SAP Netweaver nehmen Firmen heute vorwiegend als Ablaufumgebung für ERP-Software wahr. Die nächsten Entwicklungsschritte der SAP weisen in Richtung Middleware für Geschäftsprozesse. Beispielsweise will der Softwarekonzern die Funktionen für das Stammdaten-Management (Master Data Management) ausbauen. Hierzu kombiniert SAP das bereits bestehende Netweaver MDM mit Business-Objects-Funktionen – Marge Breya (Executive Vice President und General Manager) spricht von einer „MDM Infrastructure“. Breya zufolge könnten Unternehmen mit dieser Software einen firmenweit einheitlichen Kundenstamm einrichten, obwohl sie verschiedene CRM-Systeme und Kundendatenbanken betreiben. Es geht Breya zufolge dabei nicht um ein zentrales Repository, in dem sämtliche Geschäftsdaten kopiert werden. Die Kundendaten verbleiben in den Anwendungen, die MDM Infrastructure sorgt für eine einheitliche Sicht auf die Kundeninformationen.
Einen Zeitplan für die Umsetzung der MDM-Strategie nannte SAP nicht. Fest steht aber, dass die Technik zunächst für eine einheitliche Sicht auf Finanzdaten im Unternehmen bereitgestellt werden soll. Auf dem Produktfahrplan stehen darüber hinaus Produktdaten, Lieferantendaten und Kundendaten.
Dass SAP-Software nicht nur für SAP-Systeme taugt, will SAP auch mit dem erweiterten „Business Objects Explorer“ (BO Explorer) unter Beweis stellen. Die Lösung erlaubt es nun, auch Geschäftsdaten aus Drittsystemen einzubinden und für die Auswertung bereit zu stellen. Bisher war die Lösung auf das SAP BW (mittlerweile Netweaver Busiebsess Warehouse) beschränkt. Damit soll die Technik selbst für solche Kunden interessant werden, die keine ERP-Software von SAP nutzen.
Business Objects Explorer nutzt eine Datenhaltung im Hauptspeicher (In-Memory), die es gestattet, große Datenmengen unter unterschiedlichen Gesichtspunkten auszuwerten.
Business Objects Explorer öffnet sich
SAP arbeitet in Sachen BO Explorer mit Teradata zusammen. Firmen mit Teradata-basierenden Data-Warehouses sind so in der Lage, Daten über den BO Explorer auszuwerten. Teradata selbst verfügt über keine eigene In-Memory-Technik. Künftig wird Teradata eine Kombination aus eigene Data-Warehouse-Hardware nebst BO Explorer anbieten. SAP und Teradata planen zudem, branchenspezifische Angebote für die Versorgungsindustrie, den Handel und die Fertigungsbranche (Integration von Shop-Floor-Daten) zu schnüren.
Tomcat als Ablaufumgebung
Ende 2009 schickt SAP die Version 7.2 in den Ramp-Up. In dieser Phase können ausgewählte Kunden mit der Software arbeiten. Das Produkt soll die Modellierung von Geschäftsprozessen vereinfachen. Darüber hinaus soll die Software modularer werden, so dass es Unternehmen leichter fallen soll, nur einzelne Komponenten in Betrieb zu nehmen. Zudem versetzt die Version Firmen in die Lage, Teile der Netweaver- und Business-Objects-Software auf dem Open-Source-Server „Tomcat“ zu betreiben.
Integrationsarbeiten bei Business Objects
Noch immer arbeitet SAP daran, die Business-Objects-Produkte zu integrieren. Mit den „Business Intelligence Consumer Services“ hat der Hersteller eine Software entwickelt, die es Firmen erlaubt bestehende „Bex Queries“ von SAP BW über die Frontend-Tools „Xcelsius“ und „Crystal Reports“ zu nutzen. Einige Aufgaben sind noch unerledigt. Beispielsweise lassen sich die Business-Objects-Produkte bis dato noch nicht komplett in die Identity-Management-Umgebung von Netweaver einbinden. Dies soll erst mit der übernächsten Netweaver-Version 7.3 möglich sein.
Vier Middleware-Initiativen
Allmählich muss sich SAP jedoch überlegen, wie die unterschiedlichen Middleware-Entwicklungen zusammengeführt werden sollen. Derzeit gibt es Netweaver 7.0 als Grundlage der SAP Business Suite 7, für die Entwicklung von SOA-Umgebungen auch unabhängig von dem ERP-Kernsystem dient Netweaver 7.1. Außerdem wurde die Netweaver-Architektur für das SaaS-System SAP Business ByDesign für den Betrieb im On-Demand-Umfeld stark angepasst. Die vierte Middleware basiert auf der Architektur der übernommenen Firma Frictionless Commerce. Auf dieser Plattform entwickelt SAP On-Demand-Produkte, die die Business Suite ergänzen sollen.
Nach den Worten von SAPs Netweaver-Entwicklungschef Herve Couturier soll es in Zukunft zwei Middleware-Linien geben: eine für On-Demand- und eine für On-Premise-Software, wobei Letztere in einer Ausprägung für reine Java- und einer für Abap- und Java-Lösungen zur Verfügung gestellt werden soll.
Konkurrenz durch IBM, Microsoft und Oracle
SAP wendet sich nicht zuletzt deshalb vermehrt dem Thema Middleware zu, weil Konkurrenten wie unter anderem IBM, Microsoft und Oracle hier in den letzten Jahren viel investiert haben. Diese Firmen versprechen anwendungsunabhängige Middleware-Produkte, mit denen Anwender heterogene Systeme und Datenbestände einbinden können sollen. Oracle zum Beispiel erwarb mit BEA einen Infrastrukturanbieter und versucht mit der „Fusion Middleware“ unter anderem bei SAP-Kunden zu punkten. Darüber hinaus hatte der Datenbankspezialist bereits vor einigen Jahren mit den „Data Hubs“ Konzepte einer zentralen Stammdatenschicht entwickelt. Auch IBM bietet ein breites Portfolio für Anwendungsintegration, Stammdaten-Management sowie Prozessmodellierung, und zwar in Verbindung mit Beratungsangeboten. Und Microsoft drängt unter anderem mit dem unlängst präsentierten Sharepoint 2010 in die Domäne der Business-orientierten Middleware vor.