Recht auf Vergessenwerden

Der Löschungsanspruch gegen Google - ein echtes "Right to be forgotten"?

14.08.2014
Von 
Daniel Kaboth ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Schwarz Kelwing Wicke Westpfahl in der Practice Group IT, Internet und E-Business.
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), dass Privatpersonen von Google die Löschung von Links verlangen können, ist ein deutliches Signal für den Datenschutz - allerdings mit Einschränkungen.

Eine Privatperson kann von Google die Löschung von Links in der Ergebnisliste einer Suche verlangen. Voraussetzung ist, dass die verlinkten Seiten die Privatsphäre des Betroffenen verletzen oder den Schutz seiner persönlichen Daten beeinträchtigen. Ist diese Entscheidung des EuGH vom 13. Mai 2014 (Rs. C-131/12 - Google vs. Gonzales, AfP 2014, 245) ein echtes "Recht auf Vergessenwerden"?

Löschung von Links aus der Google-Ergebnisliste: Echtes Recht auf Vergessenwerden?
Löschung von Links aus der Google-Ergebnisliste: Echtes Recht auf Vergessenwerden?
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Das Gericht bewertet das Betreiben der Suchmaschine in Europa und das Anzeigen von Links in der Ergebnisliste der Google-Suche. Es sieht darin eine "Verarbeitung personenbezogener Daten" im Sinne der Europäischen Datenschutzrichtlinie (95/46/EG). Zudem ist europäisches Datenschutzrecht auf Google anwendbar, weil Google mit einer Tochterfirma in Europa den Verkauf von Werbeflächen der Suchmaschine fördert.

Wirtschaftliches Interesse gegen Privatsphäre

Ob ein Löschungsanspruch besteht, hängt von einer Interessenabwägung ab: Auf der einen Seite ist das wirtschaftliche Interesse von Google am Zeigen der Links in der Ergebnisliste der Google-Suche. Auf der anderen Seite sind die Rechte des Betroffenen auf Schutz seiner Privatsphäre und seiner persönlichen Daten. Der EuGH hat in seinem Urteil einen Anspruch gegen Google auf Löschung der Links zu den belastenden Aussagen vor allem bejaht, weil sie schon mehr als 16 Jahre zurücklagen.

Interessant ist, dass der Löschungsanspruch auch dann besteht, wenn noch keine Unterlassung gegen die veröffentlichenden Internetseiten geltend gemacht wurde. Die Ausgangsveröffentlichung kann weiter rechtmäßig sein, weil sie sich auf die Pressefreiheit oder Archivfreiheit stützen kann. In allen Fällen muss eine etwaige Rolle des Betroffenen im öffentlichen Leben berücksichtigt werden. Das kann zu einem überwiegenden Interesse der Öffentlichkeit daran führen, Beiträge über die Person mit Hilfe von Google Links zu den einschlägigen Veröffentlichungen zu finden.

So können Sie Links löschen lassen

Google hat ein Formular veröffentlicht, mit dem der Löschungsanspruch geltend gemacht werden kann. Anzugeben sind der Name des Antragsstellers, seine Mail-Adresse, die relevanten Internetadressen (URL) und eine Begründung für den Löschungsanspruch. Stellt ein Dritter (etwa ein Anwalt) den Antrag, ist eine Vollmacht beizufügen. Google hat bereits viele Tausende solcher Anträge erhalten und die Mehrzahl der Löschungsanträge bisher abgelehnt. Google argumentiert meist, dass die Stellung des Antragstellers im öffentlichen Leben oder die Aktualität der Veröffentlichungen zu einem überwiegenden Interesse der Öffentlichkeit führen. Es wird daher bald Gerichtsentscheidungen in Fällen geben, in denen der Löschungsanspruch weiter verfolgt wird.

Die Entscheidung des EuGH ist ein deutliches Signal, dass sich auch Google dem europäischen Datenschutzrecht unterwerfen muss. Ein genauerer Blick zeigt jedoch, dass ein Löschungsanspruch nur in besonderen Fällen besteht. Und was passiert, wenn andere Genannte in der Veröffentlichung gar nicht wollen, dass die Links von Google entfernt werden? Haben solche Personen einen Anspruch auf Wiederaufnahme der Links oder "Unterlassung der Löschung"? Wie kann sich eine betroffene Website gegen die Löschung eines Google Links wehren?