Im Vorjahr zeigte der Nutanix Enterprise Cloud Index, dass in Deutschland mit 58 Prozent aller befragten Firmen Enterprise Workloads vorzugsweise im hauseigenen, traditionellen Rechenzentrum gehostet wurden - verglichen mit 40 Prozent im europäischen Durchschnitt. Gleichzeitig erklärte der Großteil der deutschen Entscheider, dass man in den kommenden Monaten verstärkt Multi-Cloud-Szenarien nutzen wolle.
Ist es dazu gekommen? Nun ja. Das größte Infrastrukturwachstum verzeichnen im Jahresvergleich tatsächlich die Public-Cloud-Bereitstellungen zu Multi-Cloud-Zwecken, allerdings mit mageren fünf Prozent Zuwachs. Mittelfristig und global gesehen zeigt der aktuelle Enterprise Cloud Index jedoch, dass Unternehmen in den nächsten fünf Jahren eine Menge Geld in die Hand nehmen wollen, um ihre Hybrid-Cloud-Architekturen auszubauen. 2019 war es jedoch noch nicht der Fall. Insbesondere nicht in Deutschland.
Deutschland folge in seinen drei- bis fünfjährigen Infrastrukturplänen zwar "im Prinzip" dem Trend weg von kleinen, lokalen Rechenzentren hin zur Hybrid Cloud, kommentieren die Studienbetreiber das Ergebnis. Die IT-Infrastruktur habe sich von 2018 bis 2019 defacto jedoch weniger stark verändert als in anderen Ländern: Während mehrere Nationen einen deutlichen Rückgang der Kapazitäten von herkömmlichen Rechenzentren zeigten, blieben die deutschen Rechenzentrumsinstallationen weitgehend konstant. Gleichzeitig sei die Nutzung traditioneller, nicht Cloud-fähiger Rechenzentren in Deutschland sogar gestiegen, anstatt wie prognostiziert um mehr als 20 Prozent zu sinken, so die Autoren der Studie.
Noch konservativer als angenommen
Offenkundig verstört zeigten sich die Marktforscher von Vanson Bourne auch darüber, dass die Befragten aus Deutschland "aggressive Pläne" zur Rückholung von Anwendungen aus der Public Cloud auf die eigene Infrastruktur verfolgen. Tatsächlich kündigten mehr als drei Viertel der deutschen Befragten (76 Prozent) an, dass sie in öffentlichen Clouds gehostete Apps wieder ins Rechenzentrum holen wollen. Vergleichbare Pläne werden im europäischen Ausland lediglich zu 71 Prozent gehegt.
"Was auch immer die Gründe dafür sein mögen - viele der Pläne der 2018 Befragten in deutschen Unternehmen haben sich 2019 als nicht umgesetzt erwiesen", kommentieren die Autoren der Studie das Ergebnis.
Wo Anwendungen und Workloads ausgeführt werden:
Desktop- und Anwendungs-Virtualisierung | |||||
Weltweit | EMEA | Deutschland | Deutschland (2018) | Veränderung2018 - 2019 | |
Traditionelles Rechenzentrum | 49.60% | 53.90% | 60.53% | 58.3% | + 2.23% |
Private Cloud | 34.26% | 31.49% | 28.95% | 45.8% | -16.85% |
Public Cloud | 32.97% | 29.72% | 26.32% | 20.8% | +5.52% |
Enterprise Apps (wie ERP und CRM) | |||||
Weltweit | EMEA | Deutschland | Deutschland (2018) | Veränderung2018 - 2019 | |
Traditionelles Rechenzentrum | 49.30% | 49.62% | 47.37% | 45.8% | +1.57% |
Private Cloud | 37.45% | 39.80% | 57.89% | 58.3% | -0.41% |
Public Cloud | 35.76% | 30.73% | 18.42% | 25% | -6.58% |
Container und Microservices | |||||
Weltweit | EMEA | Deutschland | Deutschland (2018) | Veränderung2018 - 2019 | |
Traditionelles Rechenzentrum | 25% | 25.44% | 39.47% | 31.3% | +8.17% |
Private Cloud | 33.96% | 32.49% | 42.11% | 56.3% | -14.19% |
Public Cloud | 36.25% | 34.51% | 26.32% | 27.1% | -0.78% |
Digitale Apps | |||||
Weltweit | EMEA | Deutschland | Deutschland (2018) | Veränderung2018 - 2019 | |
Traditionelles Rechenzentrum | 24.3% | 24.94% | 28.95% | 37.5% | -8.55% |
Private Cloud | 40.34% | 38.79% | 44.74% | 64.6% | -19.86% |
Public Cloud | 50.1% | 50.63% | 36.84% | 27.1% | +9.74% |
Hybrid Cloud sorgt für Flexibilität
Der Nutanix Enterprise Cloud Index definiert die hybride Cloud als eine Kombination von Private und Public Cloud. Damit ließe sich zumindest teilweise der Rückgang bei der Nutzung der Private Cloud erklären, da deren Anteil in der Hybrid Cloud aufgehen wird.
