindung an der glatten Stelle vorbei, so erhalten sie eine Warnung.
Gerade als eine kosteneffektive Ideenfindungsmethode bietet sich das Crowdsourcing an. Die Öffnung von Innovationsprozessen für Gruppen außerhalb der eigenen Unternehmensgrenzen wird auch als das Prinzip "Open Innovation" bezeichnet. Hier können EVUs viel von bisherigen Konzepten lernen. So hat beispielsweise die Firma Dell sich mit der Open Innovation-Plattform "Dell Idea Storms" der Internet-Community geöffnet. Der Dialog steht dabei im Mittelpunkt. So lädt die Plattform unter anderem zu "Storming Sessions" ein, bei denen Dell verschiedene Themen vorgibt und die Konsumenten um ihre konkreten Ideen bittet.
Die Energiewende - eines der größten IT Projekte
Die Digitalisierung ist eine (r)evolutionäre Veränderung unserer Arbeits- und Lebenswelt und betrifft die gesamte Wertschöpfungskette. Sie erlaubt durch Netzwerk- und Skaleneffekte kosteneffiziente Wertschöpfungsprozesse und ist damit der aktuell wichtigste Innovationsmotor und Impulsgeber im Konkurrenzkampf um künftige Kundensegmente. Industrialisierte Volkswirtschaften wie Deutschland haben den Vorteil, schon Produkte herzustellen, die sich mit der richtigen Strategie zu intelligenten Plattformen und somit zu neuen Dienstleistungen und Geschäftsmodellen entwickeln können.
Um dem Wandel der Digitalisierung effektiv zu begegnen, müssen die EVUs ihre zum größten Teil monolithisch geprägten IT-Infrastrukturen und die darin ausgeprägten Geschäftsprozesse Erzeugung, Handel und Beschaffung, Übertragung undVerteilung sowie Vertrieb, überdenken und erweitern. Die im Energiesektor vorherrschenden, umfassenden und zentralen Mainframe-Anwendungen müssen für neue digitale und agile Serviceerbringung geöffnet werden. Voraussetzung hierfür ist eine tiefgreifende technologische, wie auch in den Denkmustern vollzogene Adaption.
Viele verwendete Softwareprodukte müssen sich den neuen Cloud- und Mobile-Strategien anpassen. Die Verwendung von standardisierten IT-Services über ein zentrales API-Verzeichnis ermöglicht es zukünftig auch, neue Schnittstellen wie zum Beispiel die Integration von Mobile Apps oder von Zahlsystemen zu implementieren. Diese Stufe der Evolution müssen Energiedienstleister unter Einhaltung höchster Vorgaben zu Fragen der Sicherheit und des Datenschutzgesetzes im Idealfall schneller als ihre (in-)direkten Wettbewerber erreichen. So sind unter Umständen gerade kleinere Marktteilnehmer in der Lage, sich schneller und flexibler anzupassen.
- Autobauer, Einzelhandel und sogar Tagebau
Wir zeigen gelungene Beispiele für die digitale Transformation deutscher und internationaler Unternehmen. - Red Tomato Pizza Dubai
Wer in Dubai Hunger auf Pizza bekommt, dem gereicht ein Knopfdruck zum Italo-affinen Gourmet-Glück. Der Red Tomato-Lieferdienst bietet einen Kühlschrank-Magneten an, der über die Koppelung an ein Smartphone dafür sorgt, dass die Lieblingspizza ofenfrisch und frei Haus schnellstmöglich anrückt. - Hamburger Hafen
Der Hamburger Hafen ist Europas zweitgrößter Containerhafen. Um die Effizienz der begrenzten Verkehrswege zu verbessern und größere Gütermengen umschlagen zu können, hat die für das Hafenmanagement zuständige Hamburg Port Authority (HPA) zusammen mit der SAP und der Deutschen Telekom in einem Pilotprojekt die IT-Logistikplattform "Smart Port Logistics" aufgebaut. Die IT-Lösung soll die Unternehmen, Partner und Kunden des Hafens enger miteinander vernetzen.<br /><br />Durch ein IT-gestütztes Verkehrsmanagement will man LKW-Fahrern Echtzeit-Informationen zu Frachtaufträgen und zur Verkehrslage bereitstellen. Dadurch sollen Staus im Hafen und auf den Zufahrtswegen sowie Wartezeiten minimiert und der Warenfluss optimiert werden. Die IT-Logistikplattform ist mit mobilen Applikationen ausgestattet, über die Lkw-Fahrer Verkehrsinformationen und Dienstleistungen rund um den Hafen mithilfe mobiler Endgeräte wie Tablet-PCs oder Smartphones abrufen können. - Drive Now
