Gretchenfrage 2.0

Datenschutz oder Sicherheit?

27.07.2016
Von 


Markus Härtner ist Vice President DACH (Deutschland, Österreich und Schweiz) bei Symantec. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich Anwendungssicherheit, Unternehmensnetzwerke und Telekommunikation. Bevor Härtner zu Symantec kam, war er bei namhaften Unternehmen, unter anderem bein NCR, F5 Networks, Avaya, Cisco und Rohde & Schwarz, tätig.
IT-Angriffe und Zugriffsversuche auf persönliche Informationen sorgen immer wieder für spektakuläre Schlagzeilen. Doch was denken die Nutzer darüber?

Sie erinnern sich noch an die Zeit, als für den Schutz von Bürgern vor Verbrechen vor allem Polizisten auf Streife verantwortlich waren? Heute sieht das anders aus: Inzwischen steht die Online-Sicherheit im Vordergrund – ob beim Surfen im Internet, beim Online-Banking oder beim Schutz persönlicher Daten in sozialen Netzwerken.

Unternehmen: Nationale Sicherheit vs. Datenschutz

Mit jedem Vorteil den Technologie uns gebracht hat – weltweite Kommunikation, mobiles Arbeiten und einfaches Finanzmanagement – kamen auch zusätzliche Risiken. Dies gilt nicht nur für mögliche Hacker-Angriffe, sondern auch den Zugriff durch Behörden. Vor allem in den USA mit ihren laxeren Datenschutz-Vorschriften und der (noch) größeren Neugier der Staatsorgane gibt es derzeit zahlreiche rechtliche Auseinandersetzungen in diesem Bereich: ob beim versuchten Zugriff des FBI auf das iPhone eines Attentäters oder von US-Behörden auf Kunden-E-Mails von Microsoft, die in Irland gespeichert waren.

Wir wissen alle was Medien, Unternehmen und Behörden über den Schutz von Bürgern bis hin zur nationalen Sicherheit sagen, aber welche Meinung hat der Verbraucher dazu? Das zeigt eine aktuelle Umfrage unter 7.000 Konsumenten aus Europa und dem Nahen Osten von Opinium Research und F5 Networks. Bei der Frage, ob Technologieunternehmen die nationale Sicherheit höher bewerten sollten als den Datenschutz der Verbraucher, sagten 43 Prozent, dass Geräte bei Bedarf entschlüsselt werden sollen. 24 Prozent waren unentschlossen und nur 26 Prozent gaben an, Behörden sollten keine entschlüsselten Geräte erhalten.

Datenschutz-Bedenken: Vertrauenswürdige Branchen?

Mobile Geräte bringen uns natürlich viele Vorteile wie jederzeitigen Zugang zu sozialen Medien, Behördenportalen, Mobile Banking oder Online-Shopping. Doch wie weit vertrauen die Nutzer den Anbietern ihre Daten an? Banken und Gesundheitswesen scheinen vertrauenswürdig zu sein, das sagen jeweils drei Viertel der Befragten. Dagegen hat nur ein Viertel der Kunden Vertrauen in soziale Medien und Marketing-Unternehmen – und damit am wenigsten unter den abgefragten zehn Branchen. Das heißt nicht, dass sie nicht erfolgreich sind, schließlich wachsen beide Segmente deutlich. Aber Kunden wählen hier genauer aus, welche Daten sie weitergeben. Konsumenten achten aber auch darauf, wie stark Unternehmen in ihre Sicherheitsmaßnahmen investieren. 88 Prozent glauben, dass die Authentifizierung beim Einloggen verbessert werden sollte. Vor allem Banken (77%), öffentlicher Sektor (71%) und Versicherungen (73%) sollten dies umsetzen, so die Kunden.

Social Media: Kostenlose Nutzung gegen persönliche Daten

Die Mehrheit der sozialen Netzwerke ist kostenlos nutzbar. Aber trotzdem sind sie nicht umsonst. Schon bei der Registrierung stimmen die Nutzer zu, dass die Betreiber ihre Daten speichern und verwenden dürfen und sie Werbung von Drittanbietern erhalten. Den meisten ist auch durchaus bewusst, dass soziale Medien durch die Kundendaten für Marketing-Analysen einen viel höheren Mehrwert erhalten als von Gebühren. Doch welche Informationen geben die Nutzer tatsächlich über sich preis?

Gemäß der Studie rückt nur jeder Zehnte finanzielle Daten heraus wie Einkommen, Schulden oder Hypotheken. Die Hälfte teilt persönliche Interessen mit und 53 Prozent ihr Geburtsdatum. Dies scheint angesichts des generellen Misstrauens gegenüber sozialen Medien schon recht viel. Doch was möchten sie dafür bekommen? 35 Prozent der Nutzer wünschen sich strenge Sicherheitsmaßnahmen, nur 25 Prozent ist der Inhalt wichtig und 24 Prozent einfache Bedienung sowie Funktionalität. Sogar nur 11 Prozent sehen die Geschwindigkeit der Website sowie 4 Prozent Aussehen und Design als entscheidendes Kriterium an. Daher geht die Zielsetzung vieler Unternehmen, eine schnelle, einfach nutzbare und "coole" Website bereitzustellen, an den Wünschen der meisten Kunden vorbei.

Schutz vor Hackern: Staat, Unternehmen oder Eigenverantwortung?

Doch wer ist tatsächlich verantwortlich für den Schutz der Kunden vor Cyberattacken? 43 Prozent der Befragten antworteten: staatliche Organe. 21 Prozent plädierten für Eigenverantwortung und 17 Prozent für weltweite Sicherheitsorganisationen. Nur 6 Prozent sind der Ansicht, die Unternehmen seien dafür verantwortlich. Obwohl gerade im Enterprise-Umfeld einige der größten Sicherheitsvorfälle stattgefunden haben. Die Wahrheit lautet: Jeder ist zumindest teilweise verantwortlich für den Schutz vor Angriffen. Staatliche Stellen müssen Standards für Sicherheitsmaßnahmen setzen und Unternehmen gemeinsam mit Kunden sicherstellen, das sie die nötigen Funktionen und das Wissen haben, online und offline sicher zu bleiben. Damit darf niemand mit dem Finger auf andere zeigen, bevor er seine eigenen Hausaufgaben gemacht hat. (fm)