Agilität über Fachkräftemangel bis IT-Sicherheit

Die 10 wichtigsten CIO-Themen

07.06.2021
Von 
Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
IT-Entscheider müssen das Business durch die Transformation führen, erklären Analysten der Hackett Group in ihrer CIO-Agenda 2021.
  • Etwa vier von zehn Entscheidern erwarten in der zweiten Jahreshälfte 2021 eine Stabilisierung
  • Das Bewusstsein für Risiken – von Cyberkriminalität über sozialpolitische Unruhen bis zu den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie – ist gestiegen
  • CIOs spüren die Folgen der Kostensenkungen des Jahres 2020
Die Hackett Group befragte IT-Entscheider aus rund 200 Unternehmen zu ihren Prioritäten für 2021.
Die Hackett Group befragte IT-Entscheider aus rund 200 Unternehmen zu ihren Prioritäten für 2021.
Foto: jamesteohart - shutterstock.com

Die krisenbedingten Schwierigkeiten vieler Organisationen eröffnen CIOs beste Karrierechancen. Sie sollten jetzt das Steuer übernehmen und ihr Unternehmen durch die Transformation leiten, empfiehlt die Hackett Group in der Studie "CIO Agenda 2021". Dazu wurden Entscheider aus rund 200 Unternehmen befragt.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie spielen in der Erhebung eine wichtige Rolle, etliche Unternehmen sehen sich dadurch in eine reaktive Position gedrängt. Viele IT-Entscheider mussten 2020 beispielsweise Pläne auf Eis legen. Immerhin 41 Prozent der Befragten gehen aber davon aus, dass sich das Geschehen ab Mitte 2021 wieder stabilisiert. Fast ebenso viele (36 Prozent) erwarten jedoch, die Folgen länger zu spüren.

Die Analysten erstellten zunächst ein Ranking der zehn wichtigsten Themen auf der CIO-Agenda:

1. Sicherheit für Daten und Systeme: Viele Unternehmen mussten ihre Belegschaft 2020 ins Home-Office schicken. Insbesondere dadurch steigen die Risiken für Daten und Systeme. Das bezieht sich zum einen auf die Technologie, zum anderen auf das Verhalten der Mitarbeiter. IT-Entscheider sind mehr denn je gefordert, über riskantes Verhalten aufzuklären.

Dazu liefern die Analysten auch Zahlen: vor der Pandemie hat lediglich eine Minderheit von vier Prozent der klassischen Büroarbeiter hauptsächlich von zu Hause aus gearbeitet. Dreizehn Prozent wechselten zwischen Wohnung und Büro. Diese Werte stiegen auf 25 Prozent (Home-Office) beziehungsweise 33 Prozent (Wechselmodell).

2. Rollenverständnis des IT-Entscheiders: 2021 müssen CIOs viel stärker als bisher in die Rolle eines strategischen Beraters wachsen, der sein Unternehmen durch die Transformation führt. Dabei suchen die Betriebe einerseits Stabilität. Andererseits etablieren sie ein "New Normal". Das verlangt ihnen Experimentierfähigkeit ab.

3. Fachkräftemangel: Nach Beobachtung der Hackett Group erleichtert das verteilte Arbeiten CIOs zwar, Fachkräfte aus verschiedenen Regionen einzustellen. Doch der Effekt fällt zu gering aus, so dass die technologische Transformation langsamer vorankommt als gewünscht.

4. Kundenorientierte, innovative Kultur: Zunehmend verlangen die verschiedenen Stakeholder nach einer modernen Unternehmensarchitektur, die Kunden und Innovationsfähigkeit in den Mittelpunkt rückt. Das gibt CIOs die Chance, zu digitalisieren und zum Innovationstreiber zu werden.

5. Digitalisierung: Die Analysten plädieren für ein komplett virtualisiertes IT-Bereitstellungmodell mit automatisierten Prozessen. Der Wandel des Betriebsmodells unterstützt die Entwicklung virtueller Teams. CIOs brauchen dafür ein gutes Ökosystem an Dienstleistern und Partnern.

Kostendruck bei steigenden Anforderungen

6. Kosten: 2020 hat neue und berechtigte Ängste vor Kosteneinschnitten mit sich gebracht. Auch im laufenden Jahr müssen IT-Entscheider sparsam wirtschaften - trotz steigender Anforderungen.

7. Agilität: Die Pandemie hat den Nutzen von Agilität bewiesen. CIOs setzen auch 2021 auf neue Governance-Modelle, Plattformen, Sourcing-Strategien und Betriebsmodelle.

8. Cloud: Laut der Hackett Group kommen Unternehmen mit hoher Cloud-Nutzung leichter durch die Pandemie. Daher sollte jeder IT-Entscheider die Migration in die Cloud forcieren.

