Abschied von der Kassenschlange

Die aktuellen Payment-Trends

03.06.2022
Von   IDG ExpertenNetzwerk


Ralf Gladis ist Mitgründer und Geschäftsführer des internationalen Payment Service Providers Computop – the payment people. Ralf Gladis ist verantwortlich für das Produktportfolio und die strategische Ausrichtung von Computop. 2022 wurde Ralf Gladis in das Digital Finance Forum berufen, die Expertenkommission des Bundesfinanzministeriums.

 
Einen schnellen, komfortablen und sicheren Bezahlvorgang beim Check Out, das wünschen sich Kunden am Ende ihrer Customer Journey. Aktuelle Payment-Technologien liefern die Basis hierfür.
Zum idealen Einkauf gehört auch ein schneller Check out. Und hier will der Kunde bequem bezahlen können.
Zum idealen Einkauf gehört auch ein schneller Check out. Und hier will der Kunde bequem bezahlen können.
Foto: ViDI Studio - shutterstock.com

Für ein ideales Einkaufserlebnis muss die Kassenschlange reduziert sowie der Check Out entzerrt werden. Wofür sich Self-Scanning- und Self-Check-Out eignen: Die Zahl der Kassen wird erhöht, der Bezahlvorgang beschleunigt und das ohne zusätzliches Personal.

Grundsätzlich lassen sich dabei zwei Varianten unterscheiden: Mobile Scanning und stationärer Self-Check Out. Bei Letzterem scannt und bezahlt der Kunde oder die Kundin eigenständig die Ware an einer Selbstbedienungskasse (SB-Kasse). eine aktuelle EHI Marktanalyse zur Verbreitung von Self-Check-Out-Systemen in Deutschland ergab, dass 1.687 deutsche Geschäfte dieses Verfahren nutzen - doppelt so viele als im Jahr 2019.

Selbst ist der Kunde

Obwohl noch wenig verbreitet, haben auch Mobile-Scanning-Angebote in den letzten zwei Jahren deutlich zugenommen, so die EHI-Studie. Der Lebensmitteleinzelhändler Rewe bietet Mobile Scanning unter anderem mit einer App an.

Immer mehr Händler setzen auf Selfscanning.
Immer mehr Händler setzen auf Selfscanning.
Foto: frantic00 - shutterstock.com

Hierfür muss der Kunde beim Betreten des Geschäfts zunächst seine Rewe-App öffnen. Nun kann er die Produkte direkt am Regal scannen und sowohl in seinen physischen als auch seinen virtuellen Einkaufskorb legen. Ist der Einkauf abgeschlossen, bleiben die Waren beim Check Out im Korb. Zum Bezahlen wird lediglich ein QR-Code in der App erzeugt, der vom Kunden an einer SB-Kasse gescannt wird.

Bar oder kontaktlos?

Immer mehr Menschen greifen zur kontaktlosen Karte oder nutzen Wallets, um zu bezahlen. Eine Entwicklung, die durch die Corona-Pandemie zusätzlich beschleunigt wurde. Für den Händler ein echter Vorteil: Reine Kartenzahlungsterminals sind für ihn deutlich weniger wartungsintensiv als Bargeldsysteme und damit kostengünstiger.

Mit Android-basierten Terminals ist außerdem nicht nur kontaktloses Bezahlen möglich, sondern es können auch verschiedene Apps installiert werden, etwa für Gutscheine oder Rabattaktionen. Dafür müssen sich die Geräte entweder mit dem WLAN im Laden verbinden oder mit einer SIM-Karte ausgestattet werden. Weil die Terminals Smartphone-Charakter haben, ist die Bedienung für die Kunden sehr einfach. Dennoch ist das kontaktlose Bezahlen mittels Terminals eine Brückentechnologie. Mit seinen Smart Stores zeigt Amazon, was in Sachen Selbstbedienung in Zukunft sein wird.

