60 Jahre Mainframe

Der unsterbliche Großrechner

17.04.2024
Von 
Andy Patrizio arbeitet als freier Journalist für die Network World.
Mainframes wurden über die Jahrzehnte mehrfach totgesagt. Trotzdem sind Großrechner für Unternehmen weiterhin essenziell. Auch - beziehungsweise gerade - im Zeitalter generativer KI.
Erste Gehversuche beim US-Landwirtschaftsministerium mit dem IBM 360 (Model 40) im Jahr 1966.
Erste Gehversuche beim US-Landwirtschaftsministerium mit dem IBM 360 (Model 40) im Jahr 1966.
Foto: Flickr.com | Public Domain

Am 7. April 1964 stellte IBM einen neuen Computer mit der Bezeichnung System/360 vor. Wegen seines ausufernden Gehäuses wurde der als "Mainframe" bezeichnet. Das Einstiegsmodell (Model 30) überzeugte mit einem Speicher von bis zu 64 KB. Leistungsfähigere Versionen des Mainframes brachten für die damalige Zeit wahnwitzige 8 MB mit.

Sechs Jahrzehnte und diverse Niedergangsprophezeihungen später ist der Mainframe immer noch da - und fristet dabei beileibe kein Nischendasein. Trotz der 60 Jahre, die der Großrechner auf dem Buckel hat, wird er im Unternehmensumfeld weiterhin umfassend eingesetzt. Das zeigt zum Beispiel eine Untersuchung von MIT Technology Review (in Kooperation mit IBM). Demnach:

  • kommen Mainframes bei 71 Prozent der Fortune-500-Unternehmen zum Einsatz.

  • werden 90 Prozent aller Kreditkartentransaktionen über Mainframes abgewickelt.

  • setzen 44 der 50 weltweit größten Banken auf Großrechner.

  • wickeln Mainframes 68 Prozent der weltweiten IT-Workloads ab, vereinnahmen dabei aber lediglich 6 Prozent der IT-Kosten.

"Der Mainframe stirbt nicht"

Dass der Mainframe auch in Zukunft relevant bleiben wird, zeigt auch ein Blick auf die weltweite Studie "State of Mainframes 2024" von Forrester Research: "Entgegen der Behauptung, dass Mainframes allmählich verschwinden, erwarten 54 Prozent der Befragten, die einen Mainframe einsetzen, dass ihre Nutzung in den nächsten zwei Jahren zunehmen wird. 27 Prozent berichten von keiner Veränderung, während nur 15 Prozent einen Rückgang erwarten", schreiben die Analysten.

Laut Charles King, Principal Analyst bei Pund-IT, würden viele in Bezug auf Mainframes fälschlicherweise annehmen, dass es nur um Computing gehe: "Über den Wertbeitrag der zahlreichen IBM-Z-Elemente lässt sich sicher trefflich diskutieren. Aus meiner Sicht hängt der Erfolg von Mainframe-Lösungen jedoch in erster Linie mit zwei Dingen zusammen: IBMs Verständnis für die Geschäftsanforderungen von Unternehmenskunden und der bemerkenswerten Anpassungsfähigkeit seiner Z-Plattform."

Wie gut sich die IBM-Z-Großrechner auf neue Begebenheiten ausrichten lassen, zeigte sich vor allem im Jahr 1999. Damals kündigte IBM an, künftig auch Linux auf dem Mainframe zu unterstützen. Das markierte einen Meilenstein für das Open-Source-Betriebssystem, das bis dahin hauptsächlich auf x86-PCs lief. Bis heute modernisiert IBM seine Z-Plattform fortlaufend - zuletzt brachte Big Blue im Jahr 2023 eine KI-gestützte Version seines z/OS-Betriebssystem heraus. Und die Geschäfte laufen gut: Im dritten Finanzquartal des Jahres 2023 konnte der Konzern ein zweistelliges Umsatzwachstum für sein "Big-Iron-Business" ausweisen.

Peter Rutten, Research Vice President für Performance Intensive Computing bei IDC, ordnet die Bedeutung der Mainframes folgendermaßen ein: "Nach einer Phase Anfang der 2000er Jahre, in der Workloads verstärkt von Mainframes abgezogen wurden, hat sich die Plattform stabilisiert - um eine Kundenbasis bestehend aus Tausenden von Organisationen, die nicht nur weiterhin das Gros ihrer kritischen Workloads auf Großrechnern ausführen, sondern diese auch tatsächlich modernisieren."

Jede neue Mainframe-Generation bringt laut Rutten eine Reihe von Innovationen mit sich, die unübertroffene Transaktionsverarbeitung mit höchstmöglicher Verfügbarkeit biete und gleichzeitig innovative Lösungen wie Hybrid Cloud und Funktionen wie AI Inferencing ermögliche. "Der Mainframe stirbt nicht. Er wandelt sich nur", konstatiert der IDC-Analyst. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Network World.