9. Firmenweite IT-Nutzung: Das Mantra, wonach künftig jedes Unternehmen wie ein IT-Unternehmen agiert, setzt sich durch. Möglichst viele Abteilungen und Abläufe müssen künftig durch IT unterstützt werden. Ziele sind mehr Resilienz, eine verbesserte Kundenrientierung und nicht zuletzt weniger Kosten.

10. Komplexität: Wildwuchs in IT-Systemen schlägt mit hohen Kosten zu Buche. Dazu zählen beispielsweise auch längere Antwortzeiten. CIOs sollten sich bei der IT-Transformation auch darum kümmern, Systeme auszumustern.

Nach den Top Ten auf der IT-Agenda beleuchtet die Hackett Group auch die Rolle des IT-Entscheiders. Eine These lautet: Die Pandemie hat CIOs quasi über Nacht an die vorderste Front katapultiert. Vordergründig zeigt sich das an der Zunahme verteilten Arbeitens und dem Anreichern von Produkten und Dienstleistungen um digitale Features. Im Hintergrund aber fragen sich alle C-Level-Rollen, wie die neue Normalität für ihr Unternehmen aussehen kann. Sicher ist: Innovationsfähigkeit und die Fähigkeit, digitale Disruption zu managen, bestimmen die Chancen im Wettbewerb.

Sieben Stellhebel für CIOs

2021 und in den Folgejahren ergeben sich neue Risiken üfr Unternehmen. Das bezieht sich nicht nur auf Cyberkriminalität und die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, sondern zum Beispiel auch auf sozialpolitische Unruhen. Das Topmanagement erwartet jetzt von IT-Entscheidern, das Unternehmen auf diese Bedingungen einzustellen.

Die Analysten fragten auch, wie IT-Entscheider die aktuelle Lage in den Griff bekommen. In der Praxis konzentrieren sich die Studienteilnehmer auf sieben Aspekte:

1. Das Automatisieren von Prozessen. Ziel ist, händische Fehler und Bearbeitungsstaus zu vermeiden. Knapp drei von vier Befragten (73 Prozent) nennen Prozessautomation als wichtiges Projekt für 2021.

2. Risiko-Management: Die Nutzung externer Dienstleister soll CIOs bei der Risikominimierung unterstützen.

3. Kontaktloser Kundendialog: Unternehmen mit direktem Kontakt zu Verbrauchern richten berührungslose Möglichkeiten zum Bestellen und Liefern ein.

4. Arbeitsorte: Unter dem Stichwort "Innovationen von Zuhause" unterstützen Collaborations-Lösungen verteiltes Arbeiten.

5. Schneller Entscheiden: Knapp zwei von drei CIOs (63 Prozent) initiieren Projekte rund um den Datenzugriff. Sie wollen damit mehr Transparenz schaffen und schnellere Entscheidungen ermöglichen.

6. Neue Technologien: Das Interesse an neu aufkommenden Technologien steigt, um Innovationen schneller als der Wettbewerb umsetzen zu können.

7. Mehr Agilität durch weniger Komplexität: Jeder zweite Studienteilnehmer will 2021 bei der Technologie ausmisten, um seinen Betrieb agiler zu machen.

Kostendruck und Abbau der Komplexität heißen nicht, dass CIOs keine Implementierungs-Pläne hätten. Die Analysten haben sich die Vorhaben in den drei Kategorien Infrastruktur, Daten und Automatisierung angesehen:

Vor allem in Sachen Cloud sehen CIOs steigenden Bedarf.
Vor allem in Sachen Cloud sehen CIOs steigenden Bedarf.
Foto: Hackett Group

Infrastruktur: Die Analysten unterscheiden hier zwischen Cloud-basierten Kernanwendungen und Plattformen: In der ersten Kategorie (Anwendungen) liegt der aktuelle Durchdringunsgrad bei 93 Prozent. Für die zweite Gruppe, die etwa PaaS, IaaS und Datenbanken beinhaltet, liegt der Wert bei 78 Prozent. Die befragten CIOs erwarten, dass die aktuelle Krise die Nutzung noch verstärkt.

Daten: Werkzeuge zur Visualisierung liegen mit einem Nutzungsgrad von derzeit 82 Prozent vorn, gefolgt von Analyse- und Modellierungs-Tools (73 Prozent). Auch hier rechnen die Studienteilnehmer mit verstärkten Investitionen. Dagegen implementiert erst gut jeder Zweite Systeme für Smart Data Capture.

Automation: Robotic Process Automation (RPA) ist in 42 Prozent der Unternehmen im Einsatz, virtuelle Assistenten oder Chatbots in 39 Prozent. Cognitive Computing beziehungsweise Künstliche Intelligenz liegt aktuell bei 32 Prozent. Die Befragten erwarten - verglichen mit Cloud und Analytics - ein eher moderates Wachstum.

In einer Gesamtbetrachtung der Studienergebnisse erklärt die Hackett Group, dass sich die Prioritäten noch nie so stark verschoben hätten wie 2021. Das Ziel der "Enterprise Digital Transformation" stehe nun ganz oben.