In kaum einem Industriezweig vollzieht sich die Digitalisierung so vielschichtig wie im Automotive-Sektor. Einen besonderen Stellenwert nehmen dort seit einigen Jahren die "individuellen Mobilitätsleistungen" ein - besser bekannt unter dem Schlagwort Carsharing. Der Münchner Autobauer BMW hat gemeinsam mit seiner Tochter Mini und dem Autovermieter Sixt das DriveNow-Programm ins Leben gerufen. Gefunden und gebucht wird ein Fahrzeug in der Nähe per Smartphone-App, bezahlt wird per Kreditkarte. - SK Solutions
SK Solutions koordiniert mithilfe einer neuen Plattformlösung Kräne und andere Maschinen auf Baustellen. Eingebaute Sensoren sammeln Echtzeit-Daten für die Live-Analyse; Bewegung und Steuerung der Baustellenperipherie werden daraufhin automatisch angepasst, um Unfälle und Kollisionen zu verhindern, die sonst - möglicherweise auch erst in einer Woche - passieren würden. - Xbox Live
Disketten und Cartridges sind längst passé - nun wendet sich die Gaming-Industrie langsam aber sicher auch von der Disc ab. Wie Sonys PlayStation Network bietet auch der Xbox Live-Service inzwischen viel mehr als nur Multiplayer-Schlachten. Games- und Video-on-Demand-Dienste machen physische Datenträger nahezu überflüssig. Zahlreiche Apps wie Youtube, Netflix oder Skype verwandeln die aktuellen Spielkonsolen in Multimedia-Stationen. - Novartis & Google
Der Schweizer Novartis-Konzern gehört zu den wenigen großen Playern der Pharma-Industrie, die die Digitalisierung vorantreiben. Zu diesem Zweck haben sich die Eidgenossen die Lizenz gesichert, Googles Smart Lens-Technologie für medizinische Zwecke nutzen und vermarkten zu dürfen. Konkret arbeiten die Wissenschaftler derzeit an neuartigen Kontaktlinsen. Diese sollen sowohl Diabetikern als auch Menschen die auf eine Sehhilfe angewiesen sind, zu mehr Lebensqualität verhelfen. Das funktioniert mittels Sensoren und Mikrochip-Technologie sowie der Koppelung an ein smartes Endgerät. Zum einen soll die Kontaktlinse so in der Lage sein sollen, den Blutzuckerspiegel eines Menschen über die Augenflüssigkeit zu messen, zum anderen die natürliche Autofokus-Funktion des menschlichen Auges wiederherstellen. - Dundee Precious Metal
Die kanadische Minengesellschaft Dundee Precious Metal setzt unter Tage klassische Netztechnik wie WLAN oder 10-Gigabit-Glasfaser ein, um den Bergbau zu automatisieren und Edelmetalle effizienter zu fördern. Laut CIO Mark Gelsomini arbeitet das Unternehmen dank der neuen Technik nun 44 Prozent effizienter.<br /><br />Im ersten Schritt wurden klassische Kommunikations-Devices auf Voice over IP und Voice over WLAN umgestellt sowie neue Sensorsysteme verbaut. Fernziel ist, dass die Geräte unter Tage künftig ferngesteuert von der Oberfläche gesteuert werden, um so die Zahl der Bergleute, die einfahren müssen, zu reduzieren. - Axel Springer
Beim größten deutschen Medienhaus Axel Springer nimmt die Digitalisierung einen hohen Stellenwert ein. Im Jahr 2012 erwirtschaftete Springer mit den digitalen Medien erstmals mehr als mit seinen Print-Erzeugnissen. Doch nicht nur Paid-Content-Modelle wie "Bild Plus" sorgen für klingelnde Kassen - auch das Jobportal Stepstone.de, die Beteiligung an der Fitness-App Runtastic, die Etablierung des Reisemagazins travelbook.de, sowie zuletzt die Übernahme der Plattform Immowelt zeugen von dieser Entwicklung. - General Motors
General Motors hat eine eigene Software-Entwicklungsabteilung mit 8000 Developern aufgebaut und damit einen Outsourcing-Vertrag mit HP abgelöst, der den Konzern drei Milliarden Dollar im Jahr kostete. Der Autobauer entwickelt die Software-Lösungen für seine Autos und den internen Gebrauch nun komplett selbst, um besser auf Kundenwünsche eingehen zu können. - Deichmann
