Werkzeuge für Fotografen
Die wichtigsten Werkzeuge, die ein Fotograf zur Optimierung seiner Bilder benötigt, sind die für Belichtung und Farbe. Die Belichtung und die Anpassung der Tonwerte sind meist die ersten Aufgaben bei der Bildoptimierung von Fotos. Neben dem klassischen Belichtungsregler mit Helligkeit und Kontraststeuerung ist es die HDR-Steuerung, die Capture One gut umgesetzt hat. HDR ist eigentlich der falsche Begriff, geht es hier doch nicht um eine Verrechnung mehrerer Bilder zu einem neuen Bild mit erweiterten Belichtungsumfang. Capture One meint hier die Steuerung der Lichter, Schatten, Weiß- und Schwarztöne. An sich Regler, die auch Photoshop & Co kennen, die bei Capture One aber besonders feinfühlig reagieren.
Für das Bearbeiten von Farben gibt es gleich drei Werkzeuge unter dem Farbeditor: "Basisdaten", "Erweitert" und "Hautton". Das vereinfachte Werkzeug "Basisdaten" arbeitet über die Auswahl einer Farbe mit Pipette oder Farbfeld und lässt dann eine Änderung über die Regler Farbton, Sättigung und Helligkeit zu.
Sehr viel ausgeklügelter sind "Erweitert" und "Hautton". Hier gibt es zur Hilfe der Farbauswahl nicht nur ein Pipette, sondern auch einen Farbkreis, mit dem man den erweiterten Bereich und den Übergang der Farben einstellen kann. Klingt kompliziert, ist aber sehr intuitiv gelöst, vor allem, weil man auch mehrere Farbbereiche in einem Foto bearbeiten kann. Hautton ist ein spezialisierter Farbeditor, der gerade bei Portraitfotografen beliebt ist. Lässt er doch die Angleichung der Hauttöne zu und damit einen gleichmäßigeren Teint.
Ein extra Werkzeug ist das Werkzeug Farbbalance , welches für Tiefen, Mitten und Lichter den Farbton über große virtuelle Drehregler anpasst.
Natürlich kann man die Anpassungen an ein Foto auch kopieren und auf andere Fotos übertragen. Was nutzen einem die tollen Werkzeuge zur Optimierung, wenn man sie nur global anwenden kann? Die meisten Werkzeuge lasen sich auch selektiv anwenden. Das geht von den üblichen radialen und linealen Masken bis hin zu individuellen Masken, die mit dem Pinsel erstellt wurden. Idealerweise alles über extra Einstellungsebenen, damit man die Ergebnisse besser kontrollieren und nachträglich verändern kann. Sehr praktisch ist auch die Luminanzmaske, ein Werkzeug, mit dem man sehr schnell bestimmten Helligkeitsbereich maskieren kann.
Auch beim lokalen Optimieren mit Pinsel hat Capture One deutlich nachgebessert. Das Malen einer Maske läuft jetzt viel flüssiger, was vielleicht auch mit der verbesserten Unterstützung einer Grafikkarte zu tun hat.
Werkzeuge für den besonderen Look
Kommt leider oft vor, dass Farben irgendwie unnatürlich aussehen. Verantwortlich sind hierfür Filmkurven, die die Farben der RAW-Datei interpretieren. Capture One hat hier für viele Kameras speziell angepasste Filmkurven, die eine sehr natürliche Umsetzung der Farben realisiert. Über zusätzliche Stile und Voreinstellungen, lässt sich den eigenen Fotos einen neuen Look geben. Capture One liefert sieben Sets an Voreinstellungen und drei Sets an Stilen mit. Weitere Stile kann man im Onlineshop zu Preisen ab 39,- Euro erwerben, eigene Voreinstellungen kann man selbst anlegen.
Bildverwaltung mit Besonderheiten
Schaut man sich die Benutzeroberfläche nach dem Öffnen an, sieht man von einer Bildverwaltung relativ wenig. Im Gegensatz zu Adobe Lightroom Classic ist sie nicht der wesentliche Bestandteil von Capture One. Capture One unterscheidet in Sitzungen, bei denen die Fotos in einer Ordnerstruktur auf dem Laufwerk organisiert sind und einem datenbankgestützten Katalog.
Die einfachste und schnellste Variante sind die Sitzungen. Die Ordnerstruktur legt man sich als Fotograf passend zu seinem Projekt an, Zugriff darauf hat man direkt über die Bibliothek. Zusätzliche Sitzungsordner können die Sortierung und Verarbeitung erleichtern. Man muss sie aber nicht nutzen.
Die Kataloge sind mit der Bibliothek von Adobe Lightroom Classic vergleichbar. Die Fotos bleiben nach dem Import entweder in dem Ordner, in dem sie waren oder werden in den Katalog importiert. In den Katalog importieren bedeutet, dass auf dem Laufwerk unsichtbare Ordner innerhalb der Katalogdatei angelegt werden, in denen die Fotos landen. Das ist vergleichbar zu Apple Fotos oder Aperture. Möchte man den Ordner sehen, kann man das über Anklicken des Katalognamens und "Paketinhalt zeigen".
Beim Import lassen sich neben einer Umbenennung beispielsweise auch Metadaten hinzufügen oder Anpassungen anwenden. Metadaten wie Schlüsselwörter, Farbmarkierungen und Bewertungen kennt Capture One ebenso wie die Standard ITPC-Metadaten für Bemerkung, Ort und Ersteller. Metadaten lassen sich in Voreinstellungen abspeichern und über mehrere Fotos hinweg synchronisieren.
Die Benutzeroberfläche
Wo finde ich was? Muss ich lange suchen? Oder finde ich mich intuitiv zurecht?
Ob man direkt mit der Benutzeroberfläche von Capture One zurechtkommt, hängt stark von der eigenen Arbeitsweise und dem Programm ab, mit dem man zuvor gearbeitet hat. Hier polarisierte Capture One schon immer. Doch die Entwickler aus Dänemark haben mit der aktuellen Version 20 einen deutlichen Schritt zur Individualisierung und damit Professionalität gemacht.
Konnte man beispielsweise bisher die Tastaturkürzel frei anpassen und zwischen verschiedenen Arbeitsumgebungen mit Fensteransichten wechseln, lässt sich nun die komplette Arbeitsoberfläche mit ihren Werkzeugen nach eigenen Wünschen anpassen.
Das bedeutet, ich ordne mir meine Werkzeuge genauso so an, wie ich sie für meinen Job brauche und auch nur die Werkzeuge werden angezeigt, die ich einsetzen möchte.
Für wen ist Capture One ideal?
Bei einer solchen Fragestellung schielt man immer auch auf die Mitbewerber. Wenn wir jetzt einmal den größten Mitbewerber Adobe Lightroom Classic nehmen, fällt die Abgrenzung gar nicht so schwer.
Ein Grund liegt in dem unterschiedlichen Workflow. Während Adobe Lightroom Classic den Nutzer direkt mit seiner Bibliothek begrüßt, steht bei Capture One die Entwicklung im Vordergrund. Also die Fokussierung auf die Bildoptimierung und nicht auf die Verwaltung.
Schauen wir uns die Arbeitsweise eines professionellen Auftragsfotografen an. Er arbeitet an Projekten orientiert, benötigt also nur die Bilder im direkten Blick, die für seine aktuelle Arbeit wichtig sind. Für das Rating seiner Bilder braucht er nur wenige Werkzeuge, Stichwörter sind unter Umständen weniger wichtig, dafür IPTC-Metadaten, um seine Arbeit kenntlich zu machen.
Dem tragen die Sitzungen, quasi ein Katalog light, Rechnung. Die Ordner werden automatisch überwacht, über die Fernanbindung von Kameras – Tethered Capture – befüllt man automatisch die Sitzung und die Bearbeitungswerkzeuge passt man seiner Arbeitsweise an.
Hier hat Capture One eindeutig seine Stärke, was den Workflow bedeutet. Etwas schwach, zumindest im Vergleich zu Adobe Lightroom Classic, ist die Katalogfunktion. Zwar lassen sich ebenso wie bei Adobe Lightroom Classic Tausende von Fotos verwalten, nur sind die Werkzeuge für die Verwaltung nicht so elegant in die Benutzeroberfläche integriert.
Wenn man jetzt als Profi mit Capture One liebäugelt, wird man sich beim Ersteinstieg schwer tun. Die vielen Tutorials und Webinare von Capture One sind zwar eine große Hilfe, doch die Benutzeroberfläche möchte erfahren werden. Ein Hindernis auf diesem Weg sind die von macOS und Adobe-Programmen teilweise abweichenden Tastaturkürzel. Doch dies lässt sich auch elegant lösen, die Tastenkombinationen lassen sich nämlich ändern. Ein paar Tastatursets, zum Beispiel für die Logic Keyboards, liefert Capture One mit, eigene lassen sich anlegen. Das zeigt die Professionalität von Capture One. Zusätzlich kann man auch Eingabehilfen wie das Loupedeck einbinden.
Empfehlung
Capture One ist ein Klassiker, wenn nicht sogar der Urvater aller RAW-Konverter. Als Spezialist für das Entwickeln von RAW-Fotos arbeitet Capture One permanent an der Optimierung seines Aushängeschildes.
Mit der Version 20 und dem letzten Build 13 aus dem Sommer, kommt jetzt auch ein dringend notwendiges Werkzeug, nämlich der Reparaturpinsel. Eine Übergabe an Photoshop ist jetzt hierfür nicht mehr nötig, die Qualität dürfte für die meisten Aufgaben gut genug sein.
Ebenfalls ein großes Plus für aufwendige Retuschen und Bildoptimierungen ist das Arbeiten mit Ebenen. Damit behält man nicht nur den Überblick, sondern Änderungen sind leichter möglich, das nondestruktive Arbeiten wird intuitiver. Wer von Photoshop kommt, fühlt sich hier auch gleich zu Hause.
War zuvor schon immer die RAW-Konvertierung die Referenz für alle Mitbewerber, hat Capture One auch bei den Werkzeugen deutlich aufgeholt. Gerade Pinselwerkzeuge sind jetzt flüssiger in der Anwendung – und wer einmal die Werkzeuge für die Farbkorrektur in Capture One genutzt hat, wird begeistert sein.
Sehr stark ausgebaut hat Capture One die Stile, die den Fotos einen besonderen Look geben. Die Qualität ist sehr gut, nur sind die Preise etwas hoch. Ab 39,- Euro kosten die Pakete, Bundles mit mehreren Paketen kosten bis zu 149,- Euro. Kostenlose Zusatzpakete gibt es keine und sind auch im freien Markt sehr selten.
Die Vielzahl an sehr guten Tutorials, machen es dem Neueinsteiger leichter mit dem auf den ersten Blick komplizierten Capture One klar zu kommen. Die Lernkurve ist steil und für Lightroom Umsteiger gibt es sogar ein Import-Tool und eine extra Anleitung.
Bei den Preisen gibt sich Phase One flexibel, neben einer unbefristeten Lizenz für 349,- Euro, gibt es Capture One auch zum Abo-Preis von 24,- Euro im Monat. Günstiger wird es für Fotografen, die nur Fujifilm, Nikon oder Sony Kameras einsetzen. Die unbefristete Lizenz kostet hier je 149,- Euro und das Abo je 11,- Euro pro Monat. (Macwelt)