Nachdem der Kunde über seine Amazon Go-App eingecheckt hat, wird sein Einkauf von Kameras, Sensoren und einem intelligenten Algorithmus begleitet. Sie erkennen, wenn der Kunde etwas aus dem Regal nimmt oder wieder zurücklegt. Der Kunde selbst muss weder scannen noch an einer SB-Kasse bezahlen. Sobald der Einkauf abgeschlossen ist, checkt er mithilfe des QR-Codes aus und verlässt mit den Waren das Geschäft.

Die Zahlung erfolgt dabei automatisch über die im Amazon-Konto hinterlegte Zahlart. Die Rechnung wird per Mail an den Kunden geschickt. Ob die smarten Amazon-Shops nach Deutschland kommen, ist bislang nicht klar, da das System hinter den Stores mit den deutschen Datenschutzbedingungen nicht übereinstimmen könnte.

Alleskönner Smartphone

Mehr als alle anderen Generationen greift die Gen Z an der Kasse zum Smartphone, wie eine Studie der Initiative Deutsche Zahlungssysteme von 2021 ergab. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Beliebtheit des Bezahlverfahrens unter den jungen Erwachsenen sogar um vier Prozentpunkte gestiegen.

Alleskönner Smartphone: Es dient nicht nur als Zahlungsmittel, sondern erkennt auch Waren und Angebote.
Alleskönner Smartphone: Es dient nicht nur als Zahlungsmittel, sondern erkennt auch Waren und Angebote.
Foto: Adam Hoglund - shutterstock.com

Digitale Geldbörsen wie Apple Pay oder Click to Pay, das Wallet der führenden Kreditkartengesellschaften, überzeugen also vor allem die Gen Z. Der Grund: Sie machen den Check Out sowohl im E-Commerce als auch am POS komfortabler, schneller und sicherer. Qualitäten, die auch die Millennials oder die Babyboomer schätzen. 80 Prozent der Studienteilnehmer, die ein Smartphone zum Bezahlen nutzen, empfinden es als sehr praktisch. 2020 waren es 76 Prozent.

Da in den Wallets die Kundendaten bereits hinterlegt sind, kann mit wenigen Klicks bezahlt werden, was die Konversion im Check Out erhöht. In punkto Geschwindigkeit hat das Smartphone für die Befragten deutlich dazugewonnen: Weniger als die Hälfte gaben 2020 an, dass sie den Check Out mit dem Smartphone als besonders schnell erachten. Mittlerweile sind es 67 Prozent - ein Plus von 21 Prozentpunkten.

Wallets - die Tresore unter den Geldbeuteln

2020 hielt nur knapp ein Viertel der Befragten das Bezahlen mit dem Smartphone für sicher. Ein Jahr später waren es bereits 50 Prozent. Trotz des immensen Anstiegs ist mit der Hälfte der Teilnehmer die Zahl derer, die das Bezahlen mit Wallets als sicher empfinden, vergleichsweise gering. Händler sollten ihre Kunden daher über die hohen Sicherheitsstandards der digitalen Geldbörsen aufklären. Schließlich sorgen biometrische Verfahren und Scheme Tokens dafür, dass die Kartendaten im Wallet außerordentlich gut geschützt sind.

Wallets machen das Bezahlen per Smartphone sicher.
Wallets machen das Bezahlen per Smartphone sicher.
Foto: AlexLMX - shutterstock.com

Bei Tokens handelt es sich um beliebige Zahlen-Buchstabenkombinationen, die unter anderem die PAN-Nummer einer Kreditkarte ersetzen. Eine rechnerische Rückwandlung der Daten ist nicht möglich, da die Zusammensetzung der Tokens auf keinem Algorithmus basiert. So haben Hacker kaum eine Chance, auf die Karteninformationen zuzugreifen.

girocard wird digital

Lange suchten Kunden die girocard im Check Out der Onlineshops vergeblich. Doch nachdem Sparkassenkunden ihre girocard seit 2020 durch Apple Pay am POS nutzen können, ist die girocard der Sparkasse seit letztem Jahr über das Apple-Wallet auch im E-Commerce eine Bezahloption. Dafür digitalisierten die Sparkassen 46 Millionen Karten.

Und mit Computop sowie zwei weiteren Unternehmen stellten die drei größten deutschen Payment Service Provider (PSP) die benötigten Schnittstellen bereit. Ein wichtiger Schritt, denn von den Deutschen wird die Debitkarte gerne genutzt: 97 Prozent besitzen eine girocard, so die aktuelle Studie der Initiative Deutsche Zahlungssysteme.

Rechnungskauf

Raten- und Rechnungskauf sind in Deutschland schon lange bekannt und beliebt. Durch Anbieter wie Afterpay oder ratenkauf by easyCredit haben sie als Buy now, pay later (BNPL) nun auch einen internationalen Anstrich bekommen.

Wollen Händler das Bezahlverfahren integrieren, sollten sie allerdings ein paar Punkte beachten: Existierende Systeme müssen angepasst, Vorschriften eingehalten und Bonitätsprüfungen durchgeführt werden. Außerdem sollten sie wissen, welche BNPL-Anbieter in welchen Ländern besonders beliebt sind. Deshalb ist es ratsam, sich bei der Einführung von BNPL von einem internationalen PSP unterstützen zu lassen. Dieser stellt die Schnittstelle zwischen dem Kunden, dem Händler und der Zahlart dar und kennt die gängigen BNPL-Bezahlverfahren.

Omnichannel - die Zukunft ist nahtlos

Mit Omnichannel-Lösungen wie Click & Collect wird für den Kunden ein kanalübergreifendes Einkaufserlebnis geschaffen, bei dem E-Commerce, M-Commerce und POS ineinandergreifen - was insbesondere die Gen Z freut. Denn für keine andere Generation ist eine nahtlose Customer Journey so wichtig wie für die Digital Natives, so die PwC Studie "Gen Z is Talking. Are you Listening".

Omnichannel-Lösungen beiten ein kanalübergreifendes Einkaufserlebnis.
Omnichannel-Lösungen beiten ein kanalübergreifendes Einkaufserlebnis.
Foto: Nikola Stanisic - shutterstock.com

Außerdem wird der Einkauf durch Click & Collect schneller, bequemer und smarter: Der neue Pullover kann einfach online bestellt, mit den beliebten E-Commerce-Zahlarten bezahlt und daraufhin bei einer gemütlichen Shoppingtour im Geschäft abgeholt werden.

Möchte die Kundin durch die Ladenstraße schlendern, aber die Kassenschlange vermeiden, kann sie durch NFC-Tags (Near Field Communication) direkt an der Kleiderstange oder am Schaufenster bestellen und bezahlen. Sie muss dafür nur ihr Smartphone in die Nähe des Senders bringen, schon wird eine Bezahlseite aufgerufen. Der Vorteil gegenüber QR-Codes: Diese können überklebt werden, wodurch Hacker die Kontodaten der Kunden stehlen können. Das NFC-Signal ist nicht überschreibbar und damit nahezu fälschungssicher.

Dass nicht nur die Gen Z Click & Collect gerne nutzt, sondern es auch bei den übrigen Deutschen immer populärer wird, zeigen die Zahlen des Handelsverbands Deutschland: Vor fünf Jahren kannten erst 13 Prozent der Internetnutzer diese Omnichannel-Variante, 2021 waren es bereits 74 Prozent.

Trends wie Wallets und Omnichannel-Lösungen werden in den nächsten Jahren die bestehenden Systeme ergänzen oder ersetzen. Wie aktuelle Studien andeuten, wird ein smarter Check Out bei den Kunden nicht nur immer beliebter, sondern auch zu einer Selbstverständlichkeit. Damit die Kunden also auch weiterhin den Onlineshop oder das Geschäft um die Ecke mit einem Lächeln verlassen, sollten Händler ihre Stores zukunftsfähig machen. (hi)