Hamburg Port Authority

Der Weg zum intelligenten Hafen

09.09.2020
Von 
Jens Dose ist Editor in Chief von CIO. Seine Kernthemen drehen sich rund um CIOs, ihre IT-Strategien und Digitalisierungsprojekte.
Mit dem SmartPORT-Programm digitalisiert CDO Sebastian Saxe den Hamburger Hafen. In "Innovationskeimzellen" erproben die Mitarbeiter neue Technologien unter anderem in den Bereichen IoT, 5G, Virtual Reality und Digital Twin.
Sebastian Saxe ist CDO der HPA.
Sebastian Saxe ist CDO der HPA.
Foto: Wirtschaftsbehörde

Der Hamburger Hafen soll mehr Umsatz machen werden. Da die Anlagen jedoch zentral in der Hansestadt liegen, scheidet eine räumliche Erweiterung aus. Der Weg kann also nur über mehr Effizienz führen. Daher hat die Hamburg Port Authority (HPA) bereits 2009 begonnen, den Hafen zu modernisieren. Im Jahr 2013 startete die nächste Stufe in der Digitalisierung des Hafens: das SmartPORT-Programm, mit dem sich Chief Digital Officer (CDO) Sebastian Saxe beim Digital Leader Award 2020 beworben hat.

Die Grundlagen für das SmartPORT-Programm wurden seit 2009 gelegt. Die gesamte Lieferkette sollte vom Anfangs- bis zum Endpunkt modernisiert werden. Dafür haben die IT-Verantwortlichen eine Digitalstrategie entwickelt, in der die Basis für eine neue Infrastruktur bestimmt, Standards für die digitale Dokumentation in Prozesslandkarten definiert und schließlich die nötigen Applikationen bereitgestellt wurden. Vier bis dato bestehende Datennetze hat man in einem einzigen Netz konsolidiert und modernisiert. Zudem wurde ein zentrales Rechenzentrum ausgebaut - inklusive Server-Virtualisierung. Zudem führte die HPA seit 2010 Videokonferenz- und Collaboration-Systeme ein.

Als 2013 feststand, dass Hamburg zwei Jahre später die Welthafenkonferenz ausrichten sollte, beschlossen die Verantwortlichen, dort Projekte und Prototypen für den "digitalen Hafen" vorzustellen. Das war der Startschuss für SmartPORT. Ziel ist es, eine digitale Kultur auf allen hierarchischen Ebenen und über alle Funktionsbereiche des Hafens und der Stadt Hamburg hinweg strategisch fördern. Dafür wurde CDO Saxe bereits 2015 beim Wettbewerb "CIO des Jahres" in der Kategorie Mittelstand ausgezeichnet.

Transformation in der Keimzelle

Digitalisierungschef Saxe setzte beim Management des Projekts auf einen bimodalen Ansatz. Parallel zum IT-Betrieb und laufenden Prozessen sollten in sogenannten Keimzellen innovative Einzelprojekte gestartet werden, die jedoch alle auf dasselbe Ziel des "Digitalen Hafens" einzahlen.

Die Keimzellen sind kleine Prozesseinheiten in den Fachbereichen, in denen Prototyen entwickelt werden. Durch die Nähe zum Business lassen sich in kontrollierbarer Umgebung Erfahrungen und direktes Feedback von den Nutzern sammeln. Zudem lernen die Fachbereiche noch vor der allgemeinen Einführung die Möglichkeiten der neuen Technologien kennen, wodurch es leichter und schneller geht, die Services in den Produktivbetrieb zu integrieren. Ein weiterer Pluspunkt: Die Teammitglieder aus den Keimzellen und den jeweiligen Fachbereichen werden zu Multiplikatoren für den digitalen Mindset im Unternehmen.

Darüber hinaus werden die Projekte in einem Showroom ausgestellt, in dem sich Mitarbeiter und Gäste darüber informieren können. Zudem veranstaltet die HPA einen jährlichen "Tag der Digitalisierung", bei dem die Fachbereiche zeigen, woran sie gerade arbeiten.

Schließlich erhöht das durch die HPA entwickelte "Process Management on Demand" die Akzeptanz neuer oder optimierter Prozesse durch ein begleitendes Change Management. Fortschritte werden über ein neu entwickeltes Reifegradmodell evaluiert.

Digitale Früchte

Zu den bisher umgesetzten Projekten zählen beispielsweise "Multi-Touch-Tische", mit denen sich Wassertiefen im Hamburger Hafen digital visualisieren lassen. Auf Basis dieser Keimzelle setzte die HPA die Technologie in den folgenden Jahren im Hafenstab (HASTA) ein. Die Stadt Hamburg übernahm die Technik für ihre Baustellenplanung. Darüber hinaus kommen die digitalen Tische im Rahmen des PORTProtect-Programms zum Einsatz, um Lösungen für den Katastrophenschutz im Falle einer Sturmflut zu simulieren.

In Zukunft soll mit dem "Port Traffic Center" eine übergeordnete Steuerung der drei Verkehrsträger Wasser, Straße und Schiene im Hamburger Hafen erprobt werden. Mit Hilfe von IoT-Sensoren wird dabei die Verkehrssituation in den Hafen- und Wasserstraßen laufend analysiert.

Zudem standen in den letzten Jahren Virtual und Augmented Reality (VR/AR), Drohnentechnologie, 5G-Netze, Roboter und Künstliche Intelligenz (KI) im Fokus der IT-Abteilung. Die Ingenieure der HPA nutzen beispielsweise VR, um Bauwerke zu visualisieren und so Bauvorhaben zu erläutern. Autonom fliegende Drohnen werden eingesetzt, um KI-gestützt Arbeiten im Bereich Maintenance zu unterstützen oder Hilfestellung bei Sturmfluten zu geben. Aktuell konzentriert sich die HPA-IT darauf, Digital Twins in unterschiedlichen Szenarien zu testen: Connected Digital Port Twins sollen zum Beispiel digitale Hafen-Zwillinge miteinander vernetzen während Urban Twins in ersten Prototypen auf die Stadtentwicklung abzielen.