Die Marktforscher von Vanson Bourne schlussfolgern daraus, dass hiesige Unternehmen die bislang eingesetzten Architekturen und Lösungen für die private Cloud mittelfristig als nicht ausreichend empfinden. So nehmen sie Kurs auf zusätzliche Ressourcen aus der Public Cloud und bauen ihre privaten Cloud-Umgebungen in Teilen zurück.
Gebräuchliche IT-Modelle in Deutschland | |||
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2018 | 2019 | Unterschied im Jahresvergleich | |
Traditionelle RZ | 58% | 59% | +1% |
Private Cloud | 43% | 35% | -8% |
Multiple Public Clouds | 3% | 8% | +5% |
Hybrid Cloud | 21% | 11% | -10% |
Dieses Momentum ist aber keineswegs eindeutig - immerhin wollen drei Viertel der Anwender aus Deutschland Workloads aus der Public Cloud abziehen. Die verstärkte Nutzung der Multi Cloud und der massive Ausbau der Hybrid Cloud erklärt sich dann eher damit, so die Autoren der Studie, dass die Unternehmen eine Infrastruktur einführen wollen, die ihnen alle Möglichkeiten offen hält und sie für jeden einzelnen Workload den jeweils optimalen - technisch wie betriebswirtschaftlich - Betriebsort wählen lässt.
Pläne für die kommenden fünf Jahre: Rechenzentren abwracken
Das ist nachvollziehbar und im Rahmen des Erwartbaren. Allerdings passt diese Strategie nicht unbedingt zu den längerfristigen Plänen der IT-Manager in Deutschland. Wie die Marktforscher von Vanson Bourne ausführen, soll es nämlich bald rapide bergab gehen mit den traditionellen Rechenzentrumskapazitäten. Augenblicklich werden diese von knapp 60 Prozent der IT-Teams genutzt, eine stabile Quote seit Jahren.
In fünf Jahren werden wir uns umblicken und eine komplett andere IT-Architektur in Unternehmen vorfinden, so Vanson Bourne. Demnach sollen 2024 nur mehr magere zwölf Prozent der deutschen Unternehmen ein traditionelles Rechenzentrum nutzen. Die Marktforscher von Vanson Bourne stehen mit ihrer Prognose nicht allein. So erwartet unter anderem auch Gartner, dass sich bis 2025 rund 80 Prozent der Unternehmen vollständig von ihren lokalen Serverkapazitäten verabschieden werden. Die Workloads sollen in Co-Location-, Hosting- und Cloud-Rechenzentren wandern. Das wird schon seit mindestens einem Jahrzehnt kolportiert, diesmal könnte es aber stimmen.
Geplante Infrastruktur-Veränderungen in Deutschland | |||
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2019 | Geplant in 3 bis 5 Jahren | Erwarteter Unterschied in Prozent | |
Traditionelle Rechenzentren | 59% | 12% | -47% |
Private Cloud | 35% | 18% | -17% |
Multiple Public Clouds | 8% | 15% | +7% |
Hybrid Cloud | 11% | 55% | +44% |
Aufwärts geht es laut Prognose dagegen in Deutschland mit der Hybrid Cloud. Die Mehrheit der Befragten weltweit (85 Prozent) bezeichnete Mitte 2019 im zweiten Jahr in Folge das Hybrid Cloud-Modell als die für sie "ideale" IT-Betriebsumgebung. 87 Prozent waren es hierzulande.
Wenn deutsche Firmen mittelfristig tatsächlich die Nutzung von Rechenzentren zugunsten der Hybrid Cloud zurückfahren, dann werde auch die Nutzung der Private Cloud zurückgehen, so Vanson Bourne. Das Institut berichtet von Plänen deutscher Befragter, die private Cloud-Nutzung bis 2024 um 17 Prozentpunkte zu reduzieren.
Sowohl deutsche als auch europäische und weltweite IT-Verantwortliche sind sich laut dem Enterprise Cloud Index 2019 darin einig, dass die Hybrid Cloud das für ihre Workloads ideale Verarbeitungsmodell darstellt. Allerdings hat der Index im Jahresvergleich eine "vorübergehende Warteschleife in Richtung dieses Modells" ausgemacht.
"Unsere Daten deuten darauf hin, dass die Gründe für das verlangsamte Tempo der Hybrid-Cloud-Adaption in einem branchenweit feststellbaren Bedarf an einer besseren App-Mobilität inklusive Cross Cloud Management Tools sowie Security Features liegen könnte. Was auch immer die Gründe sein mögen: Die Pläne für die nächsten Jahre vieler im vergangenen Jahr Befragter, auch in deutschen Unternehmen, haben sich geändert. Aber ob es nun ein Jahr, fünf Jahre oder länger dauert: Deutsche Unternehmen werden genau wie ihre internationalen Wettbewerber auf dem Hybridpfad bleiben", sagt Vanson Bourne.
Für den Enterprise Cloud Index 2019 hat Vanson Bourne Mitte dieses Jahres im Auftrag von Nutanix weltweit 2.650 IT-Entscheider zu ihren Geschäftsanwendungen befragt, wo sie sie in Zukunft betreiben wollen, ihre Herausforderungen mit Cloud Computing und wie ihre Cloud-Initiativen sich gegen anderen IT-Projekten und Prioritäten verhalten. Die Befragung 2019 und 2018 erstreckten sich über mehrere Branchen, Unternehmensgrößen und Regionen.