Wenn es um Schuhe geht, ist derzeit kein Unternehmen in Deutschland erfolgreicher als Deichmann. Das dürfte auch daran liegen, dass das Familien-Unternehmen als erster Schuhhändler Deutschlands einen Online-Shop installierte - im Jahr 2000. Inzwischen fährt Deichmann eine Omnichannel-Strategie und möchte den Online-Handel konsequent mit klassischen Einzelhandels-Geschäftsmodellen verknüpfen... - Deichmann
... Konkret sollen im Herbst die beiden Modelle "Ship2Home" und "Click&Collect" starten: Kunden sollen Schuhe, die im Laden nicht auf Lager sind, bequem nach Hause ordern können oder - andersherum - online in die Filiale. Social Networking, Blogging und Apps gehören ebenfalls zum Konzept von Deichmann. Dabei scheut man sich auch nicht davor, neuartige Konzepte zu testen. So bot das Unternehmen für einige Zeit auch virtuelle Schuhanproben an - die sich allerdings nicht durchsetzten. - Kreuzfahrtschiff "Quantum of the Seas"
Satelliten-Wifi auf Hochsee, Cocktails an der Bionic-Bar, digitaler Meerblick in der Innenkabine, bargeldloses Zahlen an Bord mit RFID-Armbändern und lückenloses Gepäck-Tracking: Die "Quantum of the Seas" von Royal Carribean kreuzt als schwimmendes High-Tech-Paradies in der Karibik und lässt keinen Geek-Wunsch offen. - Rewe
Die Frankfurter Allgemeine bescheinigt dem Lebensmittel-Konzern, es sei "wie kein anderes in seiner Branche dem Zeitgeist gnadenlos auf der Spur". Dabei ist die Rewe Group im Vergleich zum Konkurrenten Tengelmann erst recht spät auf den Digitalisierungszug aufgesprungen. Der erste Schritt war die Einführung von Online-Bestellungen, ... - Rewe
... inzwischen erlauben viele Rewe-Kassenterminals auch die Bezahlung per Smartphone. Überraschend hat sich das Unternehmen Anteile am Online-Möbelhändler Home24 gesichert. Warum? Rewes E-Commerc-Chef Lionel Sourque verrät: "Wir müssen von diesen Verrückten lernen, denn uns fehlt das Online-Gen in unserer Händler-DNA." - Commonwealth Bank of Australia
Die Commonwealth Bank of Australia ist das beste Beispiel dafür, dass es sich lohnt, beim Thema Digitalisierung Early Adopter zu sein. Im Jahr 2008 lief die digitale Umstrukturierung an - inzwischen hat das australische Finanzinstitut alle Privat- und Unternehmenskonten in ein einheitliches digitales System übertragen und ist dank neuer Strukturen laut den Management-Beratern von Bain&Company die Nummer 1 in Australien beim Online-Banking. In der Gunst der jungen Kunden liegt das nahezu vollständig digitalisierte Finanzinstitut ebenfalls an erster Stelle.
Wie die Herausforderung der digitalen Welt produktiv gemacht und zum eigenen Vorteil genutzt werden kann, zeigt wie so oft das Beispiel Google. So hat Google seine API-Schnittstellen für Dritte geöffnet. Mittlerweile arbeiten daher mehrere hundertausend Webseiten und noch viel mehr mobile Endgeräte mit Google-Maps-Daten. So kann jedem Unternehmen nur geraten werden, die Verwendung von Daten nach dem Modell der eigenen Lieferkette aufzubauen. Unternehmen müssen sich auf diese Umwälzungen einstellen und Wege finden, künftige Werte zu erschließen anstatt Zäune zu errichten. Der Blick auf die Verlagswelt, die sich aus Verzweiflung mit dem Leistungsschutzrecht gegen die Digitalisierung stemmt, taugt als Beispiel für (noch) nicht gefundene Wege.
Während die Digitalisierung voranschreitet, besitzen die EVUs heute bereits enorme Datenmengen, nutzen sie bisher aber nur unzureichend. Stellt ihnen die IT zukünftig eine Art neues "Betriebssystem des Energiesektors" bereit, können sie damit neue Geschäftsmodelle entwickeln. Zugleich werden sich die EVUs im Rahmen der digitalen Transformation zunehmend partnerschaftlichen Lösungen mit anderen Anbietern öffnen (müssen). Es muss jedoch eine Bereitschaft bestehen derartige neue Lösungen anzugehen.
Für die Zukunft der Energiebranche ist die IT der Schlüssel: sie unterstützt die Energiewende und gibt den EVUs die Möglichkeit, sich im Rahmen der Energiewende neu zu erfinden.
Hier finden Sie Teil 1 der Artikelserie. (bw)