Minus 28,5 Prozent

Der PC-Markt kollabiert

12.01.2023
Von Redaktion Computerwoche
Im vierten Quartal 2022 wurden laut Gartner weltweit 65,3 Millionen PCs ausgeliefert, 28,5 Prozent weniger als in der vergleichbaren Vorjahresperiode. Am glimpflichsten kam Apple davon.
Der weltweite PC-Markt befindet sich im freien Fall.
Der weltweite PC-Markt befindet sich im freien Fall.
Foto: Lervik Design - shutterstock.com

Seit Mitte der 90er Jahre erheben die Analysten von Gartner PC-Absatzzahlen, doch einen solchen Absturz, wie im letzten Quartal 2022, haben sie noch nicht erlebt. "Die Aussicht auf eine globale Rezession, die hohe Inflationsrate und die steigenden Zinsen haben die PC-Nachfrage negativ beeinflusst", sagt Mikako Kitagawa, Director Analyst bei Gartner. Zudem hätten sich viele Privatnutzer während der Pandemie bereits einen neuen PC gekauft, sie hätten für Neuanschaffungen keinen Grund. Deshalb habe die PC-Nachfrage den niedrigsten Level seit vielen Jahren erreicht.

Das Enterprise-Segment leidet indes unter den schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen (siehe auch: Deutsche Unternehmen im Krisenmodus). "Die PC-Nachfrage hat hier im dritten Quartal 2022 erstmals deutlich nachgelassen. Aus der Marktschwäche ist inzwischen ein veritabler Einbruch geworden. Die Unternehmen verlängern ihre PC-Lebenszyklen und verschieben Anschaffungen", beobachtet Kitagawa. Geschäftskunden würden wohl erst 2024 wieder in größerem Stil PCs einkaufen.

In der ersten Hälfte 2022 wuchsen die Lagerbestände der Hersteller und Händler kräftig an. Hatten 2021 noch die vielen Unterbrechungen in den Lieferketten für ein eingeschränktes Angebot gesorgt, gibt es nun ein deutliches Überangebot.

Im vierten Quartal 2022 litten Dell und Acer besonders unter dem schwachen Markt.
Im vierten Quartal 2022 litten Dell und Acer besonders unter dem schwachen Markt.
Foto: Gartner

Einbruch in Europa stärker als in den USA

Stärker als in allen anderen Regionen gingen die PC-Geschäfte im Großraum EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika) zurück: Dort wurden im Jahresvergleich 37,2 Prozent weniger Geräte abgesetzt. "Einen Rückgang dieser Größenordnung bedeutet, dass die Nachfrage effektiv zum Stillstand gekommen ist", sagt Kitagawa. Das Vertrauen der Unternehmen und Verbraucher in der gesamten Region sei zusammengebrochen, was zu einem massiven Rückgang der PC-Verkäufe geführt habe. Zudem hätten die hohen Lagerbestände die Absätze beeinträchtigt, da sich Händler darauf konzentrierten, ihre Altbestände loszuwerden.

Im weltweiten Vergleich schneidet der US-Markt noch am besten ab, der Einbruch im vierten Quartal belief sich hier auf 20,5 Prozent. Doch auch jenseits der Atlantiks schrumpften die PC-Absätze nun bereits das sechste Quartal in Folge. "Obwohl die Anbieter signifikante Preisnachlässe im Weihnachtsgeschäft gaben, um ihre Lager zu räumen, waren die Konsumenten nicht bereit, ihr Geld auszugeben", stellt der Gartner-Mann fest.

Dell stürzt heftig ab

Unter den PC-Anbietern hat im vierten Quartal vor allem die Nummer drei im Markt, Dell Technologies, gelitten. Die Absatzzahlen waren um 37 Prozent rückläufig, der Marktanteil schrumpfte gegenüber dem Vorjahresquartal von 18,9 auf 16,7 Prozent. Dell legt seinen Fokus auf das Business-Segment und litt daher besonders darunter, dass die Absatzkrise in der zweiten Hälfte 2022 mit Wucht auch die Unternehmen erreichte.

Der weltweite Nummer eins Lenovo konnte ihren Marktanteil von 24 Prozent halten, die verkauften Stückzahlen gingen um 28,6 Prozent zurück. Gartner spricht hier vom größten Geschäftseinbruch, seitdem die Marktforscher PC-Verkaufszahlen erheben. Die Lieferzahlen gingen für Lenovo in allen Regionen außer Japan zurück. In Lateinamerika und der EMEA-Region lag der Einbruch bei über 30 Prozent.

Auch der zweitgrößte Anbieter HP Inc. - in den USA sogar die Nummer eins - blieb lediglich vom Marktanteil her (20,2 Prozent; Vorjahr: 20,4 Prozent) relativ stabil, die Verkäufe brachen um 29,1 Prozent ein. Im EMEA-Markt musste HP einen Einbruch der Absatzzahlen um 44 Prozent verschmerzen. Am stabilsten zeigte sich indes die Nummer vier, Apple: Das Unternehmen lieferte "nur" 10,2 Prozent weniger Macs aus und steigerte seinen Market Share von 8,6 auf 10,7 Prozent.

Weltweite PC-Verkaufszahlen 2022: Der Rückgang lag bei 16,2 Prozent.
Weltweite PC-Verkaufszahlen 2022: Der Rückgang lag bei 16,2 Prozent.
Foto: Gartner

Dürftige Bilanz für das Jahr 2022

Über das ganze vergangene Jahr hinweg verkauften die PC-Hersteller 286,2 Millionen Einheiten (Vorjahr: 341,7 Millionen), wobei Gartner in seiner Statistik, Desktops und Laptops mit Windows- oder MacOS-Betriebssystem sowie Chromebooks berücksichtigt. Laut Kitagawa entsprechen die um 16,2 Prozent gesunkenen Lieferzahlen in etwa denen des Vor-Corona-Jahres 2019, als ebenfalls weniger als 300 Millionen Rechner abgesetzt wurden. Der gegenwärtige Abwärtstrend werde noch bis ins nächste Jahr hinein anhalten